Kenneth Anders und Lars Fischer, 2012
Viel Wasser ist den Neuen Oderkanal hinunter geflossen, seit er 1753 bei Güstebiese geöffnet worden war. Zunehmend hat sich der Strom in seinem künstlichen Bett breit gemacht, die schmale Holzbrücke bei Zollbrücke ist längst vergessen. Das Oderwasser fließt langsam, denn das Gefälle ist schwach und überhaupt ist die Landschaft, erdgeschichtlich gesehen, noch im Bau. Menschliche Eingriffe erhalten etwas besonders Provisorisches. Die Oder selbst ist ein junger Fluss und wird noch Jahrtausende daran arbeiten, ein nach beiden Ufern ausgeprägtes Flusssystem zu bilden. Manchmal drängt sie mit riesigen Regenmengen aus den Beskiden oder mit kalten Schmelzwassern an die Deichkrone des Neuen Kanals, bricht schwache Dämme und flutet den Polder. Das Wasser war auch vor der großen preußischen Kolonisierung kein Kinderspiel für die Bewohner, aber seither macht es sich seltener als Lebensgrundlage denn als Element von Katastrophen bemerkbar. Bleiben diese aus, schleppt es sich in den Gräben und in der alten Oder unwillig als Drängewasser dahin, braun und brackig. Nur vom Boot aus lässt sich noch ahnen, welche urwüchsige Kraft dieser Gegend einmal innewohnte.
Aber auch diese Veränderung hat ihre Sonnenseite, an der sich vor allem die Schatten einer kühnen Besiedlung zeigen, die nach und nach eine Landschaft mit anderen Reizen schuf. Das Oderbruch wird oft als natürlich wahrgenommen („Hier ist Natur pur!“ heißt es sogar in einem Schlager). Das geht an seiner meliorierten Wirklichkeit vorbei. Die Täuschung ist jedoch verständlich, denn Wind und Wetter, die ungehindert an einer solitären Weide rütteln, haben auch etwas Naturhaftes. Aber dass die Weide so allein steht, liegt an den Menschen. Aus vielen Gegenden kamen sie hierher, übrigens wird der Anteil jener, die aus dem direkten und höher gelegenen Umfeld ins Bruch einwanderten, unterschätzt. Bei Kolonisierungen sondieren immer erst die Nachbarn ihre Möglichkeiten und sie sind dann auch die ersten, die die besten Plätze einnehmen. Die Leute begannen jedenfalls zu wirtschaften und Pläne zu schmieden, sie rodeten die Weichholzaue, bauten Höfe, machten Berlin und die Pferde ganzer Regimenter satt und zufrieden. Die Fischer mussten sich umstellen, ihre Geschichte wurde nur selten erzählt, man hatte sie ja damals auch nicht gefragt.
Die regionalwirtschaftliche Energie der Landschaft im neunzehnten Jahrhundert ist atemberaubend. Auf alten Fotos der 1930er Jahre lässt sich davon noch ein Abglanz ahnen: große und kleine Leute, reiche Bauern und arme Häusler, Korbflechter, Kurkelmacher, Wirte und Müller, Händler und immer noch Fischer. Viele scheiterten, andere fingen neu an. Das Oderbruch ist seit 250 Jahren eine moderne Landschaft, zugerichtet für eine Landwirtschaft auf dem jeweils neuesten Stand und gerade richtig für alle, die ihr Glück versuchen und nicht lange darauf warten wollten. Generationen übergreifende Strategien gab es wohl, aber die Diskontinuität bestimmte das Bild stärker als anderswo. Dafür steht nicht nur der radikale Auftakt mit der friderizianischen Kolonisierung, dafür stehen auch die Kriege und Hochwasser, die immer wieder einwandernden Menschen und jene, die es immer wieder verließen. Und die ganze Zeit über zankte man sich mit dem Staat über die Kosten der Entwässerung.
Diese ungeheure landschaftliche Dynamik wurde in den Jahrzehnten der DDR in ein hartes planwirtschaftliches Korsett gezwängt. Die Lieferbeziehung nach Berlin blieb bestehen, aber sie verhieß keine individuelle Vitalität, sie wurde im Kollektiv gestemmt. Nach den beiden großen Kriegen wurden im Oderbruch Knochen und Granaten untergepflügt und nach kurzer Atempause eine Agrarschlacht geschlagen, die bis heute manche Gesichter prägt. Zwischen Augenmaß und Radikalität lassen sich im Oderbruch alle Spielarten landschaftlichen Handelns finden. Wieder waren viele verscheucht und andere gelockt worden. Und dann kam die Wende.
1989 ereilte das Oderbruch das Schicksal fast aller landwirtschaftlicher Regionen: Es wurde als Agrarproduzent freigesetzt und seinen Betrieben stand es nunmehr anheim, mit Agrarbeihilfen auf dem Weltmarkt zu agieren. Mit dem Gemüsegarten von Berlin war es jedenfalls vorbei. Wer hier nicht unterkam oder eine andere Idee hatte, ging weg oder versorgte sich selbst. Das Oderbruch bleibt eine pfadabhängige Landschaft, aber der Pfad ist mitunter recht ungastlich geworden. Trotzdem, Spuren anderer Möglichkeiten finden sich zuhauf, mit Kulturdenkmalen ist sie geradezu übersät. Wie immer man diesen Raum bewerten will, seine Besonderheit kann ihm niemand absprechen. Man nehme nur alle möglichen Karten zur Hand – hydrologische und geophysische, kulturhistorische und Bodenwertkarten oder werfe einfach vom Mond aus einen Blick auf die Erde – das Oderbruch wird man immer erkennen. Es ist eine sehr eigenartige Landschaft.
Und auch die Bewohner empfinden das – sie wissen genau, ob sie drinnen oder draußen sind, sie fahren „ins Bruch hinein“, sie unterscheiden letztlich auch die anderen danach, ob sie, nach dem Willen des Wassers, dazu gehören oder nicht. Alle bilden letztlich eine Schicksalsgemeinschaft, nicht nur der Gefahren für Haus und Hof wegen, sondern vor allem im Sinne des ganzen prekären Schicksals der Landschaft selbst, weshalb auch jene letztlich betroffen sind, die ein paar Zentimeter höher sitzen. Aber wem will man das erzählen? Das Oderbruch ist ein unvergleichlicher Polder ohne politische Steuerung – er hat keine eigene territoriale Verfassung und keine Körperschaft, ist kein Naturpark, kein Regionalpark und natürlich kein Biosphärenreservat (im Gegenteil, hektisch hat man sich, der Legende nach, bei der Gründung des nördlich anrainenden Großschutzgebietes dagegen verwehrt, mehr als die niederen nördlichsten Zipfel aufnehmen zu müssen).
An diesem Punkt stellte sich uns die Frage, aus der der Oderbruchpavillon wuchs: Wohin soll der Weg dieser Landschaft führen – oder sind es doch mehrere? Denn, so unsere Grundannahme, wo eine Landschaft ist, sind auch mehrere Perspektiven. Wo dagegen nur noch eine Perspektive möglich ist, haben wir nur noch eine Betriebsfläche. Und so weit sind wir im Oderbruch noch nicht.
Also galt es, die verschiedenen Perspektiven zu suchen und zu zeigen, welche Ansichten des Oderbuchs sich durch sie ergeben. Heterogenität, Kontrast und Widerspruch sollten die Arbeit am Diskurs über die Regionalentwicklung dieser Landschaft bestimmen. Landwirte und Künstler, Besucher und Bewohner, Naturschützer und Wasserbauer, Akteure der Regionalwirtschaft und natürlich auch Wissenschaftler sollten auf ihre Weise zu Wort und Bild kommen und so den Reichtum dieser Landschaft bergen helfen. Wir waren weniger daran interessiert, dass sie sich einigen, wichtiger erschien uns zunächst, dass sie sich überhaupt in ihrer Verschiedenheit anerkennen. Das Ganze ist als eine andauernde Investition in den Diskurs gedacht, nicht mehr und nicht weniger. Nicht mehr, denn Landschaftskommunikation ist keine harte Planung und keine Ingenieurkunst. Nicht weniger, denn was nicht kommuniziert wird, wird sich in einem System auch nicht ausbilden: Weder die richtige Sorge um das Wasser, noch die wunden Punkte der Regionalwirtschaft, weder die Biodiversität des ausgeräumten Ackers noch seine Schönheit bilden Größen, nach denen sich die Menschen von allein richten. Dies tun sie nur durch Kommunikation. In diese wollten wir investieren, indem wir eine Landschaftswerkstatt aufbauten, in der man durch interessantes Material, gutes Werkzeug und vielerlei Wissen immer besser am Diskurs über die Region arbeiten kann.
Für diese Landschaftswerkstatt schwebte uns ein Pavillon vor, denn ein Pavillon steht frei in der Landschaft und erlaubt den Blick in alle Richtungen. Im Pavillon steckt auch ein Lustprinzip, man soll den Blick genießen, als sei man in einem Garten. Nun, das Oderbruch ist kein Garten, es ist eine Landschaft. Aber ohne ein Stück Utopie lässt sich eine Landschaft nicht entwickeln und die Utopie des Raumes ist die Vorstellung, er könne ein kollektiver Garten sein, von uns als menschliches Habitat gestaltet und umsorgt: schön und nützlich, vielfältig und geordnet, viele Aneignungen gestattend. So sollte die Sache also heißen: Oderbruchpavillon.
Das war 2003 und es folgten lauter Gespräche mit Menschen, deren Unterstützung wir erbaten. Viel haben diese Gespräche nicht gebracht, im besten Falle freundliches Interesse, kaum mal einen guten Hinweis, geschweige denn Hilfe. Das Interesse der Politik ist bis heute sehr gering, das der Wirtschaft nicht viel größer. Nach einem Jahr war klar: wir müssen einfach anfangen. Und da wir keinen Pavillon hatten und keine Mittel, um einen zu bauen, stellten wir ihn ins Internet. Da ist man mit ein paar Euros im Jahr dabei.
Auch im Internet muss man allerdings einige konstruktive Dinge beachten, wenn das Gebäude eine Weile stehen soll. Zum Glück fanden wir eine Baumeisterin, die das wusste und beherrschte. Sie war streng mit uns und unseren Ordnungsvorstellungen und schließlich errichtete sie ein virtuelles Gebäude, das im Prinzip bis heute, nach einem einmaligen Um- und Erweiterungsbau, Bestand hat. Neun Jahre, das ist im Internet eine lange Zeit.
Nun liefen wir los, fragten, fotografierten und schrieben, immer wieder. In den Pavillon mussten dringend ein paar Bausteine, aus denen man sich die Landschaft gedanklich immer wieder neu zusammensetzen konnte. Wir ließen uns von einem Fotografen beschreiben, wie er diese Gegend sieht. Ein Landwirt berichtete über die schweren Böden und die Geschichte seines Betriebes. Ein Wissenschaftler erklärte uns sein berufliches und persönliches Verhältnis zum Oderbruch, Bewohner beschrieben ihre Bindung an Haus, Hof und Leute, ein Wasserbauer erläuterte die Dynamik der verschiedenen Hochwasser und das System der Melioration. Eine Frau aus Ostengland verglich die Landschaft mit der ihren. Polnische Nachbarn erklärten ihre Rolle als Raumpioniere. Ein Kulturhistoriker beschrieb uns vierzig bedeutsame Elemente in der Landschaft. Und so weiter. Das Prinzip unserer Arbeit lautet bis heute, zu versuchen, die Leute zu verstehen und das Ergebnis dieses Verstehens von ihnen selbst beurteilen zu lassen: Im Oderbruchpavillon finden sich nur Beiträge, die die Menschen entweder autorisiert oder selbst geschrieben haben.
Nach und nach wuchs so ein Verständnis der Landschaft, ihrer Eigenart, ihrer Funktionsweise, ihrer Widersprüche. Die Bücher waren irgendwann gelesen, die wichtigsten Argumente gehört. Also wurde es Zeit, den Pavillon auch in der Landschaft selbst aufzuschlagen, wenn auch immer nur von Zeit zu Zeit.
2006 stellten wir die Arbeit in einem Autohaus in Altranft vor. Das trug und trägt den Namen „Autohaus Oderbruch“, eine freie Werkstatt mit Blick über den Tellerrand der Motorhaube. Es kamen Landwirte, Künstler, Wasserbauer, Kommunalpolitiker, Wissenschaftler, Touristiker und Menschen, die einfach hier wohnen. Sie hörten gut zu und fragten nach, am Ende gab es eine Suppe. Viele von denen, die damals da waren, begleiten und fördern uns bis heute.
Als nächstes wollten wir wissen, ob es eigentlich Lieder über das Oderbruch gibt. Ein kleiner Aufruf genügte, schon war ein ganzer Tag mit Chören, Liedermachern, Halbplayback-Schlagersängern, Bands und Kindergruppen ausgefüllt. Herrliche Texte und Klänge türmten sich im Kienitzer „Gasthof zum Hafen“ auf, lachende und singende Zuhörer und alle Mythen, die man braucht, um diese Landschaft erst mal zu erzählen: der Alte Fritz, die Oder, der Schlamm, die Störche, die sonderbaren Ortsnamen und ein Wiegenlied.
In all diesen Jahren drängte das Wasser immer wieder ins Bewusstsein. Wie prägt es die Landschaft und was machen wir mit ihm? Eine Fahrradroute , die neun „Wasserorte“ verbindet, führt das vor Augen, sie ist an einem Tag zu radeln. Man sieht die großen und kleinen Schöpfwerke, die Entwässerungsgräben und die alten Rundlingsdörfer, die Schachtgräben in den Kolonistendörfern, den gefährdeten Krummen Ort am Oderdeich. Alles ist genau beschrieben und es soll für Touristen und alle, die die Landschaft kennenlernen wollen, verständlich sein, dem Prinzip des Pavillons entsprechend: viele lustvolle und erhellende Blickwinkel erlaubend. Bis heute wird die Beschreibung der Route über tausendmal im Jahr aus dem Netz heruntergeladen.
Das Oderbruch steckt voller Zielkonflikte. Während auf vielen Feldern schon Genmais angebaut wurde, finanzierte die EU den Bau von Radwegen durch die riesigen agrarindustriellen Ackerschläge. Die Windräder wachsen um die letzten Loose-Gehöfte in der flachen Landschaft hochnabig auf, als wollten sie sie auslachen. Der Naturschutz hütet den Biber, der Hochwasserschutz sichert den Deich, in den sich die Biber bei steigenden Wasserständen hinein graben. Hier entsteht ein Theater, dort eine Mastanlage für Millionen Brathähnchen. Hier werden Streuobstwiesen angelegt, dort wird jede Fruchtfolge in den rauen Wind geschrieben. Wohin treibt diese Landschaft? In vier Szenarien versuchten wir dies zu erkunden: eine Intensivierungsgeschichte der Landschaft als Bioenergieregion, ein Extensivierungspanorama mit wenigen Menschen und vielen Bibern, eine Vision der Kulturlandschaft mit einer florierenden Regionalwirtschaft und einer Balance der Kräfte und das Szenario einer harten Auseinandersetzung um den Siedlungsraum zwischen Bewohnern und Landesregierung nach einer Hochwasserkatastrophe im Jahre 2048. In Form von Zeitungsartikeln wurden die Szenarien geschrieben und auf Litfaßsäulen an verschiedenen Orten präsentiert.
Nun wurde es ungemütlich. Politiker nutzten die Gunst der Wahlkampfstunde und machten mobil gegen die Szenarien, andere lachten sich ins Fäustchen und schwiegen, es ging drunter und drüber. Was es gebracht hat? Man weiß es nicht. Aber seit 2008 gehören die Szenarien zu den am meisten gelesenen Beiträgen im Oderbuchpavillon. Und die Geschichte der Landschaft ist immer noch genau so offen wie damals.
Immer wieder traten die Konflikte mit dem Staat in den Blick. Das musste auf die Bühne, denn es hat das Zeug zu einem großen historischen Konflikt. In Form einer Collage aus Fotos, Geschichten und Zitaten erzählten wir die spannungsvolle Geschichte von „Preußens spezieller Provinz“. Eine Landschaft, die aus ihrer Wertschöpfungsbeziehung mit der Stadt gerissen wurde, aus der Abhängigkeit vom Staat aber nicht herauskommt. Was bringt mir das? fragte die Leiterin eines großen Forschungsinstituts. Sie wollte, dass wir ihr Mut machen, dass wir das Positive zeigen. Wir wollten etwas zeigen, das wichtig ist. Die älteren Damen in den Letschiner Heimatstuben haben jedenfalls herzhaft gelacht.
Anschließend versuchten wir, mit der Sprache herauszurücken – eine Wanderausstellung formuliert die wichtigsten Grundsätze für die Regionalentwicklung des Oderbuchs. Stärkt die Solidarverbände zwischen großen und kleinen Produzenten! Sucht die Auseinandersetzung mit dem Staat! Macht die Gräben mit Gehölzen, macht das Wasser in der Landschaft sicht- und lesbar! Achtet die Subsistenzwirtschaft!
Die Selbstversorger im Oderbruch boten den Anreiz, es mit einer neuen Arbeitsform für den Oderbruchpavillon zu versuchen. Mit Studenten aus Eberswalde und Osnabrück veranstalteten wir eine Sommerschule und befragten Selbstversorger aller Couleur: alte und junge, Einheimische und Zugewanderte, Esoteriker und Pragmatiker. Sie erzählten bereitwillig und gaben uns Essen mit. Aus ihren Erfahrungen und ihren Kürbissen entwickelten wir eine Präsentation im Theater am Rand. Von da an stand fest: Das machen wir nun jedes Jahr.
Gesagt, getan. Die Konflikte über das Wasser folgten, sie wurden in Form einer Zeitung sichtbar gemacht und wiederum öffentlich präsentiert: Ein griechischer Chor deklamiert im Theater am Rand die Nöte der Kolonisten mit der Odernixe. Im Jahr darauf beschäftigten wir uns mit landschaftskundlicher Bildung. Ein Kinderbruch war entstanden, an fünf Schulen erprobten wir Formen landschaftskundlichen Unterrichts und haben Grund zur Hoffnung, dass er in Zukunft im Wortsinne Schule machen wird.
In der Zwischenzeit wurden weiter Beiträge für den Oderbruchpavillon geschrieben, von uns und von anderen. Heute kann man sich über viele Facetten der Landschaft hier ein fundiertes Bild machen. Journalisten, die über das Oderbruch recherchieren, nutzen diese Quelle besonders gern. Eine Fülle an studentischen Arbeiten nimmt an dem Portal seinen Anfang, sie werden gern von uns begleitet, und wenn etwas Interessantes entsteht, machen wir zusammen was daraus, zum Beispiel ein Projekt über die Weide als Brotbaum des Oderbruchs. Das alles scheint doch einige zu interessieren, etwa sechstausend Mal wird die Seite im Monat besucht.
Irgendwann schien es nicht mehr auszureichen, nur verschiedene Perspektiven auf den Raum sichtbar zu machen. Es war an der Zeit, auch selbst Position zu beziehen. Dies geschieht nun in Form von Collagen und Kolumnen. Die Collagen spielen mit den Versatzstücken des regionalen Diskurses, sie nutzen die Schlagzeilen und Bildwelten der Märkischen Oderzeitung und kombinieren sie zu ausgewogenen Provokationen. Die Kolumnen behandeln Konflikte in der Landschaft wie auch Fragen der ländlichen Entwicklung überhaupt, eine erste Sammlung ist inzwischen als Buch erschienen.
2011 ist die Akademie für Landschaftskommunikation gegründet worden, sie soll als Träger des Oderbuchpavillons dessen finanziellen Rückhalt organisieren und die Arbeitsweisen der Landschaftskommunikation über die Grenzen der Landschaft hinaus verbreiten. Es haben sich Menschen gefunden, die uns helfen, indem sie uns beraten und Geld geben. So konnte das Kinderbuch in einem eigens gegründeten Verlag erscheinen. Auch ein Landschaftspleinair mit Künstlern, Planern und Ökologen zum Thema „Grund und Boden“ wurde ermöglicht, auf einem Stück Acker gruben wir Löcher in den Boden und befragten ihn als Nahrungsgrundlage und Spekulationsobjekt.
Manchmal ist das alles anstrengend, weil eine Handlung die nächste nach sich zieht, man kann kaum innehalten. In den wenigen Jahren das Oderbuchpavillons ist eine ganze Menge geworden, aber es wird auch immer sichtbarer, wie lang so ein Weg zu einem florierenden Diskurs über Regionalentwicklung ist. Es macht Spaß, aber wir sind alle mehr oder weniger ungeübt darin, uns über die Spielräume in unserer eigenen Landschaft zu verständigen. Man hat es uns fast allen abgewöhnt und nicht jeder versteht die Gründe, warum man es sich wieder angewöhnen soll. Dass wir dies müssen, davon sind wir inzwischen überzeugt: Jede Landschaft braucht einen Pavillon als Ort des Diskurses über den Raum aus der Vielfalt an Perspektiven heraus.
So wächst die Klarheit in dem Maße, in dem auch das Bewusstsein der Länge des Weges wächst.
Aber sollte dermaleinst ein echter Pavillon in der Landschaft stehen, dann ist hoffentlich Zeit für ein paar rein kontemplative Blicke in die weite Welt, über Deich und Feld, Wiese und Himmel.
Bevor es weitergeht.