Ein Blick aus England

Angela Parkes
Angela Parkes, Lehrerin für Deutsch und Latein, Hevingham, Norfolk, EnglandAngela Parkes

Zur Person:

Angela Parkes, Jahrgang 1943, lehrt an einer Privatschule im englischen Sheringham (Ostengland) Latein und Deutsch und ist darüber hinaus in ihrer Heimatgemeinde als evangelische Predigerin und als Organistin engagiert. Nach ihrer Pensionierung will sie als Reiseleiterin arbeiten. Sie hat ein ausgeprägtes Interesse für Deutschland, insbesondere für die Geschichte und Eigenart Ostdeutschlands.
Im Sommer 2004 tauschte sie über eine Agentur ihr Haus und machte zwei Wochen im Oderbruch Urlaub. Einige ihrer Eindrücke hat sie festgehalten:

Landschaft, was ist das für mich als Begriff? Obwohl ich die Landschaft genieße, muss ich zugeben: ich denke normalerweise nicht viel daran. Von Feldern, Hügeln, Bergen, Wäldern, Bäumen usw. weiß ich nicht viel, aber Ihre Bitte, mich darüber zu äußern, weckt mein Interesse und ich habe in den zwei Wochen hier versucht, die Landschaft etwas näher zu betrachten und zu überlegen, wie ich damit umgehe.

Was mir zuerst einfällt ist die Ähnlichkeit zu Norfolk und East Anglia im allgemein. Hier ist keine Küste, aber ein Gebiet, das wie East Anglia ursprünglich vom Wasser überflutet war und das um die 18 Jahrhundert mit Hilfe von holländischen Ingenieuren trockengelegt wurde. Aber finde ich die Landschaft hier freundlicher und angenehmer als in den ‚Fens‘ (West Norfolk und Teile von Cambridgshire und Lincolnshire) wo es sehr flach, rau und trostlos ist. Hier gibt es nicht nur fruchtbares Agrarland sondern auch Wälder und Hügel. Keine aufregende Landschaft aber bequem und freundlich. Hier fühle ich mich sehr zu Hause. Ich liebe auch Berge und Alpenlandschaften und bin immer so gern in den Bergen, aber ich habe immer das Gefühl, nicht wirklich dazu zugehören.

Da es hier flach ist, spielt der Himmel eine sehr große Rolle und man merkt immer, wie die Wolken und Himmelfarben sich entwickeln und ablaufen. Die kleinen Strassen und Wege führen immer weiter in die Ferne, oft schnurgerade, oder sie folgen sehr alten Ackergrenzen.

Grenzen faszinieren mich sowieso sehr, da ich auf einer Insel wohne: wie man plötzlich von einem Land in ein anderes fahren kann, und wie diese Differenz von der Geschichte geprägt ist. Hier hat die Oder eine große Rolle gespielt, obwohl die zwei Flussufer zusammengehören sollen. Es ist ein landschaftliches Phänomen, an einem Fluss zu stehen und hinüberzublicken. So war es immer – wenn man an einem Fluss wohnt, konnte man ohne Boot oder Brücke nicht weiterkommen, das heißt, die Landschaft prägt in jedem Falle eine Spaltung, eine Trennung, die Menschenkräfte braucht, um sie zu überbrücken.