Kooperation als Lebensform
Peter Huth, das Vorwerk Basta und die Chancen der Kooperation
Das Vorwerk Basta gehörte einmal zur Domäne Wollup – zu eben jener Wirtschaft, von der aus der Rübenpionier Gottlieb Koppe einst das Oderbruch tief greifend veränderte. In den Vorwerken der ausgedehnten Güter wurden Vieh und Maschinen dezentral stationiert und damit die anfallenden Wege verkürzt. Allerdings änderten sich die Rahmenbedingungen für das Vorwerk im Verlaufe der Geschichte.
In den letzten DDR-Jahren wurden von den Gebäuden des Vorwerkes nur noch drei Schweineställe aus den fünfziger Jahren zur Schweinemast genutzt. Eine ehemalige Schnitterkaserne beherbergte den Aufenthaltsraum und die Dusche für die Angestellten. Die anderen Gebäude – zwei Wohnhäuser, zwei Rinderställe und ein Sauenstall – standen schon längere Zeit leer. Viel war am Anfang der neunziger Jahre nicht mehr intakt.
Im Herbst 1992 begann eine Gruppe von Leuten aus Leipzig und Berlin mit Unterstützung von Freunden, vieler Wolluper, des damaligen Gutsdirektors und einer gehörigen Portion Enthusiasmus, einige Gebäude instand zu setzen und eine kleine Selbstversorgungswirtschaft mit Garten und Tieren aufzubauen.
Gemeinsam mit den Wollupern gründete man 1992 den Verein „Domäne Wollup“, der das Ziel hatte, den Treuhandbetrieb Gut Wollup als Landesbetrieb mit möglichst vielen Arbeitsplätzen weiterzuführen. Das sollte durch eine Vielfalt der Produktionszweige, einen hohen Grad an Produktveredlung und Direktvermarktung in der Region und nach Berlin erreicht werden. Es war eine Zeit intensiver Diskussionen, Kontakte, Reisen, Aktionen und rauschender Feste, von denen die Wolluper noch heute sprechen. Vieles schien möglich.
Im Sommer 1993 versprach der damalige Landwirtschaftsminister Zimmermann auf dem Marktplatz von Seelow vor laufender ORB-Kamera, das Gut Wollup von der Treuhandanstalt zu übernehmen. Das Versprechen wurde nie eingelöst.
Für die auf Basta engagierten Enthusiasten blieb zunächst die Hoffnung auf eine langfristige Perspektive im ehemaligen Vorwerk. Als aber nach fast drei Jahren kein Kaufvertrag für das Vorwerk Basta zustande gekommen war, zogen die Bastianer im Sommer 1995 auf einen großen 3-Seiten-Hof nach Mecklenburg. Einer von ihnen, Peter Huth, blieb hier und zehrt noch heute von den Kontakten und Freundschaften, die damals entstanden. Nach langen und zähen Verhandlungen konnte er im Herbst 1998 das Vorwerk kaufen und von ursprünglich 25 ha nun noch 11 ha Ackerland von der BVVG pachten.
Zwischenzeitlich hatte die BVVG 4 Ställe abreißen lassen, darunter den einzig funktionsfähigen, in dem die Tiere untergebracht waren. Nach Huths Vorstellungen sollte Basta ein Gemeinschaftsprojekt werden. Dazu gab es mehrere Anläufe. Es ist viel passiert, die alten Gebäude wurden gesichert, ein großer Stall wurde für Schweinemast und Getreidelagerung instand gesetzt und ausgebaut. Die beiden anderen Wohnhäuser haben Besitzer gefunden. Es gibt einen großen Freundeskreis. Allein die Gemeinschaftszeiten blieben temporär. Aber ein wenig frischer Wind, schätzt Peter Huth heute ein, täte Basta gut. Zwar hatte auch er das Oderbruch zwischenzeitlich verlassen, allerdings nur, um es dann in einem zweiten Anlauf noch einmal zu erobern. „Ich sah das alles vor mir und dachte, das wäre ja nun doch schade.“
Huth betont, dass der Hof offen gehalten wird für Menschen, die etwas probieren wollen – man muss gelassen bleiben. Nichts ist fest auf ewig – es gibt nur mehr oder weniger erfolgreiche Versuche. Peter Huth ist überzeugt, dass das Oderbruch für solche Versuche auf dem Land gute Chancen bietet, denn immer noch stehen Häuser und Höfe leer und es werden in der nächsten Zeit eher noch mehr werden.
Bei den Flächen sieht es indes schwieriger aus. Das Ackerland im Oderbruch ist heiß umkämpft. Freiwillig rückt niemand etwas heraus. Chancen bestehen nur durch auslaufende Pachtverträge von Privatleuten mit Großbetrieben oder Kauf. Mittlerweile ist auch das Ackerland zum Spekulationsobjekt geworden.
Das Vorwerk Basta bewirtschaftet derzeit über 20 Hektar, die Fläche ist im Verlaufe der Zeit ein bisschen angewachsen. Im Feldbau wird vor allem Futterweizen produziert, Huth lässt dies durch einen benachbarten Großbetrieb als Lohnleistung erledigen, da er selbst gar nicht die Technik dafür vorhalten kann. Kooperation kann den Großen und den Kleinen nutzen.
Das Futtergetreide wird an die eigenen Schweine verfüttert und an kleinere Viehhalter verkauft, die die etwas günstigeren Preise gegenüber dem großen Futtermittelhandel schätzen. Die Schweine wiederum werden von Huth direkt vermarktet. „Alle vier Wochen wird ein Schwein geschlachtet.“ Die Schlachtung und Verarbeitung zu abgepacktem Frischfleisch und zu Wurst erfolgt in Neubarnim, eine eigene Schlachtung wäre zu aufwändig. So kann er vom Schlachthof die hygienisch eingeschweißten Portionen abholen und sie entweder im eigenen Hofladen oder per Lieferung verkaufen. Wer etwas Bestimmtes möchte, kann auch vorbestellen.
Außerdem hält Huth Schafe, auch die werden zur Schlachtung gebracht – und sie müssen natürlich geschoren werden. Das sei auch keine Arbeit, die man so nebenher gut allein machen kann, erläutert Huth. Es gibt in der Region einen Scherer, der das Handwerk gut beherrscht, und da die Leute wieder mehr Schafe halten, hat er auch ein Auskommen.
Ein wichtiger Schwerpunkt ist die Gemüseproduktion – und gerade beim Gemüse ist die Vermarktung ein Nadelöhr. Deshalb hat Huth einen Kundenkreis in Berlin aufgebaut. Einmal in der Woche belädt er sein Auto und bringt Gemüse, Wurst und Fleisch nach Berlin. Einige Nachbarn sind eingestiegen, so ist eine kleine Struktur entstanden. Zu steigern ist der Absatz auf dieser Basis kaum, denn die wöchentliche Lieferung ist anstrengend und zeitraubend. Aber so, wie es ist, ist es gar nicht schlecht. Einmal im Jahr kommen die Berliner Kunden nach Basta, man zeigt die Produktion und bespricht die Preise. Auf eine Bio-Zertifizierung haben die Abnehmer verzichtet. Sie sehen ja, wie hier gearbeitet wird.
Für seine Zukunft und die des Oderbruchs legt Huth sich nicht fest – es ist vieles geworden und gewachsen in den letzten Jahren, er hat Erfahrungen gesammelt und sein tägliches Auskommen gesichert. Man wird nicht gerade wohlhabend davon, aber es ist ein Anfang. Kooperation, gegenseitige Hilfe und vor allem das Aufgeschlossensein füreinander scheinen seine Grundprinzipien, mit denen er lebt und arbeitet. Auf dieser Basis kann man mit Neugier den nächsten Tag erwarten.
Autoren: Peter Huth und Kenneth Anders
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