Eine Einschätzung der derzeitigen Bewirtschaftung und des Zustandes der Wasserwirtschafts- und Meliorationsanlagen
von Jürgen Hartung – Seelow
Eingebettet im Flussgebiet des Odertals ist das eiszeitlich geprägte Oderbruch der größte eingedeichte Flusspolder Deutschlands. Sein heutiges Aussehen verdankt das Oderbruch ganz entscheidend der Trockenlegung, Besiedlung und Bewirtschaftung seit dem 18. Jahrhundert.
Das Oderbruch ist 60 km lang, 4 bis 15 km breit und umfasst etwa 800 km². Es ist die fruchtbarste geschlossene landwirtschaftliche Region im Land Brandenburg.
Das Gebiet reicht von der alten Bischhofsstadt Lebus im Süden zu den Moränen, Sandern und Talsandterrassen der südlichen Uckermark im Norden, von der Lebuser und Barnimer Platte im Westen bis zur Oder im Osten.
Das Relief des Oderbruch ist relativ eben. Es fällt von ca. 14 m über dem Meeresspiegel (NN) im Südosten bei Reitwein auf ca. 4 m über NN bei Bad Freienwalde nach Norden hin ab.
Neben diesem Süd-Nordgefälle senkt sich das Gelände von Osten zum westlichen Rand des Oderbruch um ca. 2-3 m. Diese Ausformung des Geländes hat zur Folge, dass ein Großteil des Oderbruch unterhalb des Odermittelwasserstandes liegt.
Daraus resultiert im Mittel ein ganzjähriger Drängewasserzustrom von 118 Mio. m³ Wasser aus der Oder in das Oderbruch. Hinzu kommen ca. 93 Mio.m³/Jahr ober- und unterirdische Zuflüsse von den westlichen Hochflächen. Es herrschen in Teilen des Bruches quasi „holländische“ Verhältnisse.
Das Oderbruch ist auch im Besonderen ein lebender Organismus der nur als Solidargemeinschaft funktioniert.
Über 1.300 km Fließgewässer prägen seine Landschaft. Sie sind die Adern die dieser Kulturlandschaft erst das Leben und Bewirtschaften ermöglichen.
Im Laufe von über 300 Jahren wurden die Gewässer ergänzt mit 37 Schöpfwerken, 250 Wehranlagen, 72 Pegelanlagen, 80 km Hauptoderdeiche und auf 2.684 ha verlegten Dränagen.
Nur mit all diesen Einrichtungen bietet das Oderbruch seiner Bevölkerung, Landwirtschaft und Gewerbe die Voraussetzung für Leben und Arbeit in der Region. Diese Gewässer und wasserwirtschaftlichen Anlagen benötigen daher ständige Pflege und besonderen fachlichen Schutz.
Das Oderbruch ist eine außerordentliche reizvolle und fruchtbare Kulturlandschaft und ein einzigartiges Beispiel von Ingenieurkunst und gemeinschaftlicher Leistungsbereitschaft. Gleichzeitig ist der Lebensraum immer in Gefahr, Schaden zu nehmen.
Im Oderbruch und den dazu gehörigen Städten Lebus, Seelow, Wriezen, Bad Freienwalde und Oderberg leben 57.500 Einwohner, das sind 72 Einwohner/km². Noch nicht einberechnet sind dabei die ebenfalls zum Oderbruch gehörenden polnischen Gemeinden und Städte wie Kostrzyn (Küstrin) mit 18.000 Einwohner oder Cedynia (Zehden) mit 1.650 Einwohner.
Seit dem letzten Binnenhochwasser 2010 werden immer wieder Zweifel bezüglich der Wirksamkeit der Hauptgewässer für das Oderbruch geäußert und zusätzlich ein neues Pumpwerk bei Hohensaaten „als die mögliche Lösung im Falle eines wiederkehrenden Binnenhochwassers oder aber Oderhochwassers“ angesprochen.
Will man eine Einschätzung der derzeitigen Bewirtschaftung und des Zustandes der Wasserwirtschafts- und Meliorationsanlagen vornehmen, muss man weiter in die Geschichte der wasserwirtschaftlichen und meliorativen Aktivitäten zurückgehen, um Zusammenhänge und Abhängigkeiten zu verstehen.
Die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse des Oderbruch werden nicht erst seit 2010 wieder thematisiert sondern sind bereits ein seit mehreren Jahrhunderten immer wiederkehrendes Anliegen. Meist ging es auch darum Mittel und Wege zu finden, um den „bedauerlichen Zustand“, welcher sich aus dem Mangel ausreichender Vorflut ergeben hat, zu begegnen.
Einer Denkschrift vom 30. Juni 1884 zur Abwendung von Wasserschäden und für eine Verbesserung der Vorflutverhältnisse für das Oderbruch im 19. Jahrhundert sah einem Entwurf von Deichinspektor Baurat Scheck zufolge – ein Schöpfwerk auf den Pfeilern des Hohensaatener Wehres mit 4 Zentrifugalpumpen, die größte mit 25 m³ je Sekunde und einer Hubhöhe von 2,5 m – vor.
Eine statische Prüfung der Wehrpfeiler ergab dann aber die Untauglichkeit derselben für die Aufstellung der Pumpanlagen. Daraufhin erhielten Meliorations-Bauinspektor Gerhard und Regierungsbaumeister Knauer den Auftrag einen neuen Entwurf für ein am Ufer zu errichtendes Schöpfwerk für ein umfassendes Gebiet von 2.168 km² auszuarbeiten.
In diesem Entwurf – vom Juli 1890 – gelangte man zu dem Ergebnis, dass im ungünstigsten Fall nicht 36 sondern 60 m³ Wasser in der Sekunde auf 2,49 m Höhe befördert werden müssten und eine Maschine von 2300 PS erforderlich ist.
Mit Rücksicht auf die hierdurch sich ergebenen unverhältnismäßig hohen Betriebskosten für das Schöpfwerk, der Wahrscheinlichkeit, dass weitere Forderungen an das Schöpfwerk selbst, für weitere Unterschöpfwerke und an das zuführende Binnenwassersystem auftreten werden – sowie auf die hieraus abzuleitende Unsicherheit des Erfolges – wurde die Errichtung eines großen Schöpfwerkes für den Flusspolder Oderbruch bei Hohensaaten aufgegeben.
Im Ergebnis wurde die Entwässerung der Niederung nach einem Vorschlag von Meliorations-Bauinspektor Gerhardt durch mehrere Schöpfwerke für kleinere Entwässerungsgebiete (auch Sonderpolder genannt) favorisiert und nach Erläuterung vor Vertretern des Oderbruch in Freienwalde schließlich am 20.Mai 1892 festgestellt, dass die Variante mit kleineren Schöpfwerken die zuverlässigste Melioration für das Oderbruch darstellt und ohne nennenswerte Schädigungen anderer berechtigter Interessen ausführbar ist.
So entstanden:
1893 der Ranfter Sonderpolder mit dem Schöpfwerk in Freienwalde/Alttornow für 1.330 ha.
1895 der Glietzener Sonderpolder mit dem Schöpfwerk in Neutornow für 7.057 ha.
1895 der Falkenberger Sonderpolder mit dem Schöpfwerk bei Falkenberg für 271 ha.
1894 der Finower Sonderpolder mit dem Schöpfwerk bei Liepe für 1.395 ha.
1876 entstand bereits der Sonderpolder Hohensaaten für 1.587 ha.
1919/1920 erlebte das Oderbruch ein extremes Binnenhochwasser
- 192 mm Niederschlag im November/Dezember 1919;
- Ergiebige Schneemassen im Winter;
- 350 mm Niederschlag im April bis Juni 1920;
- Eine Hochwasserwelle der Oder im Juli mit vermehrtem Drängewasser;
- Ein Sturzregen im August zeigten die Mängel besonders bei der Vorflut. Die Alte Oder konnte die Wassermengen auch nicht annähernd ausreichend abführen. Das Hochwasser gab der ohnehin geringen Ernte den Rest.
Nach einem Gesetz vom 12.Januar 1921 wurde ein Sonderplan aufgestellt der folgende Aufgaben vorsah:
- Bessere Entwässerung der Flächen mit natürlicher Vorflut;
- Schaffung der Voraussetzungen für die Anlage von Dränungen;
- künstliche Entwässerung der Flächen über Schöpfwerke, für die die natürliche Vorflut unmöglich oder zu teuer war;
- weitgehende Sicherung der Ländereien an den Deichen gegen das Drängewasser der Oder.
Von 1924 bis 1928 wurden
- 337 km Gräben instand gesetzt bzw. neu gebaut;
- Die Schöpfwerke Hohensaaten und Liepe wurden umgebaut;
- In Gabow, Paulshof, Bienenwerder, Eichwerder, Zäckerick und Freienwalde entstanden neue Schöpfwerke für 7.446 ha.
Es gründeten sich als Wasser- und Bodenverbände – die aber mit der Verordnung der DDR über die Organisation der Wasserwirtschaft vom 28. August 1952 aufgelöst wurden.
- 06. April 1929 der Entwässerungsverband Eichwerder;
- 24. Juni 1933 die Drängenossenschaft Carzig;
- 11. Juli 1936 der Unterdeichverband Bad Freienwalde/Kietz;
- 10. April 1937 der Entwässerungsverband Wilhelmsaue
Zwei Eisversetzungen überstauten die Oder am 22. März 1947 bei Kietz. Das führte zu einer Überspülung und einem Deichbruch bei Reitwein. 2.400 m³/s Oderwasser überfluteten das gesamte Oderbruch. 20 Tote waren zu beklagen. Es folgte ein Sofortprogramm des Deichverbandes Oderbruch zur Wiederherstellung des Oderdeiches sowie zur Räumung der Alten Oder, der wichtigsten Gräben und von Dränagen.
Der Zwang der Gesellschaft – jeden Quadratmeter Boden für die Versorgung der Bevölkerung mit Kulturen zu bestellen – führte schließlich, besonders nach dem 2. Weltkrieg, in ganz Deutschland, so auch im Oderbruch, zu einer Aufwertung der Erneuerung und Unterhaltung wasserwirtschaftlicher und meliorativer Anlagen.
Für eine intensivere landwirtschaftliche Nutzung der Oderbruchflächen, etwa ab 1970, waren die vorhandenen Entwässerungs- und Beregnungsanlagen technisch unzureichend und zudem verschlissen. Sie entsprachen nicht den Anforderungen einer großräumigen Landwirtschaft.
Das Interesse an hindernisfreien Flurstücken als Voraussetzung für den Einsatz von großen Feldbearbeitungs-, Ernte-, und Beregnungsmaschinen wurde über sogenannte „komplexe Meliorationsmaßnahmen“ umgesetzt. Sie hatten das Ziel, alle wasserwirtschaftlichen und meliorativen Anforderungen zusammenhängend für ein wasserwirtschaftliches Teileinzugsgebiet zu projektieren und zu realisieren.
Zwischen 1967 und 1988 wurden
- 502 km Gewässer neu gebaut bzw. instandgesetzt;
- 2.684 ha Oderbruchboden dräniert;
- 10.450 ha Beregnungsanlagen errichtet;
- 198 km Wirtschaftsstraßen;
- 21 Schöpfwerke;
- 9 Brücken und 20 Wehre und Staue
neu gebaut.
Heute sind Zuständig für die Unterhaltung:
- Der Gewässer, Schöpfwerke und Wehre der I. Ordnung – der Bund bzw. das Land Brandenburg – Wasserwirtschaftsamt;
- Der Gewässer, Schöpfwerke, Wehre/Staue der II. Ordnung – der GEDO;
- Der Dränagen und Beregnungsanlagen – der Eigentümer der Ackerflächen;
- Der Wirtschaftsstraßen und Brücken – der jeweilige Baulastträger.
Die veränderten sozio-ökonomischen und wasserwirtschaftlichen Randbedingungen zur Nutzung der Oderbruchflächen seit 1990 führten weg von der rein ertragsorientierten Bewirtschaftung.
Ziel ist es heute, Hochwasserschutz, Landwirtschaft, Naturschutz, Wasserqualität, Tourismus und den Erhalt der Kulturlandschaft miteinander zu vereinen.
Das führte zu Veränderungen von Stauzielen an Schöpfwerken und Wehranlagen und zum Wandel der sehr naturschutzfachlich geprägten Auffassungen zur Intensität der Krautung und Grundräumung der Fließgewässer.
Andererseits können über eine Richtlinie der Landesregierung Brandenburg zur Verbesserung des Landschaftswasserhaushaltes viele Einzelmaßnahmen an Gewässern im ländlichen Raum realisiert werden.
Das schwere Sommerhochwasser der Oder, im Juli und August 1997, zeigte brutal die Schwächen des gealterten Oderdeiches auf. Im November 1997 beschloss darauf die Landesregierung in Brandenburg das Programm „Sicherheit und Zukunft für die Oderregion“.
Bis zum Abschluss des Jahres 2006 wurden 75 km Oderdeich und 2 Einlassbauwerke – für die Einspeisung von Oderwasser in das Oderbruch – mit 115 Mio. Euro von Grund auf instandgesetzt bzw. neu gebaut.
Obwohl nunmehr das Oderbruch über die sichersten Deiche seit über drei Jahrhunderten und ein den Bedingungen der Landnutzung gut angepasstes Binnenwassersystem einschließlich der dazu gehörigen wasserwirtschaftlichen Anlagen verfügt, einen gut aufgestellten und mit ausreichender Unterhaltungstechnik ausgestatteten Gewässer- und Deichverband besitzt, bestehen heute Mängel am Binnensystem der Gewässer – und hier besonders der Landesgewässer (I. Ordnung) – weil sie aus ökologischen Vorschriften und fehlenden finanziellen Mittel nicht ordnungsgemäß unterhalten werden konnten.
Das sich im Auftrag des Umweltministeriums in Arbeit befindliche Projekt „Natura 2000“ lässt leider auch nichts „Gutes“ hoffen, weil die Bearbeitung statisch abläuft und die Menschen im Oderbruch mit ihrem Wissen nicht oder nur ungenügend einbezogen werden.
In den Jahren 2002, 2007 und 2010 hatte das Oderbruch mit über 750 mm Niederschlag/Jahr, normal wären etwa 470-500 mm/Jahr, bei teilweise erhöhter Wasserführung der Oder und folglich vermehrtem Drängewasser aus der Oder, im Binnenland kaum eine Chance, das Wasser über die Gewässer, besonders der I. Ordnung, schadlos abzuführen.
Das Binnenhochwasser 2010 verursachte Nässeschäden auf 25.000 ha, davon waren 10.000 ha voll geschädigte Flächen. (Quelle: Jahresbericht GEDO 2010)
Das veranlasste schließlich den Gewässer- und Deichverband Oderbruch nach Prüfung, Auswertung und Diskussion in den Gremien des Verbandes die Beiträge für die Pflichtaufgaben ab 2011 im Oderbruch um etwa 50% gegenüber seinen Mitgliedern zu erhöhen.
- für die Gewässerunterhaltung der 1250 km II. Ordnung;
- für Unterhaltung und Betrieb der 37 Schöpfwerke;
- für Unterhaltung und Betrieb von 250 Wehre und Staue und 72 Pegelanlagen.
Bereits 2002 und 2005 hatte der Gewässer- und Deichverband Oderbruch (GEDO) eine Denkschrift der Landesregierung in Brandenburg übergeben und auf die ungenügende Bereitstellung finanzieller Mittel für die Unterhaltung der Gewässer I. Ordnung, für die das Land zuständig ist – der GEDO aber die Unterhaltung im Auftrag des Landes durchführt – hingewiesen.
Der Unterhaltungsrückstau aus den Jahren 1995 bis 2005 wurde mit ca.10 Mio. Euro festgestellt.
Erst ab dem Binnenhochwasser von 2010 werden zusätzliche Mittel für Instandsetzungs- und Unterhaltungsmaßnahmen für Gewässer I. Ordnung über ein Sonderprogramm Oderbruch durch das Land bereitgestellt. Nach Einschätzung des Landesumweltamtes (LUA) hat sich dadurch der Durchfluss an der Alten Oder spürbar verbessert.
Unterhaltungstechnik – über die heute viele Wasser- und Bodenverbände im Land Brandenburg verfügen.
Was das Oderbruch benötigt sind Antworten, Lösungen und Ergebnisse zu folgenden Fragen:
1. Jedes Meliorationsprogramm der letzten Jahrhunderte, eingeschlossen die umfassende Instandsetzung von 75 km Deich nach 1997, war für das Oderbruch zur Behebung von Schäden und für eine Vorbeugung (Prävention) nach dem jeweils aktuellen Stand dringend erforderlich.
Seit Abschluss des letzten großen Meliorationsprogramm 1988 sind 27 Jahre vergangen. Wir sollten uns in besonderer Weise die Erkenntnisse des berühmten Gartengestalters Peter Joseph Lenné zu Eigen machen der sagte: „nichts gedeiht ohne Pflege; und selbst die vortrefflichsten Dinge verlieren durch unzweckmäßige Behandlung ihren Wert.“
Soll heißen, dass alle Gewässer und wasserwirtschaftlichen Anlagen, eingeschlossen die Dränagen, so zu erhalten und zu pflegen sind, wie es für den Erhalt und der Nutzung dieser Kulturlandschaft notwendig ist. Der GEDO, die Wasserwirtschaftler und die Landwirte sollten dabei das Sagen haben. Die wissen schon wie man heute der Landschaft etwas Gutes antut, was auch der Zukunft dienlich ist – nicht aber in vielen Fällen der einseitig orientierte und beauftragte „Naturschützer“.
2. Der Oderbruchboden verlangt von den Landwirten eine sachgerechte aber auch eine nachhaltige Bewirtschaftung, sowie den Bedingungen angepasste Nutzungsformen. Die geschaffenen Meliorationsanlagen (Gewässer, Dränagen, Schöpfwerke, Wehre, Pegel, Wassereinleitungsbauwerke) sind für die Nutzung des Bodens eine Grundvoraussetzung und verlangen vom Landwirt Kenntnisse über das Abhängigkeitsverhältnis von Wasser und Boden in nassen, feuchten aber auch in trockenen Jahren.
Die Förderung von angepassten Fruchtfolgen und die Auswahl geeigneter Kulturen für das Oderbruch sollte Bestandteil staatlicher Maßnahmen sein.
3. In jedem Fluss lagern sich die vom Oberlauf oder die von den seitlich einmündenden Nebengewässer mitgeführten Sedimente – und das besonders bei Hochwasser – ab. Das trifft so auch zu für die Alte Oder, für die Havel-Oder-Wasserstraße zwischen Niederfinow und Hohensaaten und für die Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße einschließlich Westoder. Eine grundhafte Sedimententnahme ist daher überall da erforderlich wo es das Gewässerprofil verlangt.
Was das Oderbruch von der Bundesregierung und vom Land Brandenburg erwarten darf, ist die Gewährleistung einer ununterbrochenen und bedarfsgerechten Ableitung von Binnenwasser aus dem Oderbruch.
Das ist eine lebensnotwendige Gewährleistung für den Erhalt der Kulturlandschaft Oderbruch.
4. Das 1913 errichtete und letztmalig 2010/11 von Grund auf erneuerte Wehr Hohensaaten hat auch heute nach wie vor folgende Aufgaben zu erfüllen:
- Die Regelung der Vorflut für das Oderbruch;
- Die Stauhaltung der Havel-Oder-Wasserstraße zwischen Niederfinow und Hohensaaten zur Sicherung der Tauchtiefe für das Schiffshebewerk und
- das Verhindern von rückströmendem Wasser aus der Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße letztlich in das Oderbruch.
Am Wehr gelten seit 1965 folgende Staumarken für den Binnenpegel:
- Höchststau: 1,40 m ü. NN = >224 cm am Pegel
- Normalstau: 1,20 m ü. NN = 204 cm am Pegel
- Niedrigstau: 1,10 m ü. NN = 194 cm am Pegel.
In normalen Jahren von Niederschlag und Abfluss im Einzugsgebiet der Oder und des Oderbruch reicht Erfahrungsgemäß der Normalstau am Wehr Hohensaaten aus.
Kritisch wird es jedoch dann,
- wenn Extremniederschlagsereignisse über einen längeren Zeitraum und hohen Abflussmengen im Odereinzugsgebiet entstehen und dadurch sich der Drängewassereintrag in das Oderbruch extrem erhöht,
- wenn zusätzlich zum gleichen Zeitraum im Oderbruch monatliche Niederschläge von 100 mm/m² und mehr fallen,
- wenn das Abflussvermögen auf der Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße völlig zum Erliegen kommt, weil Unter- und Oberwasserstand am Wehr auf gleicher Höhe liegen.
Genau dann kann es passieren, wie im Winter 2010/2011 – siehe unten dargestellte Wasserstandsganglinie des Wasser- und Schifffahrtsamtes Eberswalde, dass ein Rückstau ins Oderbruch entsteht.
Die insbesondere von Landwirten nach 2010/11 geforderte Prüfung für den Neubau eines neuen zentralen Schöpfwerkes am Wehr Hohensaaten verspricht kein Erfolg, weil das Schöpfwerk für ein umfassendes Gebiet für etwa 2.100 km² ausgelegt werden müsste.
Bei normalem Wasserstandsgefälle können nach Veröffentlichungen des Wasser- und Schifffahrtsamtes am Wehr bis zu 50 m³/s Wasser aus dem Oderbruch abgeführt werden. Will man diese Menge auch nur annähernd schöpfen, muss das Schöpfwerk etwa dreimal größere Leistung bringen als z.B. das Schöpfwerk Neutornow, das maximal 15 m³/s schöpfen kann.
Ein Erfolg für das Oderbruch ist dann aber immer noch nicht gegeben, weil Unter- und Oberwasser am Wehr dann auch auf gleicher Höhe liegen und einen Abfluss unmöglich machen.
Damit begründet sich auch entscheidend der Einsatz der „Unterschöpfwerke“ für die Entwässerung des Oderbruch unter Maßgabe der am 15.12.1965 festgesetzten Stauhöhen am Wehr Hohensaaten.
Eine entscheidende Frage ist aber noch offen.
Die lang anhaltenden wolkenbruchartigen Niederschläge in den Sudeten und Beskiden lösten im Sommer 1997 das am längsten andauernde Hochwasser aus. Auch das Binnenhochwasser im Oderbruch 2010-2011 und das Eishochwasser im Januar 2011 zeigen immer wieder, dass es einen absoluten Schutz vor Hochwasser nicht gibt.
Unwiderlegbar führten die Naturgewalten den Beweis, dass ein vorbeugender und wirksamer Schutz innerhalb des Oderstromsystems das effektive und kooperative Zusammenwirken aller drei Anliegerstaaten erfordert.
Die 1. Ministerkonferenz der Vertragsparteien über die IKSO (Internationale Kommission zum Schutz der Oder) am 3.12.1999 hat hierzu erklärt:
„…,dass ein solches Hochwasserereignis mit Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes allein nicht zu beherrschen ist. Deshalb ist es erforderlich, im Sinne eines integrierten Hochwasserschutzes die Möglichkeiten des natürlichen Wasserrückhalts, des technischen Hochwasserschutzes, der Hochwasserwarnung und der Hochwasservorsorge effektiver zu nutzen …“
Wesentliche Elemente eines wirksamen und nachhaltigen Hochwasserschutzes, die sich im Aktionsplan von 1999 wiederfinden, sind danach:
- Präventivmaßnahmen im Einzugsgebiet zur Beeinflussung der Hochwassergenese; Reduzierung von Hochwasserabflussvolumina
und –spitzen durch Verbesserung des natürlichen Rückhalts der Niederschläge im gesamten Einzugsgebiet; - Präventivmaßnahmen zur Beeinflussung
der Schadensrisiken (Minderung der Schadenspotentiale); - Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes
zur Rückhaltung und sicheren Ableitung von Hochwässern; - Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwassermeldesystems.
Seit dieser Zeit ist sicher in Gemeinsamkeit der drei Anliegerstaaten- nicht nur für die Deichertüchtigung – eine ganze Menge geleistet worden. So z.B. befindet sich das von der Bundesanstalt für Gewässerkunde Koblenz erarbeitete „Wasserstandsvorhersagemodell (WVM) für die Grenzoder“ seit 1. Juli 2002 im operationellen Betrieb im Hochwassermeldezentrum (HWMZ) Frankfurt (Oder). Das WVM Grenzoder verwendet die Wasserstände von 37 Pegelanlagen der Oder.
Auch das vom Gewässer- und Deichverband Oderbruch (GEDO) mit Unterstützung der Landesregierung Brandenburg erarbeitet „Wassermanagementsystem zur Optimierung der hydrologischen Verhältnisse im Oderbruch“ sei hier hervorgehoben.
Das kann sich aber nur dann in der Praxis bewähren, wenn die Landesregierung das Projekt „Natura-2000“, zumindest für die Gewässer I. Ordnung im Oderbruch, stoppt und die Bearbeitung in einen Kompromissvorschlag lenkt. Denn es kann nicht angehen, dass die Unterhaltung dieser Gewässer eingeschränkt werden soll.
Als ein Defizit im praktischen koordinierten Hochwassermanagement hat sich bei großen Hochwässern der vergangenen Jahre das Fehlen geeigneter Entscheidungshilfen erwiesen.
Umso erfreulicher ist der am 22. April 2015 vorgelegte sehr umfangreiche Entwurf eines Hochwasserrisikomanagementplanes (HWRM-Plan) und der dazugehörige Umweltbericht für den deutschen Teil der internationalen Flussgebietseinheit (IFGE) Oder von und für die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen.
Im Vorstellungskommentar des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg vom 24.April 2015 heißt es u.a.
„… bis zum 22. Dezember 2015 ist für das Flussgebiet der Oder auf deutschem Staatsgebiet ein gemeinsamer Hochwasserrisikomanagementplan (HWRM-Plan) zu erstellen und zu veröffentlichen. Im Land Brandenburg wird der HWRM-Plan durch 9 Teileinzugsgebiete und 16 Bearbeitungsgebiete untersetzt.
Der Hochwasserrisikomanagementplan ist auf der Grundlage der Gefahren- und Risikokarten zu erarbeiten, Er enthält angemessene und an das gefährdete Gebiet angepasste Ziele und Maßnahmen, mit denen die Hochwasserrisiken und hochwasserbedingten nachteiligen Folgen für die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe, wirtschaftliche Tätigkeiten und erhebliche Sachwerte verringert werden sollen.
Die Schwerpunkte liegen auf der Vermeidung, dem Schutz und der Vorsorge, einschließlich Hochwasservorhersagen und Frühwarnsystemen. Die Ziele und Maßnahmen sind vor dem Hintergrund der örtlichen Situation, der festgestellten Risikoausprägung, dem Potential zur Retention von Hochwasser, den bereits vorhandenen Schutzeinrichtungen und unter Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeitsaspekten festzulegen.
Bei der Aufstellung des Planes ist eine aktive Beteiligung der interessierten Stellen nach § 79 WHG zu fördern. Ferner ist die Erstellung des Hochwasserrisikomanagementplanes mit den flusseinzugsgebietsbezogenen Bewirtschaftungsplänen nach der Wasserrahmenrichtlinie zu koordinieren.
Nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ist für den Hochwasserrisikomanagementplan eine Strategische Umweltprüfung (SUP) durchzuführen. Es resultieren daraus auch umfangreiche Beteiligungsrechte für vom Plan berührte Behörden und die betroffene Öffentlichkeit.
Der Plan ist nach seiner Erstellung alle 6 Jahre unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Auswirkungen des Klimawandels auf das Hochwasserrisiko zu überprüfen und falls erforderlich zu aktualisieren.
Für die internationale Flussgebietseinheit Oder (IFGH-Oder) wird ein dreisprachig abgefasster vergleichbarer internationaler Hochwasserrisikomanagementplan (HWRM-Plan) erstellt.“
Soweit die Erklärung des Brandenburger Ministeriums.
Bleibt zu hoffen, dass es wirklich gelingt ein staatenübergreifendes Dokument zu erarbeiten, das nicht nur staatenspezifische Einzelmaßnahmen zur Abarbeitung enthält, sondern im Besonderen die praktischen Entscheidungshilfen für die zu handelnden Personen zur Verfügung stellt, die notwendig sind, ein Hochwasser des Flusses vom Gebiet des Entstehens bis zur Ostsee zu verstehen, zu begleiten und zu beeinflussen.
Die Erkenntnis aus fast 300 Jahren:
Die Trockenlegung des Oderbruch, das Wehr Hohensaaten und die 1923 dem Verkehr übergebene Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße ist ein wasserbauliches Meisterwerk unserer Vorfahren. Es endstand eine von Menschen geschaffene Kulturlandschaft, die sich seitdem unter folgenden Voraussetzungen bewährt:
- Alle Entwässerungssysteme im gesamten Oderbruch müssen immer leistungsfähig erhalten bleiben;
- Stärkere Sedimentablagerungen sind rechtseitig durch Ausbaggerung zu beseitigen;
- Oderdeiche und Buhnen müssen ständig voll funktionstüchtig erhalten werden;
- Stets ist ein möglichst schneller Abfluss der Hochwasser in der Stromoder zu gewährleisten, weil dadurch die Zeit des verstärkten Druckes auf die Deiche verkürzt wird und der Drängewassereintrag in das Bruch nicht zu groß wird;
- Der vorbeugende Hochwasserschutz, einschließlich des Einsatzes der Eisbrecher, muss gut koordiniert sein und reibungslos funktionieren;
- Das gesamte System Oderbruch kann nur mit einer Solidargemeinschaft für das Wassermanagement in eine Zukunft geführt werden. So lassen sich auch in Zukunft neue Möglichkeiten der Nutzung eröffnen;
- Das Oderbruch braucht ein koordiniertes Handeln aller Anliegerstaaten bei Hochwasser des Oder-Flusses.
Anhang:
Der oben dargestellte Beitrag begann Ende des 19. Jahrhundert und endet am Anfang des 21. Jahrhundert. Die nachfolgenden Ausführungen sind Auszüge aus Schriften des Verfassers und sollen einen weiteren Einblick in die Geschichte des Oderbruch geben.
Geschichte (ein kurzer Abriss von Jürgen Hartung)
Die wannenartige Grundform des Bruches bildete sich vor allem durch den Einfluss mehrerer Eiszeiten bis etwa 18.000 Jahre v. Chr.1 Das durch die Oder mitgeführte tonige Schlickmaterial und durch Rodungen von Wäldern während der Bronzezeit (2000-1000 v.Chr.) abgeschwemmte humose Material sedimentierte dort, wo langsam fließendes oder stillstehendes Wasser dies begünstigte.
So entstand über einen langen Zeitraum in dem feuchten und warmen Klima eine sumpfige Auen- und Bruchlandschaft, verbunden mit einem reichen Fisch- und Wildbestand.2
Als dann der Grundwasserspiegel im oberen (südlichen) Bruch durch veränderte klimatische Verhältnisse langsam sank, begann die menschliche Besiedlung und die landwirtschaftliche Nutzung.
Da die Oder aber mit ihren vielen Verzweigungen durch das Bruch floss, war eine Nutzung der Bruchflächen auch auf Grund immer wiederkehrendes Hochwasser des Flusses, kaum möglich. Erst nach der Gründung der Klöster Chorin (1273) und Altfriedland (1230) wurde um 1300 mit der Bruchentwässerung begonnen. Auf den gewonnenen, von Überschwemmungen weniger betroffenen Flächen wurde Getreide und Gemüse angebaut und Heu für das Vieh gewonnen.
Im oberen Oderbruch entstanden auf geschützten Flächen zahlreiche Rittergüter. Entscheidender Grund für den Aufschwung der Landwirtschaft im ausgehenden Mittelalter (13. Jh. bis Ende 15. Jh./Anfang16. Jh.) war die Entwicklung der Städte Berlin (1237), Frankfurt/Oder (1225), Küstrin (1232), Wriezen (1247) und Seelow (1252).
Die immer besser werdende landwirtschaftliche Nutzung der Oderbruchflächen führte schließlich ab 1753 mit Neulitzegöricke zur Besiedlung des Oderbruch mit Kolonisten, die im Ausland angeworben wurden.3 Für sie wurden 12 Kolonistendörfer und 17 Kolonistensiedlungen errichtet.4
Die weitere Geschichte des Oderbruch im 19. bis etwa Mitte des 20. Jahrhundert ist im Wesentlichen eine Serie von Rückschlägen. Der immer besseren Nutzung der Bruchflächen nach Durchführung von Meliorationsmaßnahmen, stand der Kampf gegen das Hochwasser, die Folgen zahlreicher Kriege und das ständige Ringen um Geldmittel zur Beseitigung dieser Schäden sowie zur Erhaltung und Unterhaltung der Gewässer und wasserwirtschaftlichen Anlagen gegenüber.
Der Zwang der Gesellschaft – jeden Quadratmeter Boden für die Versorgung der Bevölkerung mit Kulturen zu bestellen – führte schließlich, besonders nach dem 2. Weltkrieg, in ganz Deutschland, so auch im Oderbruch, zu einer Aufwertung der Erneuerung und Unterhaltung wasserwirtschaftlicher und meliorativer Anlagen.
Wasserbau und Melioration
Die ersten zusammenhängenden Notdämme an der Oder zwischen Lebus und Küstrin und der „Straße nach Seelow“ ließ Kurfürst Joachim der I. (1484-1535) zum Schutz gegen das Wasser aufschütten. Kurfürst Joachim II. (1505-1571) und sein Bruder Markgraf Hans von Küstrin (1513-1571) schlossen erste Verträge über die Erhaltung und Ausbesserung der Dämme.5
Mehrere schwere Überschwemmungen im 16. Jahrhundert (1515, 1551, 1565 und 1568), die enormen Schäden während des 30-jährigen Krieges (1618-1648) und die Hochwasserschäden im 17. Jahrhundert (1675, 1694, 1695, 1698 und 1709) veranlassten schließlich König Friedrich Wilhelm I. (1688-1740) „aus landesväterlicher Fürsorge und zur besseren Verwertung des ausgedehnten Domänenbesitzes im Bruche“ eine Kommission einzusetzen, die Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes vorschlagen sollte.
Landbaudirektor Martin Friedrich von Creutz (um 1670-1735) veranlasste im Auftrag des Königs bis 1717 die Aufschüttung eines durchgehenden Deichs von Lebus bis Zellin.6
Dieser Deich reichte aber nicht aus, um das Mittel- und Niederoderbruch vor Überschwemmungen der Oder zu schützen. Nach sehr heftigen Niederschlägen im Sommer des Jahres 1736 und Hochwasser der Oder brach der Deich an mehreren Stellen. In wenigen Stunden glich das Oderbruch einem einzigen See. Große Schäden an Menschen und Viehbestand sind dokumentiert.
König Friedrich II. (1712-1786) beauftragte darauf eine Kommission unter Leitung von Oberdeichinspektor Simon Leonard van Haerlem (1701-1775) mit der Aufstellung eines Projektes für die Trockenlegung des Niederoderbruch.
Dies sollte mit drei Maßnahmen erreicht werden: Die Oder brauchte einen kürzeren und schnelleren Abfluss, das Flussbett war mit starken Deichen einzufassen und das Binnenwasser sollte durch neue Abzugsgräben besser abgeleitet werden.7
Ab 1747 begann der Bau des „Neuen Oderkanal“ und der Durchstich durch die Neuenhagener Halbinsel. Es folgte ein linksseitiger Deichbau, die Eindeichung der Alten Oder und eine Vorflutverbesserung im Oderbruch.
Am 02. Juli 1753 wurde der Oderkanal als Bett für die Oder eingeweiht. Er hat eine Länge von 20 km, eine ursprüngliche Breite von 30-35 m und verkürzt die Wegstrecke der Oder zum ursprünglichen Flussverlauf um 26 km.
Durch den Siebenjährigen Krieg (1756-1763) ruhten besonders die Arbeiten im Binnenland vollständig, viele Anlagen waren zerstört. Die danach durchgeführten Baumaßnahmen, wie die Vertiefung des Freienwalder Landgraben zur besseren Ableitung des Binnenwassers aus den anliegenden Bruchflächen, erfüllten ihren Zweck nur unzureichend.8
Weitere Deichbrüche und Hochwässer im 18. Jahrhundert (1770, 1780, 1783 und 1785) zeigten noch viele Schwachstellen. Besonders die zu geringe Deichhöhe und Gewässerengen im Bruch verursachten bei jedem weiteren Hochwasser große Schäden. Auch die Arbeiten zur Beseitigung der Schäden des Hochwassers von 1785, die der König am 4. Juli 1787 anordnete, brachten dem Oderbruch keine wirkliche Hilfe.9
Im 19. Jahrhundert begann die nächste Etappe zur Entwässerung des Oderbruch mit einer Analyse der Ergebnisse zur Trockenlegung im 18. Jahrhundert durch den kurmärkischen Wasserbaudirektor Cochius. Er kam zu dem Schluss, dass etwa 28.400 ha noch gar nicht oder nur sehr eingeschränkt nutzbar sind.10
Vorschläge für Meliorationsmaßnahmen von Wasserbaudirektor Cochius, die teilweise zur Ausführung kamen, und von Oberdeichinspektor Heuer (1785-1854), die in den Jahren von 1849 bis 1859 zur Ausführung kamen, verbesserten den Hochwasserschutz und das Binnenwassersystem weiter.
Der Wunsch nach einer geregelten landwirtschaftlichen Nutzung des Bruches führte ab 1874 zur Einpolderung von Flächen und zu einer Entwässerung über Schöpfwerke nach den Plänen von Deichinspektor Friedrich Scheck (1827-1899) und Meliorations-Bauinspektor Gerhardt.
Bis 1895 entstanden so Sonderpolder bei Hohensaaten, Ranft, Finow, Glietzen und Falkenberg für eine Fläche von 10.490 ha.11
Eine weitere Verbesserung der wasserwirtschaftlichen Verhältnisse im 20. Jahrhundert brachte die Fertigstellung des Großschifffahrtsweges Berlin – Stettin am 17. Juni 1914.
Die Festzeitschrift von damals stellt fest, dass damit „eine Vorflutverbesserung von außerordentlich hoher Bedeutung für das Oderbruch erreicht wurde.“12
Fußnoten
1 EULENSTEIN, F.;MÜLLER, L. (1997) Zur Entstehung der Landschaft zwischen Spree und Oder,
250 Jahre Trockenlegung des Oderbruchs, Fakten und Daten einer Landschaft – FRANKFURTER ODER EDITION, S.9
2 TU BERLIN (1993) Nachhaltige Landnutzung – am Beispiel Oderbruch, Hauptstudienprojekt 1992/93, S.11,12 ff
3 SCHMOOK, R. (1997) Das Oderbruch als friderizianische Kolonisationslandschaft,
Einführungsvortrag zur Tagung – Das Oderbruch im Wandel der Zeiten – am 29.-31. Mai 1997
4 BACHER, S. (1999) Kulturhistorische Landschaftselemente in Brandenburg, Entwässerungssysteme
am Beispiel des Oderbruchs VWF Berlin, S.91/92
5 WENTZ, G. (1930) Das Oderbruch, von MENGEL – Erster Band, S.94
6 ebd. S.101 ff
7 WENTZ, G. (1930) Das Oderbruch von MENGEL – Erster Band, S.109 ff
8 ebd. S.124 ff
9 ebd. S.134 ff
10 BACHER, S. (1999) S.29
11 Gerhardt, N.N. (1892) „Denkschrift betreffend die Melioration des Mittel- und Nieder-Oderbruchs“
im Auftrag des Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten in Berlin
12 MENGEL, P.F. (1934) Zweiter Band, S.348
Verzeichnis der Literatur und Unterlagen
Brandenburgisches Wassergesetz, BbgWG (2010)
Dietrich, R. (2011) Wasser- u. Schifffahrtsverwaltung des Bundes, Pressemitteilung 18.11.2011
GEDO – Jahresberichte und Internet
Hartung, J. (2012 unveröffentlicht), Kein Deich – Kein Gewässer, Schöpfwerk und Wehr – Kein Leben im Oderbruch
Hartung, J.- Trömel, P. (2015) Neues Schöpfwerk in Hohensaaten? MOZ 15.01.2015
Land Bbg.,Meck-Pom.,Sachsen (2015) Hochwasserrisikomanagementplan/Umweltbericht
Spiegelberg, K. (2001) Das Oderstromsystem
WTZ (1989) Wissenschaftlich Technisches Zentrum der Landwirtschaft – Bezirk Frankfurt/O.
ZALF, Institut für Landschaftswasserhaushalt
Die Einschätzung der derzeitigen Bewirtschaftung und des Zustandes der Wasserwirtschafts- und Meliorationsanlagen im Oderbruch wurde für die Arbeitskreise Wasserwirtschaft und Melioration/Landeskultur im Institut für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V. an der Hochschule Neubrandenburg und dem Oderbruchpavillon erarbeitet.
Seelow, Mai 2015
Verfasser: Hartung, Jürgen Dipl.-Ing.-oec.; Dipl.-Mel.-Ing. (FH), Jahrgang 1941, studierte in Greifswald und Rostock das Meliorationswesen. Von 1963 bis 1990 arbeitete er im Meliorationswesen und Landwirtschaftsbau des damaligen Kreises Seelow. Von 1990 bis 2006 war er zunächst Gründungsbeauftragter und danach Geschäftsführer des Gewässer- und Deichverbandes Oderbruch (GEDO). Herr Hartung ist Mitglied im Bund der Ingenieure für Wasserwirtschaft und Kulturbautechnik (BWK) Berlin/Brandenburg und Mitglied des Arbeitskreises Melioration/Landeskultur an der Hochschule Neubrandenburg.
Fotos wenn nicht anders benannt: Jürgen Hartung
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