Auf Teufel komm raus zu pumpen, ist nicht unser Ziel
Aufgeschrieben von Almut Undisz
Ich arbeite seit 2012 für den GEDO. Damals wurde ein Mitarbeiter für das Projekt „Wassermanagementsystem zur Optimierung der hydrologischen Verhältnisse im Oderbruch“ gesucht. Über dieses von der EU und der Bundesregierung geförderte Projekt ist bereits seit 2008 nachgedacht worden. Als es nach dem Binnenhochwasser 2010 dann wirklich spruchreif wurde, hatte ich als gelernter Elektromonteur mit meinen guten Erfahrungen als Messtechniker im Außenbereich und meinen Jahren bei der Chipfabrik in Frankfurt (Oder) gute Karten. Und ich stamme aus dem Oderbruch, habe hier gelernt, mein Vater hat in der DDR bei der Wasserwirtschaft gearbeitet und mein Onkel war früher der Bisamjäger im Oderbruch.
Ich habe beim Ausrüsten sämtlicher Schöpfwerke und bei der Einrichtung der Messstellen mitgewirkt. Da geht es um 83 Grundwassermessstellen, 21 Niederschlagsmessstellen, die Ausrüstung der Schöpfwerke und um die Oberflächenpegelmessung. Das haben wir alles 2012 / 2013 installiert und in Betrieb genommen und ab dem 1. Januar 2014 haben wir unsere Statistik begonnen.
Nun kann man das alles vom PC überblicken. Wir sehen die Schöpfwerke, haben die Datenfunküberwachung und die Messstellen, von denen wir jeden Tag unsere aktuellen Werte bekommen. Sollte irgendwo eine Störung vorliegen, wird das zeitnah per SMS an den entsprechenden Mitarbeiter weitergeleitet.
Aus den Daten, die wir hier gewinnen, wird auch unsere Website versorgt. Da werden Tabellen erstellt, die automatisiert alle 30 Minuten aktualisiert werden. Der Wochenbericht wird dann von mir manuell erstellt. Wir machen jede Woche eine Beratung, in der wir uns über die hydrologischen Verhältnisse unterhalten. Da spielen nicht nur die Daten aus dem Oderbruch eine Rolle, sondern wir beziehen das ganze Einzugsgebiet der Oder mit ein.
Dafür nutzen wir weitere Messpunkte, die Indikatoren für kommende Veränderungen sein können. Und hier spielen auch die Erfahrungen der älteren Kollegen eine Rolle.
Beim Grundwasser haben wir noch keine Langzeitdaten, da sammeln wir noch fleißig. Bei den Niederschlagsmengen beziehen wir die Daten der letzten drei Jahre mit ein.
Wir schauen uns zum Beispiel auch das Riesengebirge an, wie sind die Schneehöhen, was gab es dort für Niederschläge. Wir nutzen die Daten vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA), wobei besonders interessant für uns die Eislagen sind. Friert die Oder zu, steigt das Wasser und wir können Eisversetzungen bekommen, die dann den Abfluss des Wassers behindern. So etwas kann eine Kettenreaktion auslösen.
Wir lassen uns jeden Tag per Mail die Oderwasserstände schicken, also die Pegelinfo von Frankfurt (Oder) und Kienitz. All das wird in unsere Datenbank eingearbeitet. Solche Schnittstellen gibt es auch mit dem Landesamt für Umwelt (LfU), die haben ja auch viele Messstellen. Das kann jeder im Internet anschauen, sogar die Informationen, wo die Eisbrecher gerade unterwegs sind.
Das Oderbruch ist ja etwas speziell hinsichtlich der Geländehöhen, also der Pegel der Oder ist sogar bei Niedrigwasser höher als das Gelände. Dadurch haben wir ständig einen Drängewasserzustrom. Hinzu kommt die Neigung nach Norden und Westen. Das sind an die 13 oder 14 Meter.
Schlussendlich geht es um eine Optimierung des Schöpfwerksbetriebes. Das bedeutet, Energie zu sparen, einen optimalen Schöpfwerksbetrieb zu fahren, also nicht auf Teufel komm raus zu pumpen, sondern auch in solchen Phasen wie in den letzten zwei Jahren, wo es eher zu wenig Niederschläge gab, das Wasser in der Landschaft zu halten, Schöpfwerke, wo es möglich ist, über die freie Vorflut laufen zu lassen, wobei die Pumpen ausgeschaltet werden und das Wasser frei durch einen Bypass laufen kann.
Es wurden auch viele Sanierungsmaßnahmen durchgeführt, bei denen zum Beispiel die Sohlaufhöhung durch eine Entschlammung der Gewässer entfernt wurde. Dadurch normalisieren sich die Wasserstände und wir können die Schöpfwerke wieder anders bewirtschaften, eben z. B. einen Freiauslauf betreiben. Alle Schöpfwerke sind mit Einschalt- und Ausschaltpegeln ausgestattet.
Das ist ein autarkes Managementsystem, bei dem man zusätzliche Parameter wie einsetzenden Regen bei ohnehin schon hohem Grundwasserstand mit einfließen lassen kann. So können wir das Wasser präventiv abfördern, wenn klar ist, dass die Niederschläge abgefangen werden müssen.
Für die Landesschöpfwerke sind wir nicht zuständig, die Verantwortung liegt beim Landesamt für Umwelt.
Von Hohensaaten bis zum Stettiner Haff gibt es nur noch ein sehr geringes Gefälle. Bei Sturm aus Norden drückt dadurch das Wasser bis zu uns rein, die Pegel steigen deutlich merkbar, hier staut sich alles ein. Deshalb müsste es eigentlich in Hohensaaten noch ein Schöpfwerk geben. Liegt aber nicht in unserer
Verantwortung, sondern in der des Landes.
Die Vorfluter müssen immer wieder ertüchtigt werden. Es wurde nach dem Binnenhochwasser 2010 ein Programm zur Verbesserung des Zustandes der Vorfluter aufgelegt. Und es wurde ja auch schon einiges gemacht da. Das merkt man an den Wasserständen. Aber es muss weiter dran gearbeitet werden. Das betrifft die Wriezener Alte Oder, Teile der Volzine, also die ganzen großen Wasseradern, die durchs Oderbruch laufen, die müssen weiter ertüchtigt werden.
Wir leiten ja auch eine ganze Menge Wasser in die Landschaft rein. In Reitwein und Güstebiese mit den Durchleitern und in Kienitz mit dem Heber wurde in den letzten, eher trockenen Jahren eine Menge Wasser reingeholt. Das wird immer in Rücksprache mit dem LfU entschieden.
Das Wasser aus den Gräben wird zum Teil für die Bewässerung der Felder benutzt. Da melden sich die Landwirte schon und wir lassen den Pegel halt etwas ansteigen, sodass sie ausreichend Wasser zum Beregnen haben. Das wird genau abgesprochen, wie viel Wasser zur Verfügung gestellt werden soll und durchaus auch mal etwas hingepumpt.
Aus: Wasser – Fotografien von Stefan Schick und Ulrich Seifert-Stühr und Berichte zum Thema Wasser im Oderbruch. Werkstattbuch 2, Aufland Verlag 2017