Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft
Teilnehmer der Sommerschule 2013 in Wilhelmsaue

Sommerschule zur Landschaftskommunikation 2013 – 12.05.-17.05.2013

Präsentiert beim Randthema Nr. 29 im Theater am Rand in Zollbrücke am 16.05.2013

Das Oderbruch wandelt sich rasant, kaum noch zu zählen sind die Windräder, Biogas- und Photovoltaikanlagen.  Schwerer zu erkennen ist, dass sich unterdessen auch das Lebensgefühl der Menschen ändert. Studentinnen und Studenten der TU Dresden (Institut für Landschaftsarchitektur) und der Hochschule Osnabrück (Fachgebiet Landschaftsplanung & Regionalentwicklung) befragten in unserer Sommerschule verschiedene Oderbrücher nach ihren Erfahrungen, Erwartungen, Ängsten und Hoffnungen in der Energiewende. Lässt sich diese Prozess gestalten und zu einer eigenen Sache machen? Oder sind die Menschen einer von außen gelenkten Entwicklung ausgeliefert?

Die Sommerschule ist Teil des Forschungsvorhabens des Bundesamtes für Naturschutz „Den Landschaftswandel gestalten. Potenziale der Landschafts- und Raumplanung zur modellhaften Entwicklung und Gestaltung von Kulturlandschaften vor dem Hintergrund aktueller Transformationsprozesse“. Ihre Ergebnisse wurden im Theater am Rand am 16. Mai 2013 öffentlich präsentiert und zur Diskussion gestellt.


Zitate

Gesprächsprotokolle

Im Folgenden werden Protokolle einzelner Gespräche wiedergegeben, die die Studenten geschrieben haben, um die verschiedenen Sichtweisen zu dokumentieren. Sie geben ein vitales Bild der Vielfalt an Zugängen zum Thema Energiewende.

Zum Lesen bitte die Überschriften der einzelnen Beiträge anklicken.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Dr. Dietmar Barkusky, Regionalrat des Kreises Märkisch Oderland in der Regionalen Planungsgemeinschaft Oderland-Spree

Als Mitglied der Kreistagsfraktion der Partei Die Linke wurde Dr. Barkusky vom Kreistag Märkisch Oderland zum Regionalrat berufen und arbeitet im Ausschuss „Natur und Umwelt“ des Gremiums mit. Die Regionale Planungsgemeinschaft begleitet kreisübergreifende, regionale Planungen.

Dr. Dietmar Barkusky studierte Pflanzenernährung an der Staatlichen Landwirtschaftlichen Timirjasew-Universität in Moskau und promovierte in den 1980er Jahren zum Thema „Bodenschutz“ im Forschungszentrum für Bodenfruchtbarkeit in Müncheberg. Heute leitet er die Forschungsstation des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg.

Ein sehr wichtiges Thema der letzten Jahre ist in der Regionalen Planungsgemeinschaft, so erläuterte er, der Sachliche Teilregionalplan Windenergienutzung, der bis zur Bestätigung durch die Regionalversammlung von seinen Ausschüssen begleitet wird. Sehr wichtig ist dabei die Berücksichtigung so genannter harter und weicher Kriterien für die Schutzgüter (Mensch, Natur, Umwelt) zur Ausweisung von geeigneten Flächen. Von besonderer Bedeutung war die Definition der Abstände von Windkraftanlagen zu bebauten Gebieten, um gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Lärm und Schattenschläge weitgehend auszuschließen. Als Eignungskriterium unzureichend berücksichtigt wurden bisher die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und die daraus resultierenden Folgen für Lebensqualität. Gemeinden wie Zeschdorf in Märkisch Oderland lehnen sich zu Recht dagegen auf, dass sie von Eignungsgebieten förmlich umzingelt werden, sollte der vorliegende Entwurf des Planes Gesetzeskraft durch die Regionalversammlung erlangen.

Ebenso findet nach seiner Auffassung der Faktor Boden als ein zu schützendes Gut unzureichend Beachtung, was scheint allerdings bei Bauleitplanungen generell der Fall zu sein scheint. Gesetzlich vorgeschriebene Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen wiegen den Verlust an wertvollem Boden nicht auf. Wirtschaftliche Interessen dominieren häufig bei den Entscheidungen. Etwa zwei Prozent der Fläche des Landes Brandenburg, das sind ca. 555 km², werden für die Ausweisung von Eignungsgebieten für Windkraftanlagen benötigt. Diese Fläche geht natürlich nicht verloren. Doch auch der Bau von Windkraftanlagen führt zum Verlust an nutzbarem Boden durch die Anlage selbst und durch den Wegebau. „Gute Böden muss man schützen, man darf sie nicht überbauen.“

Insgesamt ist die Windenergiebranche ein hart umkämpfter Markt. Die Kommunen spüren den Druck von Investoren, die geeignete Flächen für sich sichern wollen, ehe der Teilregionalplan Windenergienutzung mit strengeren Auflagen als bisher Gesetzeskraft erlangt. Es ergeben sich aber auch Chancen für die Gemeinden, mit der Energiestrategie zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen, zum Beispiel durch Beteiligung an Investitionen in Windkraftanlagen. Das Energien-Einspeisegesetz (EEG) bieten Sicherheiten, so dass selbst finanzschwachen Kommunen Kredite für Investitionen ermöglichet werden sollten.

Was die Bioenergie betrifft sieht Dr. Barkusky Großinvestoren von Biogasanlagen problematisch, die vor allem auf Gewinnmaximierung ausgelegt sind. Die Kommunen partizipieren davon kaum und müssen Nachteile, die mit dem Betreiben großer, gewerblicher Anlage verbunden sind, in Kauf nehmen. Anders verhält es sich, wenn Biogasanlagen integrierter Bestandteil des Agrarbetriebes sind, bei dem z.B. anfallende organische Dünger aus der Tierhaltung in sinnvoller Weise für die Vergärung in Biogasanlagen eingesetzt werden und die Gärreste auf die eigenen Ackerflächen zurück gelangen.
Generell aber hat die zunehmende Biogasproduktion negative Seiten, die Konflikte provozieren. Zu beobachten ist z.B. eine deutliche Zunahme des Maisanbaus. Die Integration von Energiepflanzen, z. B. Mais, kann da zur guten fachlichen Praxis etwas beitragen, indem viel zu enge Fruchtfolgen aufgelockert werden. Eine zu hohe Konzentration des Maisanbaus ist hingegen kritisch zu bewerten. Als Ganzpflanze geernteter Mais ist ein Humuszehrer. Wird noch dazu das Stroh des Getreides, das in der Fruchtfolge steht, vom Feld genommen, z.B. für die Energiegewinnung, kann das eine Humusverarmung des Ackerbodens verursachen. Der Landwirt ist aber nach dem Bundesbodenschutz verpflichtet, die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten; es sollte eigentlich auch in seinem eigenen Interesse sein, dieses zu tun. Beachtung findet das flächenkonkret jedoch nicht grundsätzlich. Die hohe Konzentration des Maisanbaus in einigen Regionen beeinträchtigt noch dazu das Landschaftsbild beträchtlich. Die Lebensqualität für die im ländlichen Raum lebenden Menschen und die touristische Attraktivität der Landschaft leiden darunter, Konfliktpotenziale häufen sich.

Eine überstrapazierte Umsetzung der Energiestrategie hat letztlich auch globale politische Auswirkungen. Sie führt zu indirekter Landnahme, d.h. es werden zur Sicherung der Ernährung der eigenen Bevölkerung Ackerflächen in anderen Ländern beansprucht. Das wird sehr häufig nicht zur Kenntnis genommen.

Die Solarenergienutzung auf Ackerland würde die Konkurrenz von Nahrungsmittel- und Energieproduktion weiter fördern. Dazu meint Dr. Barkusky: „Solarnutzung auf Ackerland ist grundsätzlich zu verbieten. Anlagen auf Konversionsflächen hingegen sind sinnvoll.“
Sehr häufig mangelt es an einer komplexen, ganzheitlichen Betrachtung bei der Umsetzung von Energieprojekten von Seiten der Planer, Investoren und der politischen Entscheidungsträger, die die gesetzlichen Rahmenbedingungen vorgeben. Sicherlich ist eine komplexe Betrachtung von Bauvorhaben, über die Kommunalpolitiker zu beraten und mitunter zu entscheiden haben, nicht leicht. Die Kommunalpolitiker sind da gelegentlich auch überfordert.

Wünschenswert wäre es, hob Dr. Barkusky abschließend hervor, wenn ausschließlich in den betrieblichen Kreiskauf integrierte Biogasanlagen förderfähig und privilegiert sein würden. Bei Bauvorhaben wie Biogas- und Windkraftanlagen sollte durch ganzheitliche Betrachtung die Vor- und Nachteile hinreichen diskutiert und die Folgewirkungen herausgearbeitet werden, um sachkundig abwägen zu können.

Bei der Umsetzung der Energiestrategie sollte in viel stärkerem Maße als bisher der Fokus auf die Einsparung von Energie gerichtet werden. Auch sollten verstärkt Möglichkeiten zur dezentralen Energiegewinnung und -speicherung stärker erforscht werden, um den Ausbau einer dezentralen Energieversorgung bis hin zu energieautarken Energieregionen zu fördern.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Ulrich Köhler

Ulrich Köhler lebt seit seiner Geburt im Oderbruch und ist mit seiner umgebenen Landschaft, seiner Heimat, verwachsen. Diese ist ihm ans Herz gewachsen, sodass es ihm wichtig war und ist, sich mit ihr auseinander- und für sie einzusetzen. In der Vergangenheit führte es dazu, dass er acht Jahre lang als Bürgermeister im Dorfleben in Neuküstrinchen mitwirkte und heute Mitglied im Gemeindekirchenrat ist.

Eine seiner wichtigsten Einflussnahmen war bis heute die „Einführung der Windenergieanlagen“ in die Oderbruch-landschaft. Denn 1995 brachte er, vollauf begeistert von der bahnbrechenden Technik und den Chancen der Windenergie, die erste „Windmühle“ in die Region. Für ihn als „Windpionier“ war es auch nur die erzeugte Geräuschkulisse der Anlagen, welche ihn anfänglich an seiner Handlung verunsicherte. Doch heute hat er sich an das Bild und die rauschenden Klänge gewöhnt.

Dennoch ist für ihn die weitere Zunahme der Windenergieanlagen in der Landschaft des Oderbruchs nicht der richtige Weg. Auch wenn „man sie schön finden kann“ und sie natürlich auch eine „sauberen Energie erzeugen“, passen sie für ihn nicht in die offene und weitläufige Landschaft. In der Masse wiederum stellen sie für ihn ein schönes Bild dar und auch momentan standardgemäß sehr große Anlagen stören ihn nicht in seiner Wahrnehmung, „denn da könne man ja drunter durchschauen“. Den damit oftmals verbundenen Aspekt der heutigen sehr hohen Pachteinnahmen der Landbesitzer empfindet er jedoch als schlechte Entwicklung, denn bei entsprechenden Summen, „falle ja wohl jeder um“.

Zu den derzeit bekannten erneuerbaren Energiealternativen, betrachtet er die Produktion von Biogas als „absolutes Minus“, da darunter vor allem Gemeindestraßen litten und er auch die landschaftliche Monotonisierung durch den verstärkten Maisanbau damit verbunden sieht. Während Solaranlagen von ihm als gut bewertet werden, wenn nicht beispielsweise andere Flächennutzungen, wie Wälder weichen müssen.

Trotz der ehemals mit dem Fortschritt bringenden verbundenen Begeisterung, die auch heute noch beim Erzählen der „Geschichte des allerersten Windrades für das Oderbruch“ hörbar wird, sind es derzeit sowohl die technischen als auch strukturellen Prozesse in Verbindung mit der Entwicklung von erneuerbaren Energien, die ihn als lokalen Akteur überfordern.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Martin Merk in Wulkow

Der gebürtige Schweizer Martin Merk, der in der Schweiz als kommunaler Energieberater tätig war, lebt seit 20 Jahren in Wulkow. Seine Ambition in den 90er Jahren nach Deutschland zu kommen, lag in der Tatsache, dass das Interesse am Ausbau erneuerbarer Energien zu jener Zeit in der Schweiz stagnierte, wodurch ihm in diesem Berufsfeld die Vielseitigkeit fehlte. „Es war langweilig, denn die Themen waren geklärt.“ Durch seine Tätigkeit an der TU Berlin lernte er die Region des Oderbruchs kennen. Nachdem er in einem Schweizer Zeitungsartikel von dem Projekt der ökologischen Dorfentwicklung las, entschloss er sich, nach Wulkow zu ziehen, um hieran mitzuwirken. Die Zielsetzung des Projektes ist, das Dorf mit seinen Bürgern zu erhalten und weiter zu entwickeln, um der Abwanderung der Bevölkerung entgegenzuwirken. Dieses geschieht durch soziales Engagement, Umweltbildung und Umweltinitiativen im Dorf Wulkow.

So lässt sich beispielhaft ein Projekt nennen, welches im Jahr 2012 in Leben gerufen wurde. Hierbei wurde versucht, durch ein soziales Netzwerk der älteren Bevölkerung eine Perspektive durch z.B. Fahrdienste im Dorf zu ermöglichen. Auch gibt es den Versuch, durch Kurzumtriebsplantagen Energie zu gewinnen sowie eine vereinseigene Photovoltaikanlage.

Die Finanzierung des Vereins erfolgt über die Vermietung eines Ferienhauses, welches aufgrund seines Aussehens „Ufo“  genannt wird und durch die Einbindung von Unternehmen in bereits umgesetzte Projekte, wie einer ortsansässigen Kneipe und eines Bioladens. „Ökonomie ist genauso wichtig wie Ökologie!“

Aus Sicht des gemeinnützigen Vereines sagt Herr Merk, dass es wichtig ist, praktisch, also durch Arbeitseinsätze aktiv zu sein, um gekoppelt an das Wissen und den Intellekt in die richtige Richtung zu agieren. Um die Gemeinschaft zu stärken, brauche es ein „Belohnungssystem“, in dem ehrenamtliche Mitarbeiter durch zum Beispiel gemeinschaftliche Feiern oder Zusammentreffen weiter motiviert werden.

Angesprochen auf die Frage der erneuerbaren Energien im Oderbruch antwortet Herr Merk: „Mich stört die überflüssige Verschandelung“. So kritisiert er nicht Windkraftanlagen an sich, sondern z.B. die Warnbeleuchtung und rote Bemalung der Flügel von Windkraftanlagen, die sich in seinen Augen durch andere technische Lösungen (Transponder und Decoder) einfach vermeiden ließen. Es sollte zuerst der Fokus auf die Netzintegration von Windenergieanlagen und Speichermöglichkeiten gelegt werden, bevor man stetig neue baut.

Er kritisiert, dass bei dem Ausgleich von Eingriffen in die Landschaft lediglich die Naturschutzbelange ausgeglichen werden.  So würde er sich auch eine Förderung der Bevölkerung beispielsweise durch Umfeldverbesserung oder Umweltbildung wünschen.
Die Behörden betrachten bei dem Bau von Windrädern immer die Rote-Liste-Arten, obwohl die Tendenz besteht, dass die Menschen hier in Ost-Brandenburg zur Rote-Liste-Art werden könnten.

Das Oderbruch ist für Herrn Merk eine weite, unverbaute Landschaft, ganz anders als in seinem Herkunftsland, der Schweiz. Durch die Zunahme der WEA, großer PV-Freiflächenanlagen und Maismonokulturen wird die Landschaft aber maßgeblich verändert. Das zu gewinnende Kapital erscheint meist lukrativer als die Erhaltung des Landschaftsbildes.

Insgesamt habe sich der Bereich der erneuerbaren Energien in den vergangenen 25 Jahren gewandelt. „Früher dominierte eine energetisch-ökologische Denkweise, heute eine kapitalistische“.

Als ein sehr reflektierter, realistischer und lösungsorientierter Mensch sagt Herr Merk ganz deutlich, dass Entwicklung Zeit braucht. In seinem Verein setzt er nicht ausschließlich auf Energie, sein Bestreben besteht besonders darin, ein hohes bürgerschaftlichen Engagement anzukurbeln, um die Bindung der Bürger zu Ihrer Heimat zu stärken. Dabei sind dezentrale Lösungen unter Einbindung aller Interessen ein ausschlaggebendes Kriterium. Herr Merk versucht auf verschiedenen Wegen Wulkow und die Region zusammenzuhalten und voranzubringen. Dabei denkt er stets gemeinschaftsorientiert.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Helga Scholz in Altmädewitz

Frau Scholz wohnt seit 1952 in Mädewitz und ist dort Gemeindevertreterin, von 1978 bis zur Wende war sie dort hauptamtliche Bürgermeisterin.

Sie fühlt sich berufen, für die Bürger da zu sein. Zuletzt ging es um den Bau eines Radweges, der für die Sicherheit der Bürger sorgen soll. Zu diesem Thema hat sie eine sehr bewegende Rede in der Gemeindeversammlung gehalten.

Die Veränderungen im Dorf und seiner Umgebung beobachtet sie genau. In unmittelbarer Umgebung existieren zwei Entenmastbetriebe und eine Broilermastanlage wird gebaut.

Die Entenmastanlagen grenzen an ihr Grundstück. Eine neue Biogasanlage wird in ihrer Nähe entstehen. Zu ihrem Anschluss wird dann eine neue Straße gebaut. Frau Scholz ist verärgert. Denn der Investor gibt viel Geld für eine neue Straße aus, aber es fehlt das Geld für einen Radweg, der den Bürgern zu gute kommen würde.

Weiterhin ist ein Windpark in der Nähe des Ortes geplant. Frau Scholz ist nicht gegen Windkraft, sie hält erneuerbare Energien sogar für notwendig, jedoch sollten sie ihrer Meinung nach dort gebaut werden, wo sie hinpassen.

Sie genießt gerne den Blick auf die Landschaft, die vielen Farben und das Gezwitscher der Vögel. Jeden Tag ist Frau Scholz mit dem Hund unterwegs und sie freut sich immer wieder, denn jeden Tag sieht sie ein anderes Bild in der Landschaft. Sie würde daher gerne ein Stück des ursprünglichen Oderbruchs erhalten. Bereits die Mastbetriebe veränderten das Landschaftsbild zum Negativen und auch die Windräder würden eine erhebliche Beeinträchtigung in der Landschaft bewirken. „Stellen sie sich die Spargel mal hier zwischen vor“.

Die Abgeordneten sitzen weit weg und treffen dennoch Entscheidungen über das Dorf und die Landschaft, die es umgibt. Die Bürger im Ort fühlen sich machtlos, akzeptieren jedoch die Entscheidungen, denn: „Der Staat will es so!“
Frau Scholz sieht sich manchmal als eine Einzelkämpferin und findet es schade, dass das Engagement bei vielen Bürgern fehlt, für die sie sprechen soll. Sie ist darauf bedacht, ein Maß zu finden, mit dem alle zufrieden sind, ohne einen Streit unter den Bürgern zu erzeugen. Das ist im Einzelfall jedoch schwer. Ihr Anliegen ist: Bei all den Veränderungen, die in der Landschaft um sie herum geschehen, müsse auch etwas für die Bürger und ihr Wohl geschaffen werden.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Jens Lüdecke

Der Tourismusmanager Jens Lüdecke lebt und arbeitet seit 10 Jahren in Bad Freienwalde. Anlagen von Erneuerbaren Energien befinden sich lediglich im Umland und haben somit keine direkten Auswirkungen auf die Stadt. Eine persönliche Betroffenheit besteht demnach für Herrn Lüdecke nicht.

Seiner Meinung nach stellen Biogas- und Photovoltaikanlagen eine geringe Belastung dar, Windräder hingegen sind deutlich wahrnehmbar, sowohl optisch als auch akustisch. Vor allem aufgrund des Geräuschpegels stellt er fest, dass „es furchtbar sein muss für Menschen, neben einer solchen Anlage zu wohnen“. Potenzielle Wohnstandorte im Umkreis der Anlagen werden immens abgewertet.

Vor allem für westdeutsche Touristen waren die noch unverbaute Landschaft und die vielfach unversiegelten Flächen, die sie im Oderbruch nach der Wiedervereinigung vorfanden, ein prägnantes Merkmal. Mit der stetigen Zunahme der Eingriffe in die Landschaft vor allem durch Windräder ging dieses Alleinstellungsmerkmal des Oderbruchs verloren. „Nirgendwo gibt es kein Windrad, man könnte schon Werbung damit machen, wenn man keins hätte“. „Mit den Windrädern haben wir uns ein gutes Stück der unverbauten Landschaft nehmen lassen“.

Schade ist, dass vom Energie produzierenden Gewerbe wenig Geld hier in der Region verbleibt; da es sich meist um ortsfremde Investoren und Betreiber handelt, fließt faktisch keine Gewerbesteuer ins Oderbruch. Zusätzlich „entstehen Windräder dort zuerst, wo wenig Geld ist, da die Menschen eher bereit sind, ihre Flächen zu verpachten, so fließt wenigstens etwas Geld in die kommunalen Kassen“. Versprechungen der Investoren, Struktur verbessernde Maßnahmen wie z.B. kostspielige Sanierungen umzusetzen, begünstigen darüber hinaus die Bereitschaft der Gemeinden, Eingriffe in das Landschaftsbild durch Windräder zuzulassen.

Auswirkungen der Erneuerbaren Energien auf den Wirtschaftsfaktor Tourismus sind vorläufig nicht zu verzeichnen, allerdings aufgrund fehlender Rückmeldungen auch schwer messbar. Touristen, die sich in landschaftlichen Räumen bewegen, rechnen heutzutage allgemein damit, auf Anlagen der Erneuerbaren Energien zu treffen. Lediglich das gänzliche Fehlen von Windrädern wäre ein starkes Alleinstellungsmerkmal, mit dem sich werben ließe.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Zu Besuch bei der E.ON Edis – Herr Krinke und Herr Brabandt

Herr Krinke und Herr Brabandt sind beim Netzbetreiber E.ON Edis als Leiter der Bereiche Netzservice und Netztechnik tätig. Das Unternehmen betreibt die Stromtrassen und Umspannwerke im Raum des Oderbruchs und ist insofern auch Abnehmer von erneuerbaren Energien aus der Region. Die beiden Ingenieure sind seit Jahrzehnten im Energiebetrieb tätig und haben vor allem die Automatisierung der Regelanlagen begleitet.

Das wichtigste Kriterium ihrer Arbeit sehen Krinke und Brabandt in der Gewährleistung der Netzstabilität und damit einer verlässlichen und ausreichenden Versorgung der deutschen Wirtschaft und der Privathaushalte mit Strom. Diesem, einem Berufsethos gleichenden Bestreben, stehen die wirtschaftlichen Interessen der Energiewirtschaft entgegen, seit diese aufgeteilt und privatisiert wurde. Mit dem EEG taucht in diesem Spannungsfeld noch eine dritte Komponente auf, die in ihrer derzeitigen Wucht gleichermaßen die Wirtschaftlichkeit und den Versorgungsauftrag gefährdet.

So würde zur Zeit ein deutlicher Überschuss an „grünem Strom“ in der Region produziert, der dann in die großen Verteilernetze von Deutschland gespeist werden muss, um andernorts einen Abnehmer zu finden. Trotzdem sei mehr als die doppelte Menge an grünem Strom für die Region in Planung, die dann zusätzlich anfiele. „Wir sind längst keine Stromversorger mehr. Wir sind Stromentsorger!“ Dass der produzierte Ökostrom nicht immer im dem Moment, in dem er anfiele, auch gebraucht würde, führt dazu, dass Windparks und Solaranlagen ausgeschaltet werden müssen, um eine Netzüberlastung zu verhindern. Der Stromfluss aus regenerativen Energien ist hohen Schwankungen unterworfen. Eine vorüberziehende Wolke kann bei einem größeren Solarpark zu einem Leistungsabfall in der Größenordnung eines kleinen Kraftwerkes innerhalb von Sekunden führen und das Abflauen oder Fehlen von Wind lässt ganze Windparks stillstehen. Fallen erneuerbare Energieanlagen aufgrund von Witterung aus oder müssen wegen drohender Netzüberlastung gestoppt werden, müssen fossile Kraftwerke in Bereitschaft gehalten werden, um die Netzstabilität zu gewährleisten. Diese Kraftwerke sind wiederum weder in ihrer Konstruktion noch in den Hochfahrzeiten für einen flexiblen Betrieb ausgestattet. Sie wurden für eine kontinuierliche, hohe Auslastung gebaut und sind auch nur so wirtschaftlich zu betreiben. Selbst die modernen, relativ flexiblen Gaskraftwerke sind unzureichend im derzeitigen System verankert.

Ein großes Problem sind außerdem nach wie vor die ineffektiven Stromspeichermöglichkeiten, die die flexible Nutzung und das Abschöpfen von Überschüssen der alternativen Energieanlagen ermöglichen würden.

Diese Inkompatibilität des Stromnetzes mit den angeschlossenen alternativen Energiequellen resultierte aus der rasanten und planlosen Umsetzung von erneuerbaren Energieproduktionsanlagen im Bundesgebiet. Hier gehe es nicht nur um fragwürdige Umverteilungen, die im Bau von Energieanlagen resultieren, welche für die Region eigentlich zu hoch dimensioniert sind und die nicht bei den Netzbetreibern ankommen, es gehe auch um die Verteilung von Kosten und Nutzen des Netzausbaus auf die deutschen Regionen. Der Netzausbau wird von der ansässigen Bevölkerung und Industrie in jenen Regionen über den erhöhten Strompreis getragen, in denen durch erneuerbare Energien ein Stromüberschuss produziert wird. Hier müsse das Netz ausgebaut werden, um die flächig verteilten Energieanlagen anzuschließen und die Energie zu bündeln. Die Nutznießer des exportierten grünen Stroms bekämen diesen zu einem vergleichsweise billigen Preis, da ihr regionales Netz keines Ausbaus bedarf; es sei ja bereits auf die Verteilung des Inputs auf die verschiedenen Abnehmer ausgelegt. Dieser Mechanismus verhindere auch, dass sich stromintensive Industrien in Gegenden ansiedeln, in denen der Strom produziert wird.

Eine dezentrale Nutzung der Netze sei keine ernsthafte Alternative, da die effiziente Nutzung von erneuerbaren Energien immer eine große Fläche und damit ein weites Netz aus potenziellen Energieproduzenten voraussetze. Nur so könne man die Unwägbarkeiten durch lokal und temporär begrenzte ungünstige Verhältnisse ausgleichen. „Irgendwo weht immer Wind, irgendwo scheint immer die Sonne.“ Ein europaweites Netz mit effizient platzierten Anlagen (Windenergie auf Höhenrücken, Sonnenenergie in südlichen Gebieten) und einer nicht nur auf Gewinn, sondern ausdrücklich auf den Versorgungsauftrag ausgerichteten staatlichen Betreibergesellschaft, würde es in den Augen von Herrn Brabandt und Herrn Krinke ermöglichen, Privathaushalte und Industrie ausreichend, sicher und nachhaltig mit Energie zu versorgen.

In der derzeitigen Situation fehle der gesellschaftliche Konsens und es herrsche eine Atmosphäre des Egoismus. An der Vorreiterrolle der erneuerbaren Energien könnte die Bundesrepublik aufgrund der hohen Investitionen in die Entwicklung volkswirtschaftlich zugrunde gehen. „Wir sind die Vorreiter mit großen Schmerzen“. Eine gemeinsame und gezielt auf die Verbesserung bestimmter Technologien ausgelegte Anstrengung der europäischen Staatengemeinschaft halten Krinke und Brabandt für Erfolg versprechender. Nur so seien die hohen Forschungskosten zu stemmen und die Schaffung eines Energienetzes möglich, welches genügend klimatischen Raum zur Verfügung hat, um regenerative Energien effektiv zu nutzen.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Uwe Hädicke ist Bevollmächtigter Geschäftsführer der Airport Development A/S in Neuhardenberg.

Uwe Hädicke ist Bevollmächtigter Geschäftsführer der Airport Development A/S in Neuhardenberg. Hier entstand 2012 der größte Solarpark Deutschlands, der durch die Airport Development A/S verwaltet wird. Burkhard Stolz ist Bauleiter bei Airport Development A/S.

Für den ehemaligen Militärflughafen Neuhardenberg wurde nach alternativen Nutzungsmöglichkeiten gesucht. Nachdem die Realisierung eines Verkehrsflughafens gescheitert war, stellte sich als sinnvollste Lösung die Verpachtung der Flächen zur Nutzung als Solarpark heraus. Durch die Pachteinnahmen, die für zwanzig Jahre im Voraus abgezinst an Airport Development gezahlt wurden, wurde die Dekontaminierung von militärischen Restbeständen finanziert.

Aufgrund der im September 2012 auslaufenden Subventionen für Solarparks in dieser Größenordnung wurde innerhalb eines halben Jahres von Seiten der Airport Development, der zuständigen Behörden und der Investoren der 240 ha große Solarpark genehmigt und gebaut. Ohne die Subventionen aus dem EEG wären der Bau des Solarparks und der Betrieb wirtschaftlich nicht rentabel gewesen. Deshalb war die Umsetzung der Baumaßnahmen, die nur fünf Wochen in Anspruch nehmen durften, und die Inbetriebnahme der Solarfelder bis zum Stichtag 30. September 2012 zwingend notwendig.

Heute weist der Solarpark eine Leistung von 145 MW auf, womit 49.000 Haushalte mit Strom versorgt werden könnten. Herr Hädicke beschreibt jedoch das aktuelle Problem, dass nur 80 MW maximal in das öffentliche Netz eingespeist werden können, da bisher ein entsprechendes Umspannwerk fehlt. Spätestens bis 2017 soll dieses errichtet werden. Dringend wird eine Lösung zur Speicherung von 40 bis 50 MW gesucht. Zur Zeit werden können nur 10 bis 20 MW eingespeist werden.

Neben dem Solarpark wird der Flughafen weiterhin für Privat- und Sportflugzeuge genutzt, mit der Option zum Ausbau als Verkehrsflughafen für Großflugzeuge.

Die Flieger nehmen die Solarfelder aus der Luft wie eine Verlängerung des Kietzer Sees wahr und berichten über thermische Unterschiede zur Situation vor der Solarnutzung. Vermehrt wurden Vogelschwärme beobachtet, insbesondere Gänse, die den Solarpark offenbar mit dem See verwechselten, berichtet Burkhard Stolz. Trotz des gewöhnungsbedürftigen Anblicks aus der Luft ist der Solarpark vom Land aus in seiner Größe kaum wahrnehmbar. Generell wird von einer großen Akzeptanz des Solarparks ausgegangen, da die wirtschaftlichen Vorteile überwiegen. Neuhardenberg profitiert von der anfallenden Gewerbesteuer, lokale Transportunternehmen, Einzelhändler und Dienstleister ziehen ebenfalls Nutzen aus der Situation. Geplant ist die Anlage von Lärmschutzmaßnahmen, um direkte Anwohner vor dem auftretenden Pfeifton der Wechselstromrichter bei Höchstleistung zu schützen. Enttäuschend sei der Umgang mit den von einem Investor geschenkten Solarpanels an die Gemeinde. Statt eines beispielhaften Einsatzes auf Schuldächern und Verwaltungsgebäuden, kommen diese nicht zum Einsatz. Grund sind juristische und bürokratische Hürden.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Christian Leupelt

Christian Leupelt, Mitte 30, betreibt zusammen mit seinem Vater Ulrich Leupelt einen landwirtschaftlichen Betrieb zur Saatgutvermehrung und bewirtschaftet als Lohnunternehmer auch Flächen anderer Landwirte. Er war drei Jahre in der Lehre, zwei Jahre in der Fachschule und ist seit 1999 mit seinem eigenen Betrieb wieder auf dem heimatlichen Hof im Oderbruch. Beide Betriebe bauen zur Saatgutvermehrung Raps, Weizen, Gerste und Erbsen an. Eine weite Fruchtfolge ist ihnen wichtig.

Christian Leupelt ist im Oderbruch aufgewachsen und schätzt besonders die weite Ebene mit den umgebenden Höhen. „Sowas findet man nicht noch einmal. Die Landschaft ist schon einmalig und faszinierend.“ Deshalb fährt er besonders gerne zur Neuen Oder, weil man dort den Höhen­unter­schied besonders gut sieht. Er ist der Meinung, dass diese schöne Landschaft erhalten werden sollte. Die Windräder stören ihn dabei eher weniger. Er weist aber darauf hin, dass vermieden werden sollte, große landwirtschaftliche  Flächen durch Windräder oder Zuwegungen zu zerschneiden.

„Wenn ich die sehe und die drehen sich, dann weiß ich, da wird saubere Energie produziert.“ Christian Leupelt ist den erneuerbaren Energien gegenüber sehr offen eingestellt. In Kooperation mit seinem Vater baute er schon 2005, als einer der Ersten im Oderbruch, Photovoltaikanlagen auf  Betriebs­gebäude. Auch in Biogas sieht er eine Chance für die Landwirte, wenn kurze Wege einge­halten werden und wenn ein lokaler Kreislauf hergestellt wird. Das beinhaltet, dass Energieträger für die Biogasanlage von den Betrieben vor Ort stammen und die Gärsubstrate wieder auf die Felder ausgebracht werden. In der Gemeinde Oderaue ist dies aber nur bedingt möglich, weil der Boden bereits eine hohe natürliche Versorgungsstufe mit Phosphor hat. Bei der Ver­­wertung von Hühner­mist in der Biogasanlage würde das Gärsubstrat noch größere Mengen Phosphor enthalten und dürfte deswegen auf vielen landwirtschaftlichen Flächen in der Gemeinde nicht ausgebracht werden.

Christian Leupelt sieht es grundsätzlich so, dass erneuerbare Energien gebraucht werden. Die Akzeptanz in der Gemeinde für den Bau von Wind- und Biogasanlagen wäre seiner Meinung nach größer, wenn alle etwas vom Ertrag hätten. „Ansonsten ärgert man sich nur darüber und hat nix davon! Neid ist das Schlimmste. Nur wenige können Flächen für Windkraftanlagen zur Verfügung stellen.“
Nach Christian Leupelts Beobachtungen werden Themen wie der Bau von Biogas- oder Windenergie­anlagen in der Gemeinde immer wieder diskutiert. Dies führe aber nicht dazu, dass sich Fronten bilden und der Zusammenhalt gefährdet wird. Einzig die zugezogenen Berliner empfindet Herr Leupelt als sehr impulsiv und in ihrer Meinung manifestiert.

Eine funktionierende Selbstversorgung der Gemeinde durch erneuerbare Energien ist laut Herrn Leupelt überaus schwierig. Notwendig dafür wäre eine Schlüsselperson, welche die Gemeinde mitzieht. „Normalerweise muss man jeden Bürger da mit einbeziehen.“

Christian Leupelt sieht durch die Energiewende eine notwendige Veränderung der Landschaft, damit die Region lebendig gehalten wird. Wichtig ist für ihn das Maß der Veränderung, denn „die Dosis macht das Gift“.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Hannelore Scholz-Lübbering

Frau Dr. Prof. Hannelore Scholz-Lübbering wurde in Stralsund auf Rügen geboren und erbte zu DDR-Zeiten ein Haus im Oderbruch. Sie fand es dort landschaftlich wunderschön, zog dann jedoch aus beruflichen Gründen erst 1992 nach Neulewin, um Ruhe zum Schreiben zu haben. An der Gemeinde reizte sie besonders die Infrastruktur(1 Arzt, 3 Verkaufsstellen). Von ihrem Grundstück aus sieht man bereits einen entfernt liegenden Windpark und nun ist das Stück Land unmittelbar vor ihrem Garten als mögliche neue Baufläche im Gespräch.

Sie leitet seit 2010 die Bürgerinitiative „Gegenwind im Oderbruch“ gegen die derzeitige Planung der WEA und findet dabei deutliche Resonanz in ihrer Gemeinde. Das Ziel dieser Initiative sei eine gesunde, transparente Energiestrategie, die zusätzlich Energiesicherheit bietet.

Sie ist der Überzeugung, dass in die Kulturlandschaft Oderbruch keine Windanlagen gehören und es keinen Sinn mache, 200 Meter hohe Windräder in diesen „Puddingboden“ zu setzen. Durch die Bodenversiegelung würde die Wasserversickerung verhindert, was fatale Folgen bei Hochwasser haben könnte. Stattdessen sollte das Potential seiner Fruchtbarkeit landwirtschaftlich genutzt werden. Darüber hinaus müssen ihrer Meinung nach die vielen Vogelarten geschützt werden, die im Oderbruch heimisch sind.  

Außerdem seien die Stromnetze nicht hinreichend ausgebaut, um die geplanten Strommassen abzutransportieren. Dies führt dazu, dass bereits häufig Windanlagen vom Netz genommen werden müssen, um Stromspitzen abzufedern. Durch den teuren Leitungsausbau und die damit verbundene Erhöhung des Strompreises verliert die Region an Attraktivität als Industriestandort. Vorerst müsse nach Speichermöglichkeiten gesucht werden und unterirdische Leitungen gebaut werden, bevor man neue Windräder bauen kann. Selbst dann glaubt sie, dass andere Alternativen für das Oderbruch sinnvoller wären, welche jedoch erst erforscht werden müssten. Das permanente Blinken der Anlagen sei außerdem stark belastend, insbesondere für ältere Bürger. Sie sieht auch einen hohen gesundheitlichen Risikofaktor (beispielsweise unhörbare Niedrigschallwellen). Die Bürger im Oderbruch seien überrumpelt worden und letztendlich streichen „10 bis 20 den Profit ein, 1400 haben die Entwertung ihrer Häuser und Gesundheitsschäden“.  Die Energiewende sei so ungeplant und chaotisch nicht umsetzbar und ist momentan nicht ohne große Beeinträchtigungen durchzuführen. Vom Land Brandenburg fordert sie eine konkrete Energie-Strategie mit definierten Zahlen für Wind-, Photovoltaik-, und Biogasanlagen, die mehr Bedenkzeit und Forschung voraussetzen.

Eine Chance sieht sie in der Forschung an bisher unerprobten Möglichkeiten der Energiegewinnung, wie beispielsweise die Wellenkraft. Biogasanlagen stellen für sie keine Alternative dar,  da dies zu bodenschädlichen Monokulturen führt. Sie findet es wichtig die Einzelhaushalte einzubeziehen und das Interesse der Menschen am Energiesparen zu wecken, „damit die Menschen mit der Energiewende etwas Praktisches verbinden können“.

Frau Scholz-Lübbering hält eine europäische Lösung für sinnvoll. So könnten eventuell Orte gefunden werden, wo die Windräder nicht stören und andere Länder könnten überschüssigen Strom abnehmen. Ihrer Meinung nach sind Offshore-Anlagen, Windräder an Autobahnen oder auf ehemaligen Militärflächen in Ordnung, solange keine Landschaft zerstört wird.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Bodo Schröder zeigt auf künftigen Standort Biogasanlage

Bodo Schröder, 57 Jahre alt, ist im Oderbruch geboren und aufgewachsen. Seiner Schulzeit folgte eine Lehre zum Handwerksmeister. Zu Ostzeiten war er sehr aktiv in der Meliorationsgenossenschaft und ist daher sehr mit dem Oderbruch und den Gegebenheiten des Wassers vertraut.  Heute ist er Werkstattleiter einer Schlosserei und seit 14 Jahren Bürgermeister und Ortsvorsteher der Gemeinde Oderaue, welche sich mit seinen 1750 Einwohnern auf einer Fläche von 40ha erstreckt, mit sieben Dörfern und drei Ortsteilen.

Als besonderen Ort beschreibt Herr Schröder die Neurüdnitzer Eisenbahnbrücke als Verbindung zu Polen, da seine Eltern von der „anderen Seite“ kommen. Daher ist es sein Anliegen, die Brücke für den Draisinenverkehr zu öffnen, um auch das  touristische Potential im Nachbarland zu erschließen.

Zur Landschaft Oderbruch sagt er: „Wir haben hier sehr viel Grün.“ Die Alte und die Neue Oder, das Deichvorland und die Natur kennzeichnen für ihn die Landschaft des Oderbruchs. Es haben sich außer­dem viele neue Arten angesiedelt, so z.B. Kraniche, Dachse oder Waschbären, die ihm zu Ostzeiten nicht bekannt waren. Er schätzt die Nähe zur Natur sehr und möchte auch hier bleiben. Die Land­schaft wird vor allem geprägt von den Agrargenossenschaften und privaten Bauernstellen. Jedoch ist die Landwirtschaft nach der Wende stark zurückgegangen. Auch andere Betriebe wie die Ziegelei und der Gemüseanbau für Berlin sind weggebrochen. Daher ist es schwer, hier heute Arbeit zu finden und man müsse improvisieren und sich anderweitig kümmern, um zurecht zu kommen.

Aufgrund der starken Strömung der Oder sieht er viel Potential in der Energiegewinnung durch Wasserkraft. „Das kostet ja nichts, das Wasser fließt. Das wär eigentlich das Einfachste hier.“
Jedoch scheint kein Interesse an dieser Energieform zu bestehen und daher findet keine Aus­ein­andersetzung mit dieser Thematik statt. Stattdessen wird Energie durch Wind, Biogas und Photovoltaik gewonnen.

Bodo Schröder hat selbst eine Solaranlage auf seinem Scheunendach für den eigenen Bedarf.
Aufgrund des stetigen Anstiegs der Preise für Strom und Wärme, hat er den Plan, dass die Gemeinde Oderaue sich selbst mit Energie versorgt, um somit dem Beispiel der Selbstversorger-Gemeinde Feldheim zu folgen.

Vor vier Jahren begannen die Gespräche über die Zukunft der Gemeinde, da kaum Einnahmen vorhanden sind. „Wir haben nur eine Chance als Bewohner des Oderbruchs, wenn wir uns selbst versorgen mit Strom und Wärme.“ Zur Planung wurde die Firma „Neue Energien Adelig Reetz“ gegründet.

Die Planung umfasst  eine Windenergieanlage mit 19 Windrädern, die entlang des Deiches an der Alten Oder vorgesehen ist, um Strom für die Gemeinde zu liefern. Die Verträge für dieses Vorhaben liegen bereits vor. Dazu soll auch das bestehende Leitungsnetz der e.on/edis abgekauft werden, um den Strom zu verteilen. Da die Entscheidung der Regionalplanung über die Ausweisung künftiger Windenergiestandorte noch aussteht, ist eine Umsetzung z. Zt. noch ungewiss.

Des Weiteren sind ein Solarpark (4,5 ha) auf einer ehemaligen Müllkippe sowie eine Biogasanlage geplant, um den gesamten Strom- und Wärmebedarf der Gemeinde zu decken und darüber hinaus zusätzliche Gewinne einzubringen. Die landwirtschaftlichen Betriebe der Gemeinde versorgen die Biogasanlage mit Mais und Gülle. Sie sind gleichzeitig auch Abnehmer der produzierten Wärme. Die Biogasanlage ist zentral angrenzend an Altreetz geplant, da hier die wichtigsten Dienstleistungen und Händler angesiedelt sind, die dann versorgt werden sollen.

Aus dem Ertrag plant Bodo Schröder die Erneuerung von Straßen und Wegen sowie den Bau eines Seniorenzentrums mit angrenzendem Park auf dem Gelände der alten Gärtnerei in Altreetz. „Die Biogasanlage macht den Schandfleck in Altreetz weg.“

Bodo Schröder ist der Meinung, dass die Anlagen zur Strom- und Wärmeversorgung entweder vernünftig angestrichen oder bepflanzt werden sollen. Ein Versuch in Feldheim, die Windräder wie eine Sonnenblume zu streichen, führte jedoch nicht zum gewünschten Erfolgen „…die weißen sind doch besser!“ Auch meint er: „Nö, nö, verstecken kannst du diese Anlagen nicht. Findest du das schön? Sehen kannst du das auch immer. Uns gefallen die Dinger auch nicht.“ Durch 5-6m breite Gehölzstreifen sollen die Anlagen kaschiert und die Landschaft neu strukturiert werden. Außerdem entstünden dadurch zusätzliche Nahrungsquellen für Bienen.

Das Problem von zunehmenden Maisanbauflächen sieht er nicht, da es schon immer Maisanbau gegeben hat, um die Mastanlagen zu versorgen.

Die Stimmung innerhalb der Gemeinde beschreibt Herr Schröder als „gut“, da aufgrund der Dauer der Pachtverträge (über 20 Jahre) sichere Einnahmen gewährleistet seien. Die Wohnungs­bau­gesell­schaften, die landwirtschaftlichen Betriebe und die Eigenheimbesitzer unterstützen die Planung wegen der Senkung der Nebenkosten. Ein großer Widerwille kommt aus der Nachbargemeinde Neulewin. Hier stehen die Wochenendhäuser von wohlhabenden Berlinern, welche die Windräder nicht wollen und denen der hohe Energiepreis egal sei.
Daraufhin wurde in der Gemeinde Oderaue die Arbeitsgruppe „Wind“ gegen die Bürgerinitiative „Gegenwind“ gegründet. „Die Gegner wollen nur stänkern!“

Nach Aussage von Herrn Schröder sollen die Bürger durch Gespräche einbezogen werden, damit sie die Prozesse verstehen und akzeptieren. „Man muss darüber sprechen, das ist das Wichtigste!“
Außerdem ist ein Bürgerwindrad  auf einer gemeindeeigenen Fläche geplant, um die Akzeptanz zu steigern. Die Bürger können hier ab 100 € investieren.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Joachim Caesar Schmidt

Joachim Schmidt wurde am 02.11.1937 als eines von 16 Kindern im grenznahen Polen geboren. 1945 kam Caesar Schmidt nach Wriezen und zog später nach Bad Freienwalde. Von Beginn seiner Ausbildungszeit an erlernte er sieben Berufe, welche vom Bäcker über die Anstellung bei einem Lohnunternehmen bis hin zum Agrarchemieingenieur reichten. Um seine Eltern zu unterstützen, entschied er sich, im Oderbruch zu bleiben.

Eine große Naturverbundenheit begleitet ihn schon von Kindesbeinen an. Dies spiegelt sich auch in seiner Begeisterung für die Jagd wieder. 1960 tritt er in die Jagdgenossenschaft ein und heiratet im selben Jahr seine Frau, deren Vater ebenfalls ein geneigter Jäger war. 1961 macht er seinen Jagdschein. Heute ist er gemeinsam mit seinem Schwiegersohn Jagdpächter von 800 ha Jagdrevier. Er jagt nachhaltig und plädiert für ein deutschlandweites einheitliches Jagdrecht. Weiterhin beklagt er, dass das heimische Wildarten wie Rebhuhn, Kaninchen und Fasan im Gegensatz zu wiedereinwandernden Arten wie Elch, Biber und Wolf nicht gefördert werden.

Er ist gesellschaftlich sehr engagiert in Schützenverein, Feuerwehr, Männerchor, Karnevalsverein, Volkssolidarität, Schutzgemeinschaft Deutscher Wald und Jagdschutzverband. Desweiteren betreibt er Umweltbildung unter dem Titel „Lernort Natur“ in Schulen. Um auch gesellschaftlich nachhaltig zu handeln geht er 1993 in den Vorruhestand, um den jüngeren Generationen „nicht im Wege zu stehen.“

Die Landschaft des Oderbruchs entwickelte sich nach Meinung von Caesar Schmidt seit 1945 von kleinen, einzelnen Ackerschlägen mit verschiedensten Feldfrüchten zu durch Melioration und Flurbereinigung zusammenhängenden Ackerschlägen. „Durch Melioration wurden die Schlenken wegrationalisiert.“ Landwirtschaftlich galt das Oderbruch früher als Rübenanbaugebiet, jetzt dominieren Fruchtarten wie Raps, Weizen und Mais. Die aktuelle Situation mit den zahlreichen vernässten Bereichen nötigt die Landwirte dazu, wieder kleinteiliger zu drillen, gegebenenfalls mit kleineren Ackerschlägen auf die neuen Gegebenheiten zu reagieren.

Auf die Frage, wie sich die Energiewende auf die Landschaft des Oderbruch auswirkt, spricht Caesar Schmidt zunächst die Windkraftanlagen an, diesbezüglich nennt er positive wie auch negative Aspekte. Einerseits erwähnt er ein Gutachten zum Vogelzug, welches die Problematik der Auswirkungen der WEAs auf Rastvögel beinhaltet. Demnach wäre der Bau von Windparks in Rastvogelgebieten wie dem Oderbruch unzulässig, da die Vögel in ihren Zugrouten behindert werden.

Andererseits legt er die positive Entwicklung von Bodenbrütern und Niederwild im Umkreis von WEAs dar. Ursächlich dafür ist die verminderte Nutzung der WEA-Gebiete als Jagdhabitat durch Greifvögel. Generell ist seiner Meinung nach eine Belastung von Mensch und Tier durch Windkraftanlagen nicht von der Hand zu weisen.

Saubere Energiegewinnung verbindet er mit Wasserkraft. Mit Hilfe von kleinmaßstäblichen Turbinen soll die Strömung der Oder zur Energiegewinnung genutzt werden. Generell bedauert er den Ressourcenverlust durch die Wende: „Wenn man die Ingenieure, die nach der Wende entlassen wurden, umgeschult hätte, wären wir schon viel weiter.“ Zum Thema Biogas sagte er: „Warum nicht, ist ‘ne Alternative, besser als Atom.“ Caesar Schmidt bemängelt, dass kein Lernprozess im Hinblick auf die Atomproblematik stattgefunden hat.

Eine gute Vernetzung der Akteure eines Landschaftsraumes erachtet Cesar Schmidt als maßgebliche Grundlage für eine gute Kommunikation. Beispielsweise nennt er unkonventionelle Regelungen von Wildschäden zwischen Landwirten und Jagdpächtern.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Rosemarie Daue

Frau Rosemarie Daue lebt seit über 40 Jahren im Oderbruch in Zäckeritzer Loose. Hier ist sie Ortsvorsteherin und zudem Gemeinderatsmitglied der Gemeinde Oderaue. In ihrer Arbeit versteht sie sich als Sprachrohr ihrer Gemeinde. Daher versucht sie, möglichst umfassend die unterschiedlichen, oft widerstrebenden Haltungen innerhalb der Gemeinde in Einklang zu bringen. Freu Daue bemüht sich, ihre eigene Meinung nicht in den Vordergrund zu stellen. Beim Prozess der Einführung von Windenergieanlagen in der Oderaue vertritt sie persönlich beispielsweise die Ansicht, dass die Windenergie in der Gemeinde abzulehnen wäre, dabei versteht sie aber auch die Beweggründe der Befürworter. Es sei schließlich „das gute Recht eines jeden Einzelnen, auf seinem Grund und Boden zu tun oder lassen, was man wolle“. Ebenso versteht sie es, wenn seitens der Bürger eine Unzufriedenheit darüber herrscht, zu spät in den Entscheidungsprozess der Ausweisung von potentiellen Standorten eingebunden worden zu sein. „Ich stehe zwischen Baum und Borke.“

Stets darauf aus, verbindlich zu agieren urteilt sie, dass auf beiden Seiten Fehler zu finden sind. In diesem wichtigen Verfahren seien die Bürger zu, Beispiel nicht rechtzeitig informiert und umfassend aufzuklärt worden. Gleichwohl merkt sie an, dass es den üblichen Informationsfluss gegeben habe und es für die Bürger durch die monatlichen und öffentlichen Sitzungen sehr wohl eine Informationsquelle gibt. Dies hätte es ermöglicht, an dem Prozess teilzunehmen. Die Gründe für die mangelnde Beteiligung sieht sie in der Überalterung der Bevölkerung, so dass weitreichende Entscheidungen für die Zukunft viele persönlich nicht betreffen. Auch ein hoher Grad an Frustration, hervorgerufen durch eine Historie an Fehlschlägen früherer Initiativen, sei für das geringe Engagement verantwortlich.

Diese Haltung in großen Teilen der Gemeinde schmerzt Frau Daue besonders. Man dürfe „nicht erst diskutieren, wenn das Kind schon fast in den Brunnen gefallen ist.“ Komme kein konstruktiver Arbeitsprozess zustande, mache die Arbeit „keinen Spaß“ mehr. Umso mehr freut sie sich deshalb über die Initiative interessierter Bürger im Rahmen einer Bürgerversammlung, Arbeitsgemeinschaften zu gründen, die sich verschiedenen Themen in der Energiewende widmen. Die drei AGs bestehen jeweils aus Anwohnern und Gemeinderatsmitgliedern versuchen in den Bereichen Tourismus, Energie und Landschaft alternative Lösungen für die Entwicklung der Gemeinde Oderaue zu finden.

Durch den Impuls eines Windparks in Oderaue erhofft sich Frau Daue durchaus eine Verbesserung der Infrastruktur und eine allgemein positive Ausstrahlung für die gesamte Gemeinde. Es bestehen aus ihrer Sicht jedoch Zweifel daran, dass die Windenergie eine Chance auf eine Vielzahl an Arbeitsplätzen für die Gemeinde in sich birgt. Einer Ausrichtung der Landwirtschaft auf eine regional orientierte, kleinteilige Landwirtschaft für das Oderbruch rechnet sie geringe Chancen aus, vielversprechender erscheint ihr eine Ausweitung im Bereich des Tourismus. Gleichfalls betont sie auch immer wieder die finanziell brisante Situation der Gemeinde, die wenig Spielraum für eine Verbesserung der Infrastruktur biete, geschweige Konzepten für eine zukünftige Entwicklung der Gemeinde Spielraum lasse: „Ideen und Träume haben wir alle.“ Dies muss Frau Daue auch an eine weitere Erfahrung knüpfen: Man habe ohnehin keinen Einfluss, die Entscheidungen kämen meist vom Land Brandenburg. „Man rennt immer wieder gegen Mauern – alles ist in Sack und Tüten und man fragt sich am Ende: wozu das alles?“  

Auf die verschiedenen inhaltlichen Aufgaben als Gemeinderatsmitglied bereitet sie sich durch die Informationen vor, die das Amt Barnim Oderbruch zur Verfügung stellt. Sie betont, dass sie dem Amt ihr Vertrauen schenkt und dass diese Haltung für sie auch die Grundlage der Zusammenarbeit darstellen solle. „Man sollte jedem helfen der Initiative zeigt und etwas verändern will. Aber man ändert eh nichts!“

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Gernot Schmidt – Landrat Landkreis Märkisch-Oderland

Gernot Schmidt wurde in Anklam geboren und schätzt das Oderbruch als ruhige, weite und „unaufgeregte“ Landschaft. Als Landrat des Landkreises Märkisch-Oderland und zugleich Regionalrat in der Regionalen Planungsgemeinschaft Oderland-Spree ist er ein erfahrener Regionalpolitiker, der Veränderungen gewohnt ist.  Aus seiner Sicht sind jedoch „die größten Veränderungen in der Landschaft nicht immer die sichtbaren“. Es vollzieht sich vielmehr derzeit unbemerkt ein Verkauf von Grund und Boden an Großinvestoren. Er befürchtet, dass dies zu einer wachsenden „Fremdbestimmtheit“ der Landschaft und zu einer Konzentration von Eigentum in wenigen Händen führen wird und damit „das Lebensgefühl der Oderbrücher zerstört werden kann“.

Diese Entwicklung hält er für äußerst problematisch, allerdings entzieht sie sich weitestgehend seinen Einflussmöglichkeiten als Landrat. Dabei  hält er Grund und Boden für ganz entscheidende Einflussgrößen jeder Entwicklung: „Wer die Fläche hat, macht den Druck.“ 

Die sichtbaren Veränderungen der Landschaft im Zuge der Energiewende hält er in gewissem Maße für unausweichlich: „Der Zug rollt und niemand wird dran drehen.“ Er spricht sich für eine regionalplanerische Steuerung der Windkraftnutzung aus und sieht die Region dabei auch nicht zwingend unter zeitlichem Druck, da sie über einen rechtskräftigen Teilregionalplan aus dem Jahr 2004 verfügt, der „ausgeklagt“ sei.  In Bezug auf Biogasanlagen fordert das Landratsamt von den Betreibern einen Nachweis über ausreichend Flächen für die Erzeugung des Substrats und wird künftig bei einem ausstehenden Nachweis auch keine Baugenehmigung mehr erteilen.

Die großflächige Photovoltaikanlage auf dem Flugplatz Neuhardenberg hat er befürwortet und genehmigt, weil diese Anlage dem Landkreis unter anderem die Kosten für die Sanierung von Altlasten in einem Wert von ca. 10 Million Euro erspart hat. Ansonsten favorisiert er keine der regenerativen Energien, sondern er sieht jeweils Vor- und Nachteile. Als Nachteil im Bezug auf Biogasanlagen sieht er die Monokulturen an und als Vorteil die Minderung des CO2-Ausstosses. Herr Schmidt würde sich eine höhere Kleinteiligkeit statt satter Monokulturen wünschen und möchte den Umbau von einer Natur- in eine Energielandschaft verlangsamen.  Die Grund- und Bodenfrage bleibt für Herrn Schmidt die zentrale Frage für die Weiterentwicklung des Oderbruchs.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Jörn Lenz – Regionale Planungsstelle Oderland-Spree

Herr Lenz ist Mitarbeiter der Regionalen Planungsstelle Oderland-Spree und selbst in der Region aufgewachsen.

Er betont, dass die Raumordnung und Regionalplanung reine Flächenplanungen hinsichtlich der gegebenen Raumnutzungen und Raumfunktionen ist.  Sie haben eine nachhaltige Raumentwicklung zum Ziel, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaft großräumig ausgewogenen Ordnung führen soll.

Einer seiner Aufgaben ist die Ermittlung von Windeignungsgebieten, bei der es sich um ein Ausschlussverfahren handelt. Im Zuge der Fortschreibung des Teilregionalplans Windenergienutzung erklärt er den Bürgern das Vorgehen gerne anhand einer Metapher: In der Raumordnung sei das Finden von geeigneten Windeignungsgebieten wie „Plätzchen ausstechen“. Dabei werden zuerst alle Tabubereiche für die Errichtung von Windenergieanlagen ausgeschlossen. Im zweiten Schritt werden die Restriktionsbereiche identifiziert, welche der Abwägung zwischen konkurrierenden Nutzungen, also von öffentlichen Belangen und der Windenergienutzung, unterliegen. Die schließlich verbleibenden Flächen kommen als mögliche Eignungsgebiete für Windkraftanlagen in Betracht und werden als Entwurf den Behörden sowie der Öffentlichkeit zur Beteiligung ausgelegt.

Eine Besonderheit an dem Verfahren ist das Windeignungsgebiete einen so genannten Planungsvorbehalt darstellen. Sie sind ein planerisches Instrument um Windkraftanlagen im für sie privilegierten Außenbereich auf bestimmte Standorte zu begrenzen und dort zu konzentrieren. Das hat zur Folge dass nicht nur die Eignungsflächen begründet werden müssen, sondern auch die Flächen, auf denen keine Windkraftnutzung erfolgen kann.

Windeignungsgebiete schaffen somit keine planerische Zulässigkeitsvoraussetzung für Windkraftanlagen, sondern schränken lediglich die bestehende bauplanungsrechtliche Zulässigkeit aus § 35  Abs.3 BauGB ein.

Die Zulässigkeit jeder einzelnen Windkraftanlage wird erst durch eine hoheitliche Einzelfallentscheidung durch einen Verwaltungsakt, mittels des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens vom Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz geprüft und gegebenenfalls genehmigt. Aber die Entscheidung über die Errichtung von genehmigungsfähigen Windkraftanlagen innerhalb von Windeignungsgebieten hängt immer noch von der Zustimmung des Grundstückseigentümers ab.

Er weist darauf hin, dass die Rechtssicherheit des Aufstellungs- und des Genehmigungsverfahren genauso wichtig ist wie das Planwerk an sich, da der Plan in der Regel sowohl von den Befürwortern als auch von den Gegnern der Windkraft beklagt wird.

Obwohl die Windeignungsgebiete in der Region mit einem Anteil von etwa einem Prozent der Gesamtfläche seit 2004 rechtskräftig feststehen, gibt es immer noch Unsicherheit hinsichtlich des zugrunde liegenden Verfahrens. So gibt es beispielsweise immer noch Grundstücksbesitzer die zur Planungsstelle kommen, um zu erfahren, wieso ihr Land nicht für die Windenergiegewinnung in Frage kommt.

Grundsätzlich müsste auch über die zeitliche und finanzielle Synchronisation zwischen Netzausbau, der notwendig werdenden Energiespeicherung und der Errichtung neuer Energieerzeugungsanlagen auf den übergeordneten Ebenen nachgedacht werden. Es  sollten zuerst die Stromnetze und -speicher aufnahmefähig ausgebaut und dann erst an den möglichen Orten die Energieerzeugungsanlagen errichtet werden.

Die Themen Kulturlandschaft und Landschaftsbild finden sich im Wesentlichen durch die Berücksichtigung von Landschaftsschutzgebieten, dem Landschaftsprogramm des Landes Brandenburg, der Landschaftsrahmenpläne der Land- und Stadtkreise sowie der Bodendenkmale und Denkmalbereiche im Planungsprozess wieder.

Die Regionalplanung als Flächenplanung, welche Windeignungsflächen ausweist und keine Standorte für Windkraftanlagen, hat nicht die Möglichkeit und auch nicht die Aufgabe die Auswirkungen auf das Landschaftsbild zu beurteilen, zumal weder der Typ noch die Höhe oder die Anzahl der Windkraftanlagen prognostizierbar sind, weshalb auf die nachfolgenden Planungsebenen hingewiesen werden muss.

Darüber hinaus sind schon die sehr unterschiedlich wahrgenommenen subjektiven Empfindungen und Erfahrungen jedes Einzelnen hinsichtlich des Landschaftseindrucks nicht objektiv nivellier- und anwendbar.

Trotz unterschiedlich tiefen Verständnisses für das Wesen einer Kulturlandschaft spürt dennoch jeder etwas vom Reiz gelungener Landschaften.

Da aber Kulturlandschaften keine vom Menschen unberührten Landschaften sondern
die Summe des Gebauten und Nichtgebauten, alles Belebten wie Unbelebten, Sichtbaren und Unsichtbaren sind werden neue Elemente der Kulturlandschaft nachvollziehbarer  Weise von Teilen der betroffenen Generationen als neu, nicht integrierbar und störend betrachtet.

 Aber Kulturlandschaften dienen nicht nur dem Kultivieren von Fläche als Grundlage des Siedelns und der sozialen Entwicklung sondern beinhalten über ihre Attraktivität hinaus auch eine wirtschaftliche Bedeutung und sind die Grundlage für auf Dauer kalkulierbare Lebensbedingungen und Standards.

Persönlich hofft er, dass viel der historischen Kulturlandschaft im Oderbruch erhalten bleibt. Dafür muss die Kulturlandschaft weiterhin bewirtschaftet und ihre regionaltypischen Ortsbilder und deren Strukturen erhalten und weiterentwickelt werden, um eine glaubwürdige Landschaft und die unverwechselbare Typik des Oderbruchs weiterzuentwickeln. Ebenso bedarf es der weiteren Regionalisierung von Wirtschafts- und Entscheidungskreisläufen von politischen Verantwortlichkeiten und von gesellschaftlicher Identität.

Er sagt: „Man kann wie immer mit den Kindern anfangen, mit der Heimatgeschichte, den Pflanzen, dem Wasser und den Tieren – dem heimatlichen Landschaftserleben, man muss die Kinder zum Spielen hinausjagen in die Landschaft!“

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Olaf Wennecke und Stephan Randel in Neulewin

Olaf Wennicke ist seit 1984 betriebszugehörig bei der Firma Agrarproduktion GmbH und Co. Agrarprodukte KG Neulewin und Abteilungsleiter im Pflanzenanbau. Seit 1990 ist er zudem Gemeindevertreter und seit 2012 stellvertretender Bürgermeister von Neulewin. Durch seine Arbeit verbringt er viel Zeit auf landwirtschaftlicher Fläche, in seiner Freizeit hingegen genießt er die Kulturlandschaft.
Stephan Randel ist Assistent in der Geschäftsführung des Betriebs. Er ist seit März 2013 in Neutrebbin, ein Nachbarort von Neulewin, und kommt ursprünglich aus der Magdeburger Börde.

Der Betrieb AP Neulewin, für den die beiden arbeiten, setzt auf erneuerbare Energien und baut bereits Mais an, der an Biogasanlagen geliefert wird. Olaf Wennicke mag dabei die Diskussion Tank-Teller nicht, weil es, wie er sagt, es genug Lebensmittel gibt und das Problem in der Verteilung besteht.
Für die Zukunft kann sich das Unternehmen einen Ausbau im Bereich der Energiepflanzen gut vorstellen, beispielsweise auch der Anbau von Hirse, wenn entsprechende Sorten zur Verfügung stehen. Dabei sind Mais und Zuckerrüben die Energiepflanzen der ersten Wahl.

Der Betrieb besitzt bereits mehrere Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern, die jedoch nicht zum Eigennutzen dienen. Eines der Dächer ist verpachtet. Photovoltaik ist für den Betrieb jedoch nur lukrativ wegen der Subventionen, ohne Förderungen wären die Anlagen nicht gebaut worden.
Des Weiteren plant die Firma ein Hackschnitzelkraftwerk bis Herbst 2013. Die Idee dabei ist, den anfallenden Holzschnitt aus den betriebseigenen Hecken energetisch zu nutzen.
Es ist auch eine Biogasanlage mit zwei Behältern, die insgesamt 500kW Leistung erbringen werden, geplant. Wichtig ist Stephan Randel und Olaf Wennicke dabei, dass die Anlage zum Betrieb passt und dass auch die eigenen Tierexkremente ihrer Kühe verarbeiten werden können.

Windkraft im Oderbruch kommt für Olaf Wennicke jedoch nicht in Frage. Die Windräder können dort stehen wo sie hingehören, wie z.B. im Meer, wo sie niemanden stören. Er findet, dass durch die Windräder Goldgräberstimmung herrscht. Jeder lauert auf Profit. Als Mitglied in einer Bürgerinitiative gegen Windkraft im Oderbruch versucht Olaf Wennicke gegen zu wirken.
Neben Windkraftanlagen sorgen die Biber, der zusätzliche Straßenausbau und die ungenügende Wasseregulierung für Probleme.
Er selbst möchte die Kulturlandschaft erhalten und hat Sorge, dass die Windräder die schöne Kulturlandschaft zerstören. „Für mich ist Kulturlandschaft, wie die Natur sich verändert übers Jahr.
Das Oderbruch ist eine einzigartige Landschaft mit einer Vielzahl von Pflanzen und Tieren. Diesen Lebensraum gilt es zu schützen und zu erhalten. Das muss jedoch auch im Einklang mit einer Einkommensmöglichkeit für die ansässigen Einwohner stehen.
Dass dieses möglich ist, zeigte Olaf Wennicke bei einer Begehung des Schlafdeiches im Raum Karlshof mit dem idyllischen Flußlauf der Alten Oder und am neuen Oderdeich unweit des Fährweges in Neulietzegöricke.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Hans Römer

Der 68 jährige Tiefbauer beschäftigt sich seit Ende der 90er Jahre als Projektentwickler und Betreiber mit dem Thema der Energiegewinnung durch regenerative Energien. Er ist Geschäftsführer der NEV GmbH, die in Frankreich, Polen sowie in verschiedenen Bundesländern Deutschlands Windparks, PV-Anlagen und Biogasanlagen entwickelt. Der aktuellen Lage des Oderbruchs in der Energiewende steht Herr Römer mit geteilter Meinung gegenüber: Einerseits ist ihm klar, dass besonders die Windräder das Landschaftsbild beeinträchtigen. So äußerte er beispielhaft: „Dass die Windräder das Landschaftsbild nicht gerade aufwerten, wissen wir doch alle“. Andererseits fügt er jedoch sofort an: „Doch was kaufe ich mir dafür ein…! Wie eine Kommune hier funktioniert, bei den wenigen Einwohnern…das Geld muss doch irgendwoher kommen!“ Zugleich sieht er die Wichtigkeit des Ausbaus regenerativer Energien in Bezug auf die globale Klimaerwärmung. Als Investor ist Herr Römer vordergründig an einer wirtschaftlich rentablen Nutzung der erneuerbaren Energien interessiert. So ist für ihn die aktuelle Planung eines Windparks westlich von Alt- und Neureetz ein wichtiges Thema.  Dieses Vorhaben, welches er seit dem Jahr 2000 vorantreibt, umfasst ein Investitionsvermögen von ca. 60 bis 80 Mio. Euro und stellt aus seiner Sicht eine positive Investition für die Region und die Gemeinde dar. Bei der Betreuung des Projektes interagiert Herr Römer als Geschäftsführer der NEV mit verschiedenen Fachfirmen. Die Gemeinde Oderaue hätte bei einer Umsetzung des Windparks den Vorteil, aufgrund der Pachteinnahmen, des Wegerechtes, einer eigenen Windenergieanlage sowie von ca. 90-95% der Gewerbesteuer Einnahmen von ca. 200.000 Euro pro Jahr erwarten zu können. Mit den Flächeneigentümern wurden bereits Optionsverträge über 20 Jahre abgeschlossen. Allerdings befindet sich der geplante Windpark momentan in keinem Windeignungsgebiet der Teilfortschreibung Wind der Regionalen Planungsgemeinschaft, so dass die Firma noch keinen Bauantrag gestellt hat, sondern zunächst die weiteren Entwicklungen in der Regionalplanung und Landespolitik abwartet. Der geplante Windpark würde aus Sicht von Herrn Römer die Entwicklung der Gemeinde Oderaue als energieautarke Gemeinde unterstützen. Als Vorbild für dieses Modell betrachtet man die Gemeinde Feldheim, in der der autarke Energiegedanke bereits umgesetzt wurde. Die Idee sieht vor, den Bürgern der Gemeinde die gewonnene Energie zu einem vertraglich über 20 Jahre gebundenen Preis von 19,6 Cent pro kWh anzubieten. Herr Römer sieht für die wirtschaftliche Entwicklung der Region keine andere Alternative als die energetische Nutzung, denn „vom Tourismus kann hier keiner leben… Wir bleiben hier beim Rübenacker“.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Wolf-Peter Huth

Peter Huth lebt seit 1992 im Oderbruch auf einem ehemaligen Vorwerk in der Nähe von Voßberg. Er ist mit ein paar Schweinen, Schafen und 16 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche ein konventioneller Kleinbauer, der seine Produkte direkt vermarktet.

Gegenüber erneuerbaren Energien hat er eine entspannte Haltung, da in seinem unmittelbaren Wohnumfeld keine entsprechenden Anlagen vorhanden sind. Während er die Windenergieanlagen zur Orientierung im Alltag nutzt, nimmt er das erhöhte Verkehrsaufkommen von „schwerer Technik“ auf den Gemeindestraßen zur Maisanlieferung der Biogasanlagen als Belastung wahr. Die angebliche „Vermaisung“ in der Landschaft ist für ihn kaum bemerkbar, da die  angrenzenden Ackerflächen seines Nachbarn, ein großer Rindermastbetrieb, schon früher für den Futtermaisanbau genutzt wurden. Den Standort für Solarpark in Voßberg auf der ehemaligen Industriekonversionsfläche sieht er als geeignet an, denn eine landwirtschaftliche Nutzung wäre hier unwirtschaftlich.

Ein wichtiges Thema sieht er in „der Konzentration des Landes in wenigen Händen“. Er hält es für bedenklich, dass scheinbar ungesteuert große Flächen in die Hände von wirtschaftlichen Akteuren gelangen, die in den Flächen eher eine Geldanlage und damit Potenzial für Spekulationen sehen. Die Folge ist der Anstieg der Pachtpreise, was kleinere Landnutzer (also auch junge Landwirte) enorm unter Druck setze („wachse oder weiche!“). Für ihn ist eine Diversität in der Nutzung und Besitzverteilung der Landschaft sehr wichtig, um den ländlichen Raum vor einer Ausräumung zu bewahren. Ein großes Potenzial sind die Flächen aus ehemaligen Treuhandbeständen, welche gezielt und zu erschwinglichen Preisen an kleinere Nutzer verpachtet werden sollten, um mehr Kontrolle über die Landnutzung zu erlangen.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Mirco Ledderman

Für das Planungsbüro „Baukonzept“ in Neubrandenburg ist Herr Leddermann im Bereich der Stadt- und Umweltplanung unter anderem für die Planung von Biogasanlagen und Solarparks zuständig. Momentan fallen ungefähr 80% der in dem Planungsbüro bearbeiteten Aufträge in den Sektor der regenerativen Energien.

Gebürtig in einem 200-Seelen-Dorf an der Müritz und als Absolvent des Studienganges „Landeskultur und Umweltschutz“ ist die Entwicklung ländlicher Räume für ihn – unter dem Aspekt der Energiewende –  ein wichtiges Thema. Somit können die drei wichtigen und  im Oderbruch aktuell diskutierten regenerativen Energieträger (Solarenergie, Windenergie und Biogas) unter bestimmten Voraussetzungen und im Hinblick einer verantwortungsvollen, gründlichen Planung auch Chancen für eine Region bedeuten.

Der weitergehende Trend der Solarnutzung in Form von Solarparks ist für ihn auf Konversionsflächen eine gute Lösung, wie sich am Beispiel des Solarparks in Voßberg durch eine hohe Akzeptanz der Bevölkerung abzeichnet. Von ihr geht keine Geruchs- und Emissionsbelastung aus, wie von vielen anderen Nutzungen. Mit dem Abbruch einer Industrieruine und der damit einhergehenden Verbesserung des Dorfbildes durch die Schaffung eines freien Blicks aus den Häusern an der Straße konnte eine Zustimmung in der Bevölkerung gefördert werden. Auch die Vielfalt möglicher naturschutzfachlicher Maßnahmen macht diese Arbeit interessant. So sind in Voßberg Fledermausquartiere in alten Kellern gesichert worden und die auf dem Gelände entdeckte Rotbauchunke erhielt ein erstklassiges Habitat.

Bei der Windenergie wird bereits die Standortauswahl auf regionalplanerischer Ebene gesteuert. Ihre Nutzung wird langfristig kaum eingeschränkt sein und weiter voranschreiten. Wobei ohne die Vorgaben, die der Regionalplan vorgibt, ein „Wildwuchs der Windräder“ zu befürchten wäre – ein häufig zu beobachtendes Phänomen in Situationen, in denen der Regionalplan als unzulässig eingestuft und außer Kraft gesetzt wird.

Die Nutzung von Biomasse zur Biogasproduktion ist für ihn dann eine gute Lösung, wenn ein sinnvolles und nachhaltiges Konzept zu Grunde liegt, dass zum einen die Verwendung von tierischen Abfallprodukten und eine Alternative zum Mais vorsieht und zum anderen an den Bedarf der jeweiligen Region angepasst ist. Besonders große Biogasanlagen über 10 MW und darüber hinaus, sind für ihn sowohl als Planer als auch als Mensch problematisch, da das zu verarbeitende Substrat nicht mehr regional abgedeckt werden kann.
Im Rahmen aller Planungen im Hinblick auf die Energiewende ist für ihn der wichtigste Punkt, dass die Menschen in der Region sich aufmerksam und konstruktiv am Planungsprozess beteiligen. Denn nur durch eine ernsthafte und sinnvolle Beteiligung der Bevölkerung können Wege gesucht und gefunden werden, die einerseits Vorteile – auch im Rahmen von Kompensationsmaßnahmen und städtebaulichen Verträgen – für die Region bringen können und andererseits wiederum eine hohe Akzeptanz der Menschen für die Projekte erwirken.

In diesem Zusammenhang spielen auch die Kommunalpolitiker eine wichtige Rolle, die das Vertrauen ihrer Bürger mit einer offenen Haltung und über den Diskurs erlangen und erhalten müssen.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Jörg Uebel in Neutrebbin

Jörg Uebel ist als Angestellter der Firma eeMaxx verantwortlich für den Vertrieb und die Projektentwicklung von Biogasanlagen. In Neutrebbin betreut er eine 1,5 MW-Biogasanlage mit drei Mitarbeitern, die seit Ende 2012 in Betrieb ist. Seine Familie stammt aus dem Oderbruch, das er an erster Stelle als eine „Agrarlandschaft“ wahrnimmt: „Früher haben wir das Gemüse für Berlin produziert, dann kam die Tierproduktion und jetzt bauen wir eben Energie an“.

eeMaxx wird auf der Basis einer Nachfrage von ansässigen Landwirten aktiv, die damit einen Teil ihrer Ernte planungssicher zu einem vereinbarten Preis abgeben wollen. Da die Landwirte nicht den zusätzlichen Aufwand der Vermarktung der produzierten Energie leisten wollen, übernimmt die Firma den Betrieb der Anlage. In Neutrebbin hat das Unternehmen einen auf zehn Jahre ausgelegten Vertrag mit einem ansässigen Betrieb geschlossen, der 12,5% seiner Fläche mit Mais für die Biogasherstellung bebaut.

Herr Uebel legt einen hohen Wert auf Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Nutzen, was sich auch im reibungslosen und auf maximale Energieausbeute ausgelegten Ablauf seiner Biogasanlage widerspiegelt. So werden das richtige Verhältnis der unterschiedlichen Substrate, die verschiedenen Zustände in den Anlageteilen und die Auslastung der Motoren mittels moderner Technik genau überwacht und ständig angepasst. Die Nutzung der Abwärme der Motoren und Energieeinsparung bei Pumpensystemen sind Gegenstand innerbetrieblicher Überlegungen zur Effizienzsteigerung. Als Hauptzuschlag wird ein hoher Maisanteil verwendet. Alternativen Substraten wie Knöterichpflanzen oder Schilf spricht Herr Uebel kaum Potenzial für die Biogasherstellung zu. Die ganze Anlage ist gepflegt und wird sorgfältig gewartet.

Das Argument des hohen Flächenverbrauchs von Biogasanlagen („Vermaisung“) lässt Herr Uebel nicht gelten, da Mais schon immer im Oderbruch angebaut wurde und durch die Biogasnutzung, wenn überhaupt, dann nur minimal an Zuwachs gewänne. Für Herrn Uebel ergeben sich die Nutzung von Mais und die Geruchsemissionen der Biogasanlagen aus einer natürlichen Entwicklung der Landschaftsnutzung im Oderbruch: Erst haben die Kühe den Mais gefressen und gestunken, jetzt sind es die Biogasanlagen die „neue moderne Kuh“. Die Notwendigkeit mit den Erneuerbaren Energien zu wirtschaften ergibt sich aus dem Verständnis des Oderbruchs als Agrar- und damit Nutzlandschaft. Der Nutzen für die unmittelbare Region steht im Vordergrund; Landwirte, öffentliche Gebäude sowie private Haushalte profitieren von günstiger Wärme und Strom. So gelang für Neutrebbin die Einrichtung eines attraktiven Nahwärmenetzes, das zu einer hohen Akzeptanz im Dorf geführt habe. Auch bei weiteren Projekten strebt Uebel Vorteile für die lokale Bevölkerung an, bis zu einem bestimmten Radius ist das auch durch günstige Strompreise möglich.

Mögliche Reibungen zwischen erneuerbaren Energien und dem Tourismus in der Region sieht Herr Uebel nicht, da der Tourismus in seinen Augen nicht nennenswert ausgeprägt ist und aufgrund der Lage zu Berlin kein Potenzial darstelle. Lautstarker Widerstand käme nur von einer bestimmten Gruppe von Leuten: mit hohem Bildungsstand und Kapital ausgestattet, kaufen diese Leute Häuser im Oderbruch um sich einen Ruhesitz zu schaffen. Da die Notwendigkeit einer bezahlten Beschäftigung fehlt, wird die Landschaft von ihnen nur zum Wohnen und Erholen genutzt. Das reiche aber nun einmal nicht aus.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Thomas Winkelkotte in Reichenow

Thomas Winkelkotte lebt seit zehn Jahren im Rahmen eines Vereins in einem gemeinschaftlichen Hofprojekt. Es handelt sich um ein ehemaliges Versorgungsgut, das von 1997-2000 zum Wohnen ausgebaut wurde. Bis 1987 wurde das Gelände durch eine LPG bewirtschaftet. Bei den Umbaumaßnahmen wurden Fenster und Dach erneuert. Bis auf das Dach wurde auf weitere Dämmung verzichtet. In zwei ehemaligen Stallungskomplexen befinden sich auf insgesamt 4500m² etwa 30 Haushalte und Atelier- bzw. Gemeinschaftsräume. Diese Nutzflächen und ein kleines Café werden über eine zentrale Hackschnitzelanlage beheizt (Fußbodenheizung) und mit Warmwasser versorgt.

Die Heizanlage hat eine Leistung von 320 kWh, das entspricht ca. der Heizleistung von 20 Einfamilienhäusern. Die Industrieanlage kann mit Grobholzhäckseln befeuert werden und funktioniert vollautomatisch. Eine Anlage dieser Größenordnung lohnt sich seiner Aussage nach ab einer Leistungsforderung von etwa 100 kWh.

Die Heizleistung kann jahreszeitlich angepasst werden. Im Winter läuft sie durchgängig, im Sommer wird die Anlage wegen Geruchsbelastung abgeschaltet. Stattdessen gewährleistet ein Gasdurchlauferhitzer die Warmwasserversorgung. Je nach Brennmaterial muss die Anlage aller 2-4 Wochen gereinigt werden. Zudem ist eine permanente Stromversorgung der Pumpe zu gewährleisten, um den Wasserkreislauf im Fluss zu halten. Da die Anlage im Haus untergebracht ist, ist auch der Holzhäckselspeicher begrenzt groß und muss aller drei Tage aus dem externen Lager aufgefüllt werden. Im Vergleich zu anderen Beheizungsanlagen ist diese Art der Wärmeversorgung relativ arbeits-/pflegeintensiv, aber insgesamt betrachtet rentabel. (trotz hoher Investitionskosten und unerwarteter Preisentwicklung des Heizmaterials (von 4DM/srm für Straßenraumgrünschnitt auf 25 Euro/srm Waldholz). Als wegen eines Stromausfalles im Winter eine mobile Ölheizanlage einspringen musste, wurden die 8-fachen Heizkosten aufgewendet. Pro Jahr werden etwa 500 Schüttraummeter (srm) verheizt.
Zudem trägt das Dach PV-Anlagen, jedoch nur zur Einspeisung und nicht zur Eigennutzung.

Herr Winkelkotte ist seit den 70er Jahren Atomkraftgegner und befürwortet alternative Energien: „Ich lebe mit den Windrändern ganz gerne, weil ich um die anderen schrecklichen Alternativen weiß.“

Dabei meint er auch die Folgen. So hört er nachts die Geräusche naher WEA, erträgt aber lieber das, statt das für Kohleabbau ganze Dörfer/Existenzen weichen müssen. Er urteilt deshalb: Wer Windrad-Gegner ist, sei konservativ und schere sich nur um das Schönhalten des eigenen Gartens. Vermutlich würden sich diese Menschen sich von AKW weniger bedroht fühlen als von Windrädern. Bei der Diskussion um solche Anlagen in der eigenen Gemeinde zeigte die Bürgerversammlung 85% Gegenstimmen. Und der Bürgermeister wolle nicht für eine Minderheit eintreten.

Unsere Energielandschaft spiegelt seiner Meinung nach nur unseren hohen Energieverbrauch wieder. Daran etwas zu ändern, sei schwer. „Wahrscheinlich ist ein Umdenken nur über eine Katastrophe zu erreichen.“
Wenn man sich mit der Planung auseinandersetzt, kann man mitgestalten, gibt man es aus der Hand, macht es ein Anderer und man muss die Konsequenzen akzeptieren. Um auf dem Laufenden zu bleiben und an Informationen zu kommen, muss man sich dahinterklemmen.

Biogasanlagen seien im Prinzip ein guter Ansatz, allerdings wäre dem starken Maisanbau das Verbrennen eigener Bioabfälle (z.B. Grün- und Rasenschnitt) vorzuziehen.

Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Udo Schagen in Altwustrow

Dr. Udo Schagen lebt seit 10 Jahren in Altwustrow, wo er vor 11 Jahren ein Haus ersteigerte, auf das ihn Freunde hinwiesen. Sein Haus ist als Steinhaus die Rarität des Dorfes und steht unter Denkmalschutz. So kam er in Kontakt mit einem schon seit DDR-Zeiten bestehenden gemeinnützigen Verein zum Erhalt alter Bausubstanz, der die Verwendung alter Bauweisen mit historischen Materialien pflegt. 

Die landschaftlichen Merkmale, die ihn anzogen, waren die Offenheit mit weitem Blick und das viele Wasser, was ihn an die heimatliche Bruchlandschaft am Niederrhein erinnert.
Das Haus, schon Erstwohnsitz trotz der Berufstätigkeit seiner Frau in Berlin, wird zunehmend auch über die Woche genutzt, ist künftiger Alterswohnsitz und Familienanlaufpunkt.

Udo Schagen ist Medizinhistoriker und zieht aus diesem Beruf „Geduld und Langmut mit dem, was Menschen machen“, was er in seiner Rolle als engagierter Bürger im Oderbruch gut nutzen kann…

Gegenwärtig beschäftigt er sich als Leiter der (von ihm und anderen) im Rahmen der Bürgerversammlung initiierten ´AG Energie´, die sich der Informationsbeschaffung und -bereitstellung als Diskussionsgrundlage für alternative Möglichkeiten widmet. „Erstmal schlau machen“ – ist hier die Maxime. Er möchte die aktuelle Verzögerung im Planungsgeschehen um konkrete Planungsvorhaben von Windkraftanlagen nutzen, um erneut Bürgerdiskussionen über Zukunftskonzepte anzuregen. Wichtig ist ihm dabei, dass die energetische Weiterentwicklung der Region in Zusammenhang zur generellen zukünftigen Entwicklung des Oderbruchs gestellt wird.

Er berichtet von der unbestrittenen Funktion des Oderbruchs bis 1989, als ´Gemüsekammer´ der Haupt- und Großstadt Berlin deren Lebensmittelversorgung zu garantieren. Als mit der Wende diese Aufgabe zerschlagen wird, „kämpfen die Bauern ums Überleben und bauen das an, was gerade gefördert wird“. Es bleibt die Suche nach einer neuen Funktion. Er könnte sich  verschiede Ansätze vorstellen: die Wiederaufnahme der subventionierten landwirtschaftlichen Lebensmittelproduktion für den Großraum Berlin oder die Integration der Landschaft in die energiepolitischen Ziele des Landes Brandenburgs.

Dabei geht es ihm in erster Linie um die Kommunikation und den Austausch über Möglichkeiten mit einer hohen Bürgerbeteiligung.
Das macht ihn auch zum Kontrahenten der WEA-Befürworter in der aktuellen Diskussion um die WEA-Planung, da zu diesem Vorhaben seiner Meinung nach nicht genügend Austausch und Alternativen-Abwägungen stattfanden. Sein Wunsch wäre die offene Diskussion mit Bürgern und Gemeindevertretern mit OFFENEM Ende:

„Die Lösung kann man nur gemeinsam mit den Leuten aus der Region finden.“ In diesem Sinne ist den Zielen des Landes hinsichtlich der Verstärkung der Windenergienutzung nichts entgegenzusetzen, jedoch muss die Diskussion um die Frage ergänzt werden, was bzw. welche Form der alternativen Energienutzung in welcher Region angemessen ist.

So sind 200m hohe Windräder generell ein riesiger Eingriff ins Landschaftsbild, meint Udo Schagen, verbunden mit der Anmerkung, ob WEA im Hügelland oder auf alten Industriebrachen nicht besser integrierbar wären als in der flachen Ebene. Zudem ist ein Eingriff dieser Art nutzungsmaßstäblich im Oderbruch nicht mit bisher geschehenen Eingriffen vergleichbar.

Er sieht keine Unterstützung durch das Land für die Gemeindeebene, die Gestaltungs-Verantwortlichkeit würde den Gemeinden aufgezwungen, ohne dass diesen Fachkunde und  Mittel zur Verfügung stehen, professionelle Planungsvorläufe und die Prüfung von Alternativen umzusetzen. So sind die Gemeinden von Interessen privater Anbieter abhängig, die mit professionell unterfütterter Definitionsmacht denkbare Gegenmodelle verhindern. Die Regionen sollten sich nicht nur als die ´betroffenen Opfer´ darstellen, sondern sich in aktuelle Diskussionen einbringen. Diese Beteiligung müsste  allen Gemeindemitgliedern zugleich eine ökonomische Teilhabe am Gewinn einbringen. Konkret bedeutet das Positiveffekte für die Region in Bezug auf den Zusammenhalt, der durch gemeinsames Interesse und Engagement gefördert wird.

Er würde sich wünschen, dass Gemeindevertreter und Bürger in vertieften Austausch über die Region und ihre möglichen Perspektiven treten, woraus konkrete Projektideen entwickelt werden könnten. Damit kommt die Gemeinde auch weniger in die Verlegenheit, „nach jedem Strohhalm“ der finanziellen Förderung greifen zu müssen. Hier schließt der Gedanke einer autarken Energieversorgung an, der Biogasanlagen und auch Blockheizkraftwerke einbezieht.
Er hält eine ganzheitliche Betrachtung mit gemeindeübergreifendem Austausch für die Lösung, um der Landesregierung mit handfesten Ideen entgegenzutreten.

„Menschen dazu zu bringen, etwas Anderes zu tun, als das, was sie schon immer getan haben, ist ein langwieriger Prozess und man kann sich nicht mal sicher sein, inwiefern das Andere wirklich besser ist. Doch das ist immer ein sich entwickelnder Ablauf.“

Niki Schulz ist Landwirt in Altmädewitz. In der Landwirtschaft groß geworden, leitet er heute den eigenen Familienbetrieb mit einer Größe von 600 ha. Auf den Flächen werden überwiegend Winterraps und -gerste, Raps, Hafer und Mais angebaut. Ebenso wird Saatgut von Erbsen und Gras gewonnen. Eine Entenmastanlage existiert in Altmädewitz, eine weitere steht im Bau.

Schön seien die Windkraftanlagen nicht, Geräusche machen sie außerdem. Trotzdem hat Herr Schulz den Windkraftanlagen nichts entgegenzusetzen. Schließlich sei es vom Staat gewollt.
Wie die Leute grüne Energie nutzen wollen, aber diese nicht vor ihrer Haustür produziert werden soll, ist ihm ein Rätsel.
Unter den Landwirten besteht oftmals großer Neid. Denn besitzt der eine Landwirt wertvolle Flächen in einem Eignungsgebiet für Windkraftanlagen, kann ein anderer Landwirt Pech haben.

Insgesamt würde das Verständnis der Bürger gegenüber der Landwirtschaft immer geringer. Dass die Landwirtschaft heute so stark in Verruf geraten ist, hätte er nicht für möglich gehalten. Als noch jeder einen eigenen landwirtschaftlichen Hof führte, war das Verständnis ein anderes. Die Landwirtschaft erscheint heute in einem verzerrten Bild. Über die aktuelle landwirtschaftliche Praxis wüssten die wenigsten etwas. Es fragt ja keiner nach.

Olaf Wadewitz kommt gebürtig aus dem Oderbruch. Er ist gelernter Maurer und studierter Hochbauingenieur.

Bereits seit 1989, noch zu DDR-Zeiten, war er als Selbständiger mit seinen Angestellten in seiner Firma „Wärmeisolierung“ tätig. Zu dieser Zeit waren die technische Isolierung von Sanitär- und Heizungsanlagen und deren Leitungen in Eigenheimen bis hin zu  großen Aufträgen wie Isolierungsarbeiten in Wohnkomplexen, Einkaufszentren im Umkreis, aber auch besonders im Raum Berlin Hauptbestandteil seiner Arbeit.

Von 1996 – 1997 war eines seiner Ziele, Häuser in einer Bauweise aus natürlichen und nachhaltigen Materialien in der Region zu etablieren. So ist ein 4-Familien-Wohnhaus ohne Einsatz chemischer Bestandteile in Neutrebbin entstanden. Zu damaliger Zeit war es das erste Mehrfamilien-Wohnhaus in dieser Bauweise in ganz Deutschland überhaupt.

„Wissen ist Macht und wenn man viel weiß, kann man viel machen.“ Aufgrund von Auftragsrückgängen im Bereich der Wärmeisolierung orientierte er sich ab Anfang 2000 in Richtung Erneuerbare Energien. Er besuchte Seminare speziell zur Thematik Photovoltaikanlagen und gründete 2005 die Firma „Solarstrom Wadewitz“.

In der weiteren Entwicklung wurde aus der Firma „Solarstrom Wadewitz“ im Jahr 2009  die „Meine Solar GmbH“. Seine Firmenphilosophie beinhaltet besonders die Umsetzung der regionalen Nachhaltigkeit, speziell auch den Einbezug regionaler Firmen für den Aufbau dieser Anlagen. „Ich baue jede Anlage so auf, als wäre es meine.“

Die Energiewende erlebte Wadewitz durch die Veränderung der Eigenbedarfsansprüche in Bezug zu der Vergütung von eingespeistem Strom. Die Subventionierung der Solarenergieerzeugung förderte jedoch sehr stark den Kommerz-Gedanken und nicht den Grundgedanken, grünen Strom zu erzeugen und das Stromnetz zu entlasten.

Gut ist nun, dass der aktuelle Trend innerhalb der Solarenergie zum Einsatz von Akkuspeichern für die eigene Nutzung des produzierten Stromes geht. Nach dem Überlaufprinzip wird hier erst der Tagesverbrauch bedient, dann der Akku geladen, und der Rest der Energie wird ins Netz eingespeist.

Die Lebensdauer kann bis zu 35 Jahre und mehr betragen. Die ältesten Anlagen existieren bereits 35 Jahre und haben noch eine Leistung von ca. 60%. Eine PV-Anlage benötigt ca. drei Jahre, um die bei ihrer Herstellung verbrauchte Energie zu reproduzieren. Wird diese Anlage nicht mehr benötigt, kann diese vollständig abgebaut und recycelt werden (gilt bei PV-Anlagen mit mono- bzw. polykristallinen Modulen).

Für ihn ist eine Investition in diese Art der Erneuerbaren Energien richtig. „Was nutzt mir das Geld? Das kann ich nicht essen. Dann lieber sinnvoll investieren.“

Seine Vision für die Zukunft beschreibt er so:

„ Für unsere Region – das Oderbruch – wäre eine Versorgung mit Strom allein aus Erneuerbaren Energien möglich.“

Grundsätzlich hat er gegen Windenergie- und Biogasanlagen keine Einwände, wenn die Rahmenbedingungen festgelegt sind und es keine Überdimensionierung sowie zu geringe Abstände zu Wohngebieten gibt: „Vernunft muss walten, Verhältnisse müssen stimmen und der Bedarf muss vorhanden sein.“

Es müsste so gestaltet werden:

1. Die Grundversorgung wird durch die bereits vorhandenen Biogasanlagen gesichert.

2. Jeder Hausbesitzer (eingeschlossen Industrie und Gewerbe) nutzt die Möglichkeit, durch eine PV-Anlage mit oder ohne Akkuspeicher oder durch eine Klein-Windkraftanlage seinen Strombedarf bis zu 70%  aus dem selbst erzeugten Strom zu decken.

3. Eine weitere Möglichkeit ist, durch ein hauseigenes BHKW (Blockheizkraftwerk) seinen Wärme- und Strombedarf besser bzw. unabhängiger zu erzeugen und zu nutzen.

4. Alle Neubauten sollten, vom Gesetzgeber geregelt, mit diesen aufgeführten Technologien genehmigt bzw. errichtet werden.

„Ganz Brandenburg könnte sich energetisch selbst versorgen, wenn die Energie nicht exportiert würde.“

Dies würde bedeuten, dass die Stromnetze in unserer Region nicht unnötig erweitert werden müssen. Das eingesparte Geld könnte somit die Strompreise niedrig halten, aber auch für soziale Zwecke besser eingesetzt werden. Öffentliche Gebäude könnten somit mit Erneuerbaren Energien-Technologien aufgewertet werden.

Der Bürgermeister und Regionalrat Ralf Lehmann wurde 1962 in Bad Freienwalde geboren und ist dort auch aufgewachsen. Nach seinem Maschinenbau-Studium in Berlin kehrte er in die Stadt zurück und ist seit über 19 Jahren Bürgermeister von Bad Freienwalde. Außerdem ist er als Regionalrat stimm­berechtigtes Mitglied der regionalen Planungsgemeinschaft Oderland-Spree. Sie setzt sich zusammen aus drei Gebietskörperschaften: der Stadt Frank­furt/ Oder und den Land­kreisen Oder-Spree sowie Märkisch Oderland.

Für Ralf Lehmann „profitieren“ der Kurort und das Oderbruch durch das kulturell-künstlerische und infrastrukturelle Angebot voneinander, wobei das Oderbruch in erster Linie „schmückendes Beiwerk“ für die Besucher der Stadt Bad Freienwalde sei. Er selbst schätzt das Oder­bruch als Ziel für Ausflüge am Wochenende, z.B. zum Theater am Rand oder zu den Kunst-Loose-Tagen.

Die bisherigen Beschlüsse der Regionalplanung hinsichtlich der Ausweisung von Potentialflächen für erneuerbare Energien (Windpark) werden von Herrn Lehmann unterstützt. In seiner Funktion als Regionalrat stellt er klar, dass Regionalplanung Zeit braucht, wenn die Ergebnisse ordentlich und klagefest sein sollen.

Wegen der Anforderung an Kurorte ist Bad Freienwalde kein Standort für  Windkraftanlagen, um die Attraktivität des Ortes für Touristen nicht zu mindern. Die Beeinträchtigung der Landschaft im Oderbruch durch die Planung von WEA ist für Ralf Lehmann durchaus gegeben. Er ist jedoch der Meinung, dass sie durch die Konzentration der Anlagen auf wenige Standorte reduziert werden kann.

Persönlich ist er gegen den Verbrauch fossiler Brennstoffe. Er vertritt die Ansicht, dass vorrangig Maßnahmen zur Einsparung von Energie getroffen werden müssen und schlägt zum Beispiel Außen­raumbeleuchtung mit LED vor. Allein durch eine Energiegewinnung mit Windkraft sieht er keine Chance für die Region, sondern hält auch in der Zukunft eine Mischung unterschiedlicher alternativer Energien für erforderlich. Konkret denkt er dabei an Wasserkraftnutzung, Solarparks und Wind.


Neureetz mit Windenergieanlagen:
Energisches Oderbruch – die Energiewende in der Landschaft

Für einige Sichtachsen wurden Visualisierungen angefertigt, die den geplanten Windpark Oderaue vorwegnehmen. So könnte Neureetz aus Richtung Neuküstrinchen aussehen, wenn der Windpark errichtet wird.


Die Energiewende im Oderbruch
ein Film von Constanze König


 

Auf der Netzstation

Aus den Befragungen der Oderbrücher sprechen viele unterschiedliche Sichtweisen, zu einer einfachen Aussage lassen sie sich nicht verknüpfen. Die Sommerschüler haben sich dennoch intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, welche Thesen und Erkenntnisse sich, aller Differenzen zum Trotz, angesichts einer Landschaft inmitten der Energiewende, vertreten lassen. Anhand der einzelnen Szenen, die in der Aufführung im Theater am Rand gespielt worden, werden diese Überlegungen hier knapp wiedergegeben:


Alle auf einmal:
Der Diskurs über die Energiewende 2013 ist laut und aufgeregt. Verschiedene Interessen, persönliche Ängste und ökologische, ethische oder soziale Argumente konstituieren diesen Diskurs. Das Engagement vieler Menschen in der Auseinandersetzung ist groß, wie die verschiedenen Argumente und legitimen Belange gegeneinander gewichtet werden sollen, bleibt aber offen.


Ja, aber:
Unter den Befragten herrscht ein gesellschaftlicher Konsens, dass die Umstellung der Energieversorgung auf Wasser, Wind, Sonne und Biomasse sinnvoll und notwendig ist. Trotzdem wird diese Zustimmung von vielen Einwänden bestimmt. Tatsache ist, dass sich die Gewinninteressen in der Energiewende leicht hinter der gesellschaftlichen Anerkennung ihrer Notwendigkeit verstecken lassen, während Bedenken als unvernünftig und egoistisch erscheinen. In der Energiewende ist es bisher nicht gelungen, diese moralischen Zuweisungen zu durchbrechen.


Der Zauberlehrling:
Mit dem Rückgriff auf Goethes Ballade vom Zauberlehrling wird an die naiv-optimistische Installierung der Energiewende durch die Politik erinnert. Im Gegensatz zur Elektrifizierung vor über einhundert Jahren wurden dieses Mal überwiegend Wettbewerbsanreize gesetzt und andere Steuerungsansätze vernachlässigt. Die Wettbewerbsanreize in entsprechen den Besen in Goethes Gedicht – einmal entfesselt, hören sie nicht mehr auf. Im Gegensatz zum Zauberlehrling fehlt in der Energiewende ein Meister, der den entfesselten Wesen Stillstand gebieten könnte.


Der Zug rollt:
In der Metaphorik vom rollenden Zug wird ebenfalls die Eigendynamik des gegenwärtigen Prozesses thematisiert. Entscheidend ist zunächst, wo der Zug der Energiewende überhaupt anhält, wer also auf ihm mitfahren kann, wer nur als Trittbrettfahrer geduldet wird und wer als blinder Passagier gilt. An einigen Stationen – etwa am Bürgerenergiedorf – fährt der Zug einfach vorbei. Mafiöse Beziehungen spielen bei der Zugfahrt ebenso eine Rolle wie besorgte Reisende, denen das Tempo zu hoch ist. Als eine Bürgerinitiative den Zug anhalten will, biegt dieser einfach auf ein anderes Gleis ab und fährt ins Ungewisse…


Zugereiste!
Eine wichtige Zuschreibung in der Auseinander-setzung über die Energiewende ist immer wieder die Einordnung missliebiger Akteure als Zugereiste, die nicht im Oderbruch verwurzelt sind und deshalb nicht mitreden könnten. Die Szene führt vor Augen, wohin es letztlich führt, wenn das Kriterium des Angestammtseins für die Relevanz von Argumenten in Anspruch genommen wird.


Orientierung:
Die bebaute Landschaft ändert sich durch die Energiewende drastisch. In der Szene wird gezeigt, auf welche unterschiedlichen Landmarken Menschen in der Landschaft Bezug nehmen. Wenn das Windrad den Kirchturm überragt und die Biogasanlage zum größten Baukörper des Dorfes wird, muss ich auch das Orientierungssystem der Menschen neue Anhaltspunkte suchen.


Schweigen Angst Ohnmacht:
Die Schriftbildfolge führt den Zusammenhang von Macht und Ohnmacht in den Auseinandersetzungen um die Gestaltung der Energiewende in den kleinen Dorfgemeinschaften vor Augen: hergestellt wird er vom Schweigen.


Komm Voran:
In einem Song finden die Studenten einen Ausdruck für die Offenheit und Courage, die in den Zeiten der Energiewende nötig sind: „Stell dich den Fragen und lauf nicht davon, such Perspektiven, denn die Zukunft wird komm!“


Gerüchteküche:
Wo nicht miteinander gesprochen wird, wachsen Gerüchte und Verschwörungstheorien. Verantwortung wird delegiert: an die Ämter, an Anwälte, Verbände, Investoren. Sich zu kümmern ist dagegen eine elementare zivilgesellschaftliche Haltung, die auch in der Energiewende durch nichts zu ersetzen ist.


Zerreißprobe:
Menschen passieren einander im Dorf, die im Zuge der Etablierung einer Windfarm plötzlich unterschiedliche Rollen einnehmen. Eigentlich kennen sie sich, aber die jüngsten Ereignisse haben sie in ein Geflecht an Missverständnissen und Verdächtigungen eingewoben, das die Dorfgemeinschaft beansprucht.


Das passt:
Was in eine Landschaft passt (und wie viel davon) obliegt vielen persönlichen Vorlieben und Prägungen. Planerisch erarbeitete Vorrang- und Ausschlussgebiete machen noch kein Landschaftsbild und wenn die Frage, was denn nun wirklich passt, nicht in Ruhe gestellt und gemeinsam beantwortet wird, geht es chaotisch zu.


Palim Palim:
Ein Landbewohner will Zeiten der Energiewende seine Kulturlandschaft gestalten und sucht zur Beratung in einen „Fachhandel“ auf. Bald muss er erkennen, dass sich in der Logik der Fachplanung seine eigene Umgangsweise mit dem Raum nicht wiederfindet. Kriterien leuchten noch ein, aber Tabukriterien? Und was ist der Unterschied zwischen weichen und harten Kriterien? Entsteht so eine gestaltete Kulturlandschaft?


Schwarzer Peter:
Eines der größten Probleme der Energiewende für die Regionen liegt darin, dass fast alle Faktoren zu ihrer Beeinflussung außerhalb der Regionen liegen. Der Prozess hat also massive Auswirkungen auf die Landschaften, kann aber aus diesen heraus nur schwer gelenkt werden. Dieser Effekt verstärkt sich, wenn die Beteiligten ihre individuelle Verantwortung gezielt ausblenden und lediglich auf äußere Instanzen oder Zwänge verweisen. Der Schwarze Peter wird systematisch delegiert – somit erscheint die Energiewende als unbeeinflussbar.


Autarkie?
Viel wird im Zuge der Energieprobleme unserer Gesellschaft über Modelle der Autarkie gestritten. Einerseits sind große europäische Netzlösungen die Voraussetzung für eine erfolgreiche Umstellung auf regenerative Energien, zugleich ist eine erfahrbare Korrelation zwischen regionaler Produktion und Verbrauch die Voraussetzung für einen vernünftigen Umgang mit Energie. Wie lässt sich dieser Widerspruch lösen? Worauf vertrauen wir, wenn wir in einer offenen Situation sind – auf uns selbst oder auf andere?


Auf der Netzstation:
Die Erfahrungen der großen Netzbetreiber unter den gegenwärtigen Bedingungen gleichen einem turbulenten Seiltanz. In Anlehnung an das Reeperbahnlied wurden diese Erfahrungen komödiantisch verarbeitet: „Blechern klingts im Briefekasten: EEG, die Neuversion. Höh‘re Kosten, größ‘re Lasten, Stress für meine Netzstation. Immer mehr Erneuerbare drücken in unsern Stromverkehr. Strom ist eine heikle Ware, Nerven lass ich immer mehr. Wind weht, immer stärker, Räder drehn sich, ich sag nicht nein! Sonne scheint seit früh um neune, ja es pratzelt kräftig rein. Megawatt ach es sind zu viel, oh die Sonne ist hin, ne Wolke, ne Flaute und plötzlich bricht die Chose in. Auf der Netzstation tags um halb eins, ob du Grundlast hast oder hast keins, amüsierst du dich, oder eher nicht, auf der Netzstation tags um halb eins.Wer noch niemals bei Tag oder Nacht eine Abschaltung panisch gemacht, in Zwölfstundenschicht, ist ein armer Wicht, um den Schlaf ist man damit gebracht!“

 
Ausblick
Energisches Oderbruch - die Energiewende in der Landschaft

 

Ja, aber

Energisches Oderbruch - die Energiewende in der Landschaft

 

Der Zug rollt

Energisches Oderbruch - die Energiewende in der Landschaft

Zugereiste

Energisches Oderbruch - die Energiewende in der Landschaft

Orientierung

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Komm Voran

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Zerreißprobe

Energisches Oderbruch - die Energiewende in der Landschaft

Das passt

Energisches Oderbruch - die Energiewende in der Landschaft

Palim Palim

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Schwarzer Peter

Energisches Oderbruch - die Energiewende in der Landschaft

Autarkie

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