Ein Lied fürs Bruch
Liederfest im Gasthof Kienitz am Hafen, 13. Mai 2006
Das Land hat mindestens dreißig Lieder. Einige sind sehr alt, etwa ein Wiegenlied im beinahe ausgestorbenen Oderbruchplatt. Andere gibt es gerade erst ein paar Jahre, sie entstanden in den neunziger Jahren, als in vielen Orten des Oderbruchs die Tradition gesucht und neu erfunden wurde. Und viele Lieder wurden auch eigens für das Liederfest in Kienitz geschrieben.
Die Beiträge waren vielfältig, manche hatten gleich zwei Lieder eingeschickt. Für das Fest am Hafen mussten sich die Interpreten auf ein Stück beschränken. Ihre Auftritte wurden in drei Blöcke geteilt: Chor, Lied und Unterhaltungsmusik. Um einen kleinen Anreiz zuschaffen, wurde per Beifall über das beliebteste Lied abgestimmt – die Lautstärke und die Länge des Beifalls wurden gemessen.
Am 13. Mai 2005 war der Gasthof in Kienitz bis auf den letzten Platz gefüllt. Durch die zahlreichen Chorsänger bestand das Publikum des Tages größtenteils aus Sängern, die selbst auch einmal auf der Bühne standen. Die Atmosphäre war festlich fröhlich, man begann mit einem Kanon, einstudiert mit Sebastian Undisz: „Ob an Mississippi, Elbe oder Oder, irgendwann kommt doch der Moder. Drum freut euch eurer lebendigen Leiber: Männer und Weiber!“
Impressionen
Dann folgten die Beiträge:
Die Chöre:
Chorgemeinschaft Insel und der Bralitzer Bläserchor – Leitung: Martin Rätz
„Bralitzer Heimatlied“
(Herbert Zech/Martin Rätz)
Reetzer Sänger – Leitung: Heike-Doreen Ehling
Im schönen Odertale
Singekreis Neulewin – Leitung: Julian Baugatz
Oderland, Heimatland
(Klaus-Dieter Pankrat)
Lied hören: Oderland Heimatland
Oderbruchchor Manschnow – Leitung: Christel Meichsner
Lied vom Oderbruch
(Christel Meichsner)
Lied vom Oderbruch
König Friederich der Große
Ließ entwässern dieses Land,
Deiche bauen, Gräben ziehen,
fruchtbarer Acker entstand.
Refr.
Vom Barnim im Norden bis Reitwein am Sporn.
Das Land an der Oder ist Heimat geword’n.
Hier kann man noch Weißstorch und Wildgänse seh’n.
Du Bruchland der Oder, ich finde dich schön.
Du Bruchland der Oder ich finde Dich schön.
Leute, die es nie besessen,
siedelten in Preußen an,
Ob Franzosen, Schwaben, Hessen:
Ein neuer Anfang begann.
Refr.
Kommst du Fremder von den Höhen,
schweift der Blick ins weite Land:
Knorrige Weiden, satte Böden
sind Teil vom märkischen Sand.
Refr.
Doch der scheinbar ruhige Flusslauf
Ist von trüg’rischer Natur,
Hohes Wasser birgt Gefahr
Für Deich und Mensch und Flur.
Refr.
Musik und Text: Christel Meichsner
Lietzener Frauenchor – Leitung: Erika Böse
Mein Wiesenweg
Lieselotte Turkat
Die Lieder:
Die blauen Pferde – Leitung: Corinna Lorenz
Das Oderbruchlied
(Corinna Lorenz)
Die „Blauen Pferde“ als Gruppensieger dürfen sich auf einen Nachmittag im „Gänseblümchen“ in Schiffmühle freuen.
Siegertitel hören: Die blauen Pferde – Oderbruchlied
Heinz und Gisela Prügel – Gudrun Anders, acc.
Ein Lied über das Oderbruch
Ein Lied über das Oderbruch
Das Oderbruch mein Heimatland
wir lieben dich mit Herz und Hand,
von unserm Fenster wunderschön
kann man das Bruch gut übersehn.
Oh, Oderbruch du schönes Land
bist weltbekannt.
Einst kam der alte Fritz da her
und sah von hier das große Heer,
er sprach es laut und mit bedacht:
hierraus wird Ackerland gemacht.
Ließ bauen einen Oderdamm
recht lang und stramm.
Der Durchstich der ward auch vollbracht,
nun trocknet es bei Tag und Nacht.
Jetzt brauch ich Leute für das Land
die es hegen und pflegen ein Lebenlang
so schuf hier seine Exzellenz
manch Existenz.
Ein Feuersturm zog durch das Land
uns Alten ist ’s noch sehr bekannt,
zum Himmel und Gott wir flehten
sie ist über die Ufer getreten
Wir sind dir treu mein Oderland
mein Heimatland.
Nach der Melodie das Wandern ist des Müllers Lust
Text: Heinz Prügel /Melodie: Carl-Friedrich Zöllner
Jens-Uwe Bogadtke (voc.)
Suse juskin Suse – Wiegenlied
Lied hören: Wiegenlied
Oderbruch-Lied
Immer wenn ich ferne bin, schlägt mein Herz nach dir,
es ziehen laue Abendwinde durch unser Revier,
am Ufer stehen gekappte Weiden mit Blick zum Oderstrand,
wo der Himmel endlos scheint ist unser Oderland…
Refrain:
Wo die weiche Welle wohl an das Ufer schlägt,
wo Natur und Mensch sich so friedlich verträgt,
wo der Adler kreist und wo der Reiher schreit,
da ist unser Oderbruch, so einsam, wild und weit.
Es wiegen bunte Wiesen sich, du siehst schwarz-weiße Kühe,
hier leben freie Menschen, sie scheuen keine Mühe,
alles ist im Einklang, der Deich ein grünes Band,
wo der Himmel endlos scheint ist unser Oderland…
(Refrain)
„Odra“ sagt der neue Nachbar, es macht kein‘ Unterschied,
an beiden Uferstränden blüht das gleiche Ried,
nach langen schweren Kämpfen gibt man sich nun die Hand,
wo der Himmel endlos scheint ist unser Oderland…
(Refrain)
Text & Musik: Reinhart Rochlitz
Lied der Oderbrücher
(Hans Andreas/Olaf Gäbel)
JotWeDe – Heike Mildner, git. Corinna Lorenz, acc.
Leben im Oderbruch
(Heike Mildner)
Leben im Oderbruch
Fortgesetzter Selbstversuch.
Leben im Oderbruch,
Fortgesetzter Selbstversuch.
Weit reicht das Auge
Weit, weit ins flache Land hinein
Hier wolltest du zu Hause sein
Und nicht nur ein Gast
Wolltest hier bleiben
Wo es sich leichter leben lässt
Fernab von Lärm
und Staub und Stress
Große Stadt bye bye.
Leben im Oderbruch
fortgesetzter Selbstversuch…
Wie hat man dich empfangen
Herzlich mit offnem Blick
Fremder, versuch ’s und mach dein Glück
Komm, du machst uns reich.
Wie hat man dich empfangen,
Skeptisch, was will denn der
Hier ziehn ja doch nur Spinner her
Bringt ja kein Gewinn
Leben im Oderbruch…
Wurzeln zu schlagen
Fällt hier nicht immer leicht,
Wo Arbeit nicht für alle reicht
Die eignen Kinder ziehn
Fort von zu Hause
Wohlstand und Arbeit hinterher
Als wenn das wirklich alles wär
Oderbruch bye bye
Doch um Wurzeln zu schlagen
Ist der Boden hier immer noch
fett und gut
Manchmal ein bisschen verhärtet –
Da hilft nur lockern
und locker bleiben,
ne führe Hühnermist –
und locker bleiben
ein bisschen Fantasie –
und locker bleiben
ein Lied, ein Witz, ein Lachen –
und locker bleiben
was sagt der Alte Fritz –
na, locker bleiben
jeder nach seiner Fasson…
Leben im Oderbruch
Fortgesetzter Selbstversuch,..
Texte & Musik: Heike Mildner
Roswitha Klahs – Gudrun Anders, voc., acc.
„Vom Oderbruch“
Gertrud Kunze – Gudrun Anders, voc., acc.
Wuschewier-Lied
(Kurt Suszek)
Wo den Disteln stets das Herz im Leibe lacht,
wo sich Fuchs und Hase sagen gute Nacht,
wo die Wellen plätschern fern bei Butschkes Loch,
da ist meine Heimat, und da ist sie noch.
Wo die Rüben wachsen wie ein Kürbis groß,
wo das Gold heran wächst aus der Erde Schoß,
wo die Ackerwagen voller Schlamm und Dreck,
da ist meine Heimat, da geh‘ ich nicht weg.
Wo das Spritzenhaus an einem Tag entstand,
wo die Bauern streiten sich um jedes Stückchen Land,
wo um sechs Uhr abends stets das Licht geht aus,
da ist meine Heimat, da bin ich zu Haus.
Tief versteckt im Oderbruch liegt Wuschewier,
wo zu Herbsteszeiten in Strömen floß das Bier,
wo die Menschen immer taten ihre Pflicht,
da ist meine Heimat, die verlaß ich nicht.
Lehrer Kurt Suszek
Melodie: Nordseewellen
1952
Eleonore Kühn
„Winter im Oderbruch“
Gedicht
In Erwartung liegt das Land
sanfter ist der Wind geworden
Vögel ziehen schon nach Norden
und der Winter scheint gebannt
Dunkler Mantel deckt das Feld
schwer von Lehm und Ton durchzogen
gleicht die Scholle Wasserwogen
die erst mit dem Frost zerfällt
Weiden stehn am Wegesrand
schwarze Stämme, kahl und bloß
ihre Häupter zweigelos
kurz gestutzt von Menschenhand
Schollentragend treibt der Fluß
seine Wasser hin zum Meer
seine Ufer menschenleer
peitscht ein kühler Regenguß
Endlos weit der Himmel reicht
noch von Wolken schwer verhangen
noch im Nebelgrau gefangen
und im Winterlicht gebleicht
Die Oder
Gedicht
Da möcht‘ ich jetzt sein
Da, wo die Sonne scheint und die Oder leise fließt
Gluckst und plätschert in ihrem Bett,
Da, wo der Wind immer weht,
Auch an heißen Tagen
Da, wo nie ein Lüftchen steht
Ich kann meine Sorgen dorthin tragen
Alle, die mich heute plagen.
Ich kann mir von der Oder ein Lächeln borgen
Und dann denk ich nicht an Morgen,
wenn ich auf dem Damm stehe
Und all meine Sorgen in den blauen Himmel fliegen sehe,
Dann geht’s mir wieder gut.
Dann könnt‘ ich ewig spazieren gehen,
Da wo die Blumen blühn‘ und die Weiden stehn
Dann pfeif ich auf alle Badeseen
Die will ich alle gar nicht sehn‘.
Das Schilf raschelt leise, Manchmal seh‘ ich ein Schiff auf seiner Reise –
Natur pur und Frieden nur.
Das alles gibt’s an der Oder, rund um die Uhr.
An der Oder lass ich all mein Glück.
Und wenn ich wiederkomm‘
gibt sie’s mir zurück.
Hanna Müller (14 Jahre)
Die Unterhaltungsmusik :
„Der alte Fritz“
„Oderbruchlied“
„Da wird die Sau geschlacht“
„Sommerzeit im Bruch“
„Mein Oderbruchlied“
Wilhelmine
„Schlammtour“
Wilhelmine unterwegs . Schlammtour durch das Oderbruch
Tobias Morgenstern
„Ranft, Reez, Gaul, Mädewitz“
Als Gewinner in der Gruppe „Unterhaltungsmusik“ wird Tobias Morgenstern demnächst bei „Koch&Kunst“ in Groß Neuendorf einkehren.
Siegertitel hören: Tobias Morgenstern – „Ranft, Reez, Gaul, Mädewitz“
Tobias Morgenstern bei der Zugabe
TANGO DU BRUCH
Es streichen trockene und kalte Winde
in meinem Garten um die neu gepflanzte Linde
und fragen lachend mich, ob es mich gar nicht zöge
an einen lieblichern und freundlicheren Ort?
Nicht nur das Klima zeige böse Lücken,
nein auch die Landschaft habe ihre Tücken:
sie sei zu flach und streichle nie das Auge
und sei doch viel zu nah am Fluss entlang gebaut!
Refr.:
Als Kolonist kam ich ins Bruch,
frei und schön zu leben
war mein herrlichstes Gesuch
an das Land und an Gott.
Und so ist es in den Jahren mir dann auch widerfahren,
darum lach ich den Winden gelassen ins Gesicht.
Die Winde greifen sich das Blatt vom Tage
und rascheln eine Klage mir und eine Frage:
kaum jemand findet in deiner Gegend Arbeit
kann sie denn ihre Leute überhaupt ernährn?
Für große Landmaschinen würde es genügen,
doch alle andern müssten sich damit begnügen,
auf ihre Beihilfen und Renten nur zu warten,
die Klügsten seien doch schon lange fort von hier.
Refr.
So fahrn die Winde mir geschwind ins Dach und rauben
mir einen Firststein auf dem sitzen sonst die Tauben,
und werfen ihn zum Abschied mir in den Weg;
sie haben bessres als zu streiten heut noch vor.
Und ich fühl in mir grad vom Kopf bis zu den Zehen
die eigne Schwäche noch wie kalte Winde wehen.
Die alten Oderbrücher wissen schon genau,
warum sie Windfänge an ihre Häuser bau’n.
Refr.
Kenneth Anders
Lied hören: „TANGO DU BRUCH“
Etwa fünf Stunden dauerte das Fest – ein gelungener Tag, der junge und alte Menschen, Laien und professionelle Musiker zusammenführte. Mehrfach wurden wir gefragt, ob wir an eine Wiederholung im nächsten Jahr denken. Nun – im nächsten Jahr wohl nicht. Aber in ein paar Jahren könnten wir uns wohl vorstellen, die Angel noch einmal auszuwerfen, und nach neuen Klängen im Oderbruch zu lauschen….
… am Schluss
Mitwirkende bei der Organisation des Liederfestes:
Catering/Gastronomie: Gasthof zum Hafen, Ehepaar Rochlitz
Einlass/Fotodokumentation: Lars Fischer
Moderation: Kenneth Anders
Eingangskanon: Sebastian Undisz
Künstlerbetreuung: Ina Wilhelm, Almut Undisz
Ton und Technik: Andreas Schröder
Videoaufnahme: Dietmar Schenk
Dokumentation: Claudia Fischer