Ein neuer Weg in der Energieholzgewinnung und ein Beitrag zur Regionalentwicklung im Oderbruch?
Von Patrick Thur
Über 1440 Kilometer Fließgewässer sichern die Vorflut im Oderbruch. Gehölzstrukturen sind die natürlichen Begleiter dieser Fließgewässer; sie wurden in den vergangenen Jahrzehnten jedoch so weit zurückgedrängt, dass nunmehr nur noch ungefähr ein Drittel der Gewässer gehölzbestanden ist. Typische Ufergehölze sind vor allem Weiden und Erlen als an die Standortbedingungen einer Flussaue besonders angepasste Arten.
Das Holz der Weide wurde im Oderbruch neben vielfältigen anderen Nutzungsformen lange Zeit auch zum Heizen verwendet. Schneller Wuchs, hohe Austriebskraft und die hohe Nachfrage am Holzmarkt sind auch heute wieder ausschlaggebend dafür, dass die Weide zunehmend als schnellwachsendes Gehölz auf Ackerstandorten – als sogenanntes Agrarholz – zur Gewinnung von Holzhackschnitzeln angepflanzt wird (Abb. 1). Das Oderbruch verfügt hierbei im brandenburgischen Vergleich über besonders gute Standortvoraussetzungen: Biomasseerträge von bis zu 16 t/a/ha im Intensivanbau wurden in Potentialberechnungen ermittelt (MURN 2007). Entscheidend hierfür ist vor allem die sichere Grundwasseranbindung. Es liegt folglich nahe, dass auch große Energieerzeuger ein Auge auf das Oderbruch werfen und mit dem Gedanken spielen, in der Region Kurzumtriebsplantagen für den Energieholzmarkt anzulegen. Im Rahmen der „Oderbruchfiktionen“ wurde 2008 innerhalb des Szenarios „Intensivierung“ aufgezeigt, welche Konsequenzen der intensive, großflächige Anbau vor allem holzartiger Biomasse für das Oderbruch mit sich bringen könnte. Diese Vision ist bei vielen Besuchern der dazugehörigen Ausstellung auf große Befürchtungen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der Region gestoßen.
Dennoch kann und sollte im Oderbruch die Erzeugung holzartiger Biomasse zur Wärme- und auch zur Stromgewinnung durch Kraft-Wärme-Kopplung in Zeiten des Klimawandels und der Abkehr von fossilen Brennstoffen nicht außer Acht gelassen werden. Es gilt, den Anbau schnellwachsender Gehölze als Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung der Landschaft sowie zur Erhöhung der regionalen Wertschöpfung in dieser strukturschwachen Region zu gestalten.
Aus diesen Erfordernissen entstand die Idee, die Gehölze heckenartig als lineare Landschaftsstrukturen entlang des Gewässersystems anzulegen. Nachfolgend werden diese Gehölzstreifen als „Kurzumtriebshecken“ bezeichnet.
Die Rahmenbedingungen eines solchen Konzepts wurden im Zuge einer Voruntersuchung abgesteckt; zahlreiche Fragen sind jedoch noch in Zusammenarbeit mit Akteuren aus dem Oderbruch und anschließend in ersten Versuchspflanzungen vor Ort zu klären.
Die Idee
Folgende Eckpfeiler des Konzepts lassen sich unter dem Vorbehalt weiterer Untersuchungen und einer Praxiserprobung im Oderbruch bereits jetzt skizzieren:
Als Gehölzart kommt vor allem die Weide infrage, da sie an die Standortbedingungen des Oderbruchs als Flusspolder hervorragend angepasst ist. Denkbar wäre auch die Verwendung von Pappeln, so z.B. der Zitterpappel (Aspe). Erlen verfügen nicht über die für Weiden typische Fähigkeit zum intensiven Wiederaustrieb.
Als Standorte für Kurzumtriebshecken eignen sich vor allem Gewässerränder, die über keine Ufergehölze verfügen (Abb. 2 und 3). Die Pflanzung sollte auf den Süd- und Westseiten direkt am Gewässer erfolgen, um dessen größtmögliche Beschattung zu erreichen; auf den Nord- und Ostseiten kann dann ein offener Grünstreifen für die Gewässerunterhaltung belassen werden. Denkbar ist eine Pflanzung auch ergänzend zu bestehenden Gehölzstrukturen; entweder in ausreichend großen Lücken dazwischen, in zweiter Reihe dahinter oder bei einseitigem Gehölzbestand auf dem gegenüberliegenden Gewässerrand (Abb. 4 und 5). Wo immer möglich sollten Kurzumtriebshecken als Nutzungskonzept bei der Ausweisung von Gewässerrandstreifen, z.B. im Rahmen von Bodenordnungsverfahren, eingebunden werden. Abb. 6 verdeutlicht, wie die Hecken in die Landschaft integriert werden könnten; Abb. 7 zeigt beispielhaft die vergleichbare Anpflanzung einer gewässerbegleitenden klassischen „Naturschutzhecke“ aus verschiedenen Gehölzarten.
Gepflanzt würde somit grundsätzlich auf Ackerflächen, auch wenn diese zu Gewässerrandstreifen im Sinne des geltenden Wasserrechts umgestaltet werden. Dadurch werden die Landwirtschaftsbetriebe des Oderbruchs zu zentralen Akteuren des Konzepts. Sie könnten entweder selbst die Pflanzung der Gehölze vornehmen oder Dritten die Möglichkeit bieten, auf ihren Flächen die Gehölzstreifen zu etablieren.
Maßgebend für das Pflanzmuster ist die Erntetechnik. Die Pflanzung kann ein- oder zweireihig erfolgen; die Pflanzdichte bemisst sich nach den geplanten Umtriebszeiten, die zwischen drei und zehn Jahren liegen – je länger diese gewählt werden, desto weniger Pflanzen werden pro Hektar gesetzt. Gepflanzt würden die Hecken nach einer gründlichen mechanischen Bodenvorbereitung entweder durch Stecklinge oder Setzstangen. Im ersten Jahr nach der Anlage müsste eine – aus ökologischen Gründen mechanische – Unkrautbekämpfung durchgeführt werden. Für die Ernte der Gehölze nach frühestens drei Jahren gibt es sogenannte Vollernter; aufgrund der kleinräumigen Strukturen empfiehlt sich für Kurzumtriebshecken im Oderbruch jedoch eher die manuelle Ernte oder der Schnitt mit einem Anbaumähgerät für Traktoren. Das Hacken des Holzes würde dann in einem zweiten Arbeitsgang mit einem Holzhacker entweder vor Ort oder an einem zentralen Lagerplatz erfolgen. Sämtliche Arbeitsschritte sollten von regionalen Unternehmern, vor allem von Forstdienstleistern, durchgeführt werden; beim Transport des Holzes könnten auch Landwirtschaftsbetriebe eingebunden werden. Lagerung und Trocknung sollten zentral erfolgen, am besten auf einem (noch zu errichtenden) regionalen Biomassehof.
Die gewonnenen Holzhackschnitzel würden primär zur Erzeugung von Wärme Verwendung finden, aus ihnen kann im Rahmen der Kraft-Wärme-Kopplung zusätzlich jedoch auch Strom gewonnen werden. Als mögliche Abnehmer für die Hackschnitzel kämen vor allem regionale Großabnehmer infrage; das wären in erster Linie öffentliche Gebäude kommunaler Einrichtungen, Firmen oder ganze Wohngebiete. Auch Privatpersonen oder Landwirtschaftsbetriebe sind potentielle Abnehmer.
Der Vertrieb die vorgeschaltete Pflanzung und Bewirtschaftung der Hackschnitzel sollten unter dem Dach einer Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft mit langfristig angelegten vertraglichen Bindungen erfolgen, um allen Beteiligten Liefer- bzw. Abnahme- und Planungssicherheit zu gewährleisten (Abb. 8).
Absehbare positive Effekte für das Oderbruch
Durch die Anlage und Nutzung von Kurzumtriebshecken an den Gewässern des Oderbruchs wären zahlreiche positive Effekte für die Region absehbar, die sich von der Landnutzung über den Naturschutz bis hin zur Regionalwirtschaft erstrecken könnten:
Neustrukturierung der Landschaft: Gehölzstreifen könnten die Landschaft insbesondere dort, wo sie durch die Gehölzentnahmen der letzten Jahrzehnte ausgeräumt ist, neu gliedern. Gewässerläufe als kulturhistorische Landschaftselemente würden betont, die Eigenarten der Kulturlandschaft des Oderbruchs gestärkt und die Region wäre für Bewohner und Besucher attraktiver. Kurzumtriebshecken wären auch ein erster Schritt zur Abkehr der Bewirtschaftung fast ausschließlich großflächiger Strukturen im Oderbruch.
- Neue Lebensräume und Trittsteine: Es entstünden neue Biotopstrukturen, also Lebensräume vor allem für Vögel und Wirbellose und Verbindungskorridore zwischen diesen. Die Artenvielfalt in der Landschaft könnte wieder zunehmen.
- Mikroklima: Hecken an Feldrändern wirken sich als Windschutz erwiesenermaßen günstig auf das Mikroklima auf den angrenzenden Ackerflächen aus, vor allem durch eine Erhöhung der Bodentemperatur und der Bodenfeuchte in ihrem Einflussbereich. Die Winderosion wird vermindert, Erträge können steigen. Dieser Effekt gilt auch für Energieholzhecken. So könnte auch den Folgen klimwandelbedingt sinkender Niederschläge entgegengewirkt werden.
- Koexistenz: Kurzumtriebshecken ermöglichen durch ihre Kleinräumigkeit die Koexistenz von Marktfruchtanbau und Energieholzerzeugung.
- Diversifizierung: Landwirtschaftliche Betriebe könnten sich durch den Anbau schnellwachsender Gehölze an ihren Ackerrändern ein weiteres wirtschaftliches Standbein im Energieholzbereich schaffen, ohne dafür den Marktfruchtanbau wesentlich zu reduzieren. Mit Kurzumtriebshecken bestandene Agrarflächen bleiben nach dem EU-Agrarrecht beihilfefähig.
- Gewässerqualität: Kurzumtriebshecken könnten sich positiv auf die Qualität angrenzender Fließgewässer auswirken, vor allem durch Beschattungseffekte und den Rückhalt von Nähr- und Schadstoffen aus angrenzenden Ackerflächen. Daraus folgt ein reduzierter Aufwand in der Gewässerbewirtschaftung durch geringeren Krautaufwuchs im Gewässerkörper. Kurzumtriebshecken können deshalb auch optimal in zu erstellende Gewässerbewirtschaftungskonzepte für das Oderbruch nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie eingebunden werden.
- Regionale Wertschöpfung: Kurzumtriebshecken können die regionale Wertschöpfung im Oderbruch erhöhen, wenn Pflanzung und Bewirtschaftung an Dienstleister aus der Region vergeben werden und der Vertrieb der Hackschnitzel regional erfolgt. Neue Firmen könnten sich rund um die Erzeugung und den Vertrieb von Hackschnitzeln etablieren.
- Beteiligungsmöglichkeit:Durch ihre Kleinräumigkeit und die damit verbundenen relativ niedrigen Anlagekosten bieten Kurzumtriebshecken die Möglichkeit, dass sich zahlreiche – auch kleine – Landnutzer an dem Konzept beteiligen.
- Energiewende: Kurzumtriebshecken können einen Baustein eines regionalen Gesamtkonzepts zur nachhaltigen Nutzung holzartiger Biomasse darstellen, so wie es im Rahmen des Projekts „Bioenergieregion Märkisch-Oderland“ angestrebt wird, und damit einen Beitrag zur (regionalen) Energiewende leisten.
- Multifunktionalität: Die Idee ermöglicht ein Nebeneinander verschiedener Nutzungskonzepte und stellt damit einen Schritt in Richtung landschaftlicher Multifunktionalität als zukunftsweisende Form der Landnutzung dar. Langfristig bietet sich so die Chance, die für das Oderbruch typischen Abhängigkeiten von einmal eingeschlagenen Pfaden in der Landnutzung sowie damit verbundene Zielkonflikte aufzuweichen.
Umsetzungsrelevante Aspekte
Für eine erfolgreiche praktische Umsetzung von Kurzumtriebshecken an Gewässern wären zahlreiche Aspekte aus den in Abb.9 dargestellten Bereichen ausschlaggebend. Hieraus ergeben sich auch Hindernisse, die im Falle einer Realisierung zu bewältigen wären. Ausgewählte Aspekte werden nachfolgend zusammengefasst:
Landwirtschaft: Aus Sicht der Landwirtschaftsbetriebe stehen vor allem ökonomische Aspekte im Vordergrund. Nur wenn sich die Nutzung von Kurzumtriebshecken mit hoher Sicherheit als rentabel erweist wird es gelingen, Landwirtschaftsbetriebe in größerem Umfang in das Konzept einzubinden. Die Gehölzstreifen können zudem ein Hindernis auf Grünstreifen an Gewässern darstellen, die derzeit für Vorgewende und Zuwegung genutzt werden. Wichtig ist auch, dass die Gewässerbewirtschaftung weiterhin reibungslos durchgeführt werden kann, um eine ausreichende Entwässerung der Ackerflächen sicherzustellen. Landwirtschaftsbetriebe müssten den wesentlichen Teil der Flächen für die Gehölzpflanzungen zur Verfügung stellen; deren Verfügbarkeit wird jedoch unter anderem durch die Laufzeit von Pachtverträgen sowie die notwendige Zustimmung der Verpächter zu Gehölzpflanzungen begrenzt.
Gewässermanagement: Für das Gewässermanagement im Oderbruch – und damit vor allem für den Gewässer- und Deichverband Oderbruch (GEDO) ist der Zugang zu den Gewässern für deren Bewirtschaftung zu erhalten. Der mit Ufergehölzen verbundene Laubfall in das Gewässer kann zudem zur Eutrophierung der Gewässer beitragen. Drainagen als Bestandteil der Vorflut sind ein absoluter Hinderungsgrund für die Pflanzung von Kurzumtriebshecken, da Weiden auf der Suche nach Wasser mit ihrem Wurzelwerk in diese eindringen und sie zerstören können. Die genaue Lage der Drainagen ist oft unklar, ebenso ihre aktuelle Funktionsfähigkeit.
Bibermanagement: Eng verbunden mit der Gewässerbewirtschaftung ist das Bibermanagement. Völlig unsicher ist, in welchem Umfang sich die aktuelle Biberpopulation auf Kurzumtriebshecken aus Weiden auswirken würde. Weiden gehören zweifellos zur bevorzugten Nahrung von Bibern; Schäden sind also absehbar. Erschwerend kommt hinzu, dass die Zukunft des Bibermanagements im Oderbruch ungewiss ist, da das Landesumweltamt Brandenburg im April 2010 die Kompetenz hierfür wieder an sich gezogen hat. Kurzumtriebshecken sollten deshalb Bestandteil eines effizienten und lokal angepassten Bibermanagements werden.
Rechtliche Rahmenbedingungen: Aus dem Wasserrecht des Bundes und des Landes Brandenburg ergeben sich diverse Restriktionen; so sind z.B. der Schnitt gewässerbegleitender Gehölze auch im Kurzumtrieb und deren eventuelle spätere Rodung genehmigungsbedürftig. Das Pflanzenschutzgesetz untersagt ebenso wie das Wasserrecht den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im gewässernahen Bereich; der damit verbundene extensive Anbau birgt eine erhöhte Gefahr von Pflanzenkrankheiten bzw. Schäden durch Pflanzenkrankheiten, Insekten, Mäuse etc.
Erntetechnik: Die Erntetechnik ist einer der größten Kostenfaktoren bei der Erzeugung von Agrarholz; gleichzeitig befindet sie sich zum Teil noch in der Entwicklung. Regional verfügbar ist mit Sicherheit nur die recht aufwändige manuelle Ernte, die jedoch für kleinräumige Anbaustrukturen wiederum am kostengünstigsten sein kann. Hier besteht weiterer Untersuchungsbedarf, nicht zuletzt deshalb, weil vor der Pflanzung die Festlegung auf eine bestimmte Erntetechnik erfolgen muss.
Logistik: Kleinräumige, weit verteilte Anbaustrukturen erfordern eine gut konzipierte Logistik, die auch die Trocknung und Lagerung der Hackschnitzel umfassen muss. Geeignete Strukturen hierfür existieren im Oderbruch bzw. im Landkreis Märkisch-Oderland bislang noch nicht, sind aber durch die Aktivitäten im Zuge der „Bioenergieregion Märkisch-Oderland“ und der damit verbundenen Initiative „Märkisch-Oderland geht den Holzweg“ in Entwicklung, so z.B. in Form eines geplanten Biomassehofes.
Ökonomie: Unsicherheiten bestehen auch aus ökonomischer Sicht. Kleine, weit verteilte Anbaustrukturen erhöhen die Kosten auf Erzeugerseite; zudem ist die Entwicklung des regionalen Energieholzmarktes noch offen: Er erhält durch die „Bioenergieregion Märkisch-Oderland“ Auftrieb, zudem wurde bereits in Versuchspflanzungen auf Feldrandstreifen nachgewiesen, dass der heckenartige Anbau schnellwachsender Gehölze rentabel sein kann.
Fördermittel: Als „Starthilfe“ für Kurzumtriebshecken sind Fördermittel des Bundes oder Landes fast unverzichtbar; naheliegend ist zunächst eine Einbindung in die Förderung der „Bioenergieregion Märkisch-Oderland“. Darüber hinaus sollten z.B. Mittel des LEADER-Programms, aber auch Fördermittel für Agrarinvestitionen, zur Förderung des Biotopverbunds u.v.m. genutzt werden. Zudem sollten Kurzumtriebshecken in ein Förderprogramm zur Einrichtung von Gewässerrandstreifen eingebunden werden.
Akteurskonstellation: Notwendige Grundlage einer erfolgreichen Umsetzung von Kurzumtriebshecken ist eine günstige Akteurskonstellation, die von einem engen Zusammenwirken aller Beteiligten geprägt sein muss. Das Konzept benötigt eine breite Unterstützung sowohl aus der Landnutzung als auch aus Wirtschaft, Verwaltung und Kommunen. Diese Bedingungen sind durch das Netzwerk „Biofestbrennstoff Märkisch-Oderland e.V.“ sowie die Aktivitäten im Zuge der „Bioenergieregion Märkisch-Oderland“ bereits teilweise erfüllt; es besteht ein Dach, unter dem sich Akteure zusammenfinden können. Eine erfolgreiche Einbindung der Landwirte wird in diesem Zusammenhang zukünftig die größte Herausforderung werden.
Verwertung und Vertrieb: Die Schaffung dauerhafter regionaler Vertriebsstrukturen ist notwendig, um für alle Beteiligten – Erzeuger und Abnehmer – langfristig Sicherheit zu schaffen sowie die Wertschöpfung in der Region zu erhöhen. Dienstleister sollten in diese Strukturen eingebunden werden. Der Installation von Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung in der Region als Möglichkeit zur energetischen Verwertung des Holzes sollte besondere Aufmerksamkeit zukommen, um Einspeisevergütungen nach dem Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz nutzen zu können. Die Einbindung von Kurzumtriebshecken in ein regionales Gesamtkonzept zur Erzeugung und Nutzung von Holzhackschnitzeln wäre wichtig, um Versorgungssicherheit für den Verbraucher zu schaffen; dies würde vor allem die Kopplung mit Hackschnitzeln aus der Landschaftspflege und Durchforstungen bedeuten, vgl. Abb. 8. Die Zertifizierung durch ein Qualitätslabel für Energieholz, das derzeit für den Landkreis Märkisch-Oderland entwickelt wird, wird wichtig sein, um das Vertrauen der Abnehmer zu sichern.
Landschaftsästhetik: Das Oderbruch ist eine über Jahrhunderte gewachsene und von Elementen des Wasserbaus maßgeblich geprägte Kulturlandschaft. Ein weiter Blick in die Landschaft ist hier charakteristisch. Kurzumtriebshecken aus Weiden sollten deshalb so angelegt werden, dass sie den Charakter der Landschaft stärken und nicht etwa eine neue Monotonie erzeugen oder wichtige Sichtachsen schließen. Sowohl durch die Wahl der Weidenklone mit ihren vielfältigen Blatt- und Holzfärbungen als auch durch klug gewählte Anbaustrukturen kann das Oderbruch eine landschaftliche Bereicherung erfahren. Es könnten z.B. „Fenster“ in den Heckenstreifen belassen werden, die Sichtverbindungen herstellen, und kleine blockartige Anpflanzungen könnten die Hecken ergänzen, wo Raum dafür vorhanden ist.
Fazit
Gerade vor dem Hintergrund, dass der Landkreis Märkisch-Oderland als „Bioenergieregion“ gefördert wird, bietet sich die Suche nach einem Konzept zur nachhaltigen energetischen Nutzung von Gehölzen auch im Oderbruch an. Wenn dadurch zusätzlich neue Strukturelemente in die Landschaft eingebracht werden können, die diese ökologisch und ästhetisch bereichern, und wenn regionale Unternehmen von der Energieholzerzeugung profitieren können, dann kann das Oderbruch in seiner Gesamtheit durch ein Konzept wie das der Kurzumtriebshecken gewinnen. Die Kopplung der Gehölzstreifen an die Gewässer des Oderbruchs bietet sich aus landschaftsästhetischen und standorttechnischen Gründen genauso an wie aus dem Umstand heraus, dass in der Gewässerbewirtschaftung aufgrund der EU-Wasserrahmenrichtlinie neue Wege beschritten werden müssen.
Nun gilt es, das Konzept im Detail zu verfeinern, Strukturen für eine effiziente Bewirtschaftung und einen erfolgreichen Vertrieb zu erarbeiten sowie im Zuge erster Probepflanzungen Probleme vor Ort zu klären. Für all diese Schritte ist die Einbindung vor allem von Landwirten aber auch zahlreicher Akteure aus den anderen umsetzungsrelevanten Bereichen unverzichtbar. Dadurch erst wird auch die Idee in die Landschaft getragen, wo sie ihre Umsetzung erfahren soll.
Anregungen, Kritik und natürlich das Interesse an einer Zusammenarbeit zur Weiterentwicklung des Konzepts nimmt der Autor deshalb sehr gerne entgegen!
Patrick Thur wurde 1976 in Villingen / Schwarzwald geboren. An der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (FH) hat er Landschaftsnutzung und Naturschutz (B.Sc.) sowie Regionalentwicklung und Naturschutz (M.Sc.) studiert. In seiner Master-Thesis befasste er sich mit der Idee, Energieholzhecken an den Gewässern des Oderbruchs zu etablieren. Patrick Thur ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HNE Eberswalde und beschäftigt sich im Rahmen des Projekts „Innovationsnetzwerk Klimaanpassung Region Brandenburg-Berlin (INKA BB) mit dem Forschungsfeld „Klimaadaptierte Regionalplanung“.
Kontakt:
Patrick Thur
Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (FH)
Fachbereich Landschaftsnutzung und Naturschutz
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
„Innovationsnetzwerk Klimaanpassung Brandenburg Berlin“ (INKA BB)
Friedrich-Ebert-Strasse 28
16225 Eberswalde
Telefon 03334-657-360
E-Mail: patrick.thur@hnee.de
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