Die Heimatstube Wollup

Ein Speicher voller Geschichte

Die Heimatstube Wollup wurde im Juni 1996 anlässlich des 500. Jahrestages der ersten urkundlichen Erwähnung des Ortes eröffnet. Sie befindet sich im 1904 errichteten Speichergebäude der ehemaligen Königlich- preußischen Domäne und erstreckt sich über drei Etagen.

Im Eingangsbereich ist eine Knechtstube zu besichtigen. Auf  dem 1. Boden befinden sich zahlreiche historische Alttagsgegenstände, Geräte und Werkzeug. Es gibt u.a. eine Kinderwagensammlung, eine Wäscheabteilung und mehrere historische Zimmereinrichtungen. Auf dem 2. Boden findet man eine Bilddokumentation über die Entwicklung Wollups vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart.

Es wird eingegangen auf die Geschichte der Domäne, das Leben des Landwirtschaftsreformers Johann Gottlieb Koppe, von 1827 bis 1860 Pächter der Domäne, Sagen und Geschichten über Wollup, das Jahr 1945 und den Neuanfang danach, sowie die Entwicklung des Gartenbaus in der DDR.

Nach der intensiven Beschäftigung mit der Historie kann man sich bei einem Spaziergang durch den wunderschönen verwunschenen Gutspark mit seinen alten Bäumen und Wasserläufen erholen, und danach in das am Rande des Parks gelegene Gärtnerhaus eintreten. Auch hier gibt es viel Geschichtliches zu erfahren über die Entwicklung des Oderbruchs, die Kolonisation, die Entwicklung der Zuckerproduktion seit 1838 und das Wirken der Familie Koppe, die von 1827 bis 1945 über vier Generationen in Erbpacht die Domäne bewirtschaftete.

An den Park schließt sich das 1863 gebaute und vom jetzigen Besitzer der Domäne Herrn Heinrich Weber restaurierte  Gutshaus an. Bei einem kleinen Rundgang kann man noch Rudimente der alten Struktur des Gutes erkennen.
Unverzichtbar ist ein ausführliches Gespräch mit Ruth Schwetschke, die seit den 1930er Jahren in Wollup wohnt und den Kopf voller Geschichten und Geschichte hat.

Öffnungszeiten nach Bedarf und Voranmeldung bei Frau Ruth Schwetschke
Tel. 033475/50001

Peter Huth

Die Heimatstube Wollup
Ein Blick in die Heimatstube Wollup. Auf drei Etagen eines alten Speichergebäudes zeichnet die Sammlung Alltag und Geschichte der ehemaligen königlich-preußischen Staatsdomäne nach, auf der der Thaer-Schüler Johann-Gottlieb Koppe von 1827 bis 1860 gewirkt hat.
Auch der Park hinter dem alten Gutshaus ist einen Besuch wert. Vergleichbare Parkanlagen gibt es im Oderbruch nur wenige.
Auch der Park hinter dem alten Gutshaus ist einen Besuch wert. Vergleichbare Parkanlagen gibt es im Oderbruch nur wenige.
Die Heimatstube Wollup

Von Phillipp Kohler und Mirjam Loer

Zwei Kilometer östlich von Letschin liegt Wollup. An einer Kreuzung werden wir abgeholt. Das Ehepaar Schunack geleitet uns zu der Heimatstube auf dem Gelände der ehemaligen staatlichen Domäne. Kleine Sträßchen, auch einige verfallene Häuser, neue und alte Wirtschaftsgebäude säumen den Weg.

Im Gärtnerhaus treffen wir auf Edelgard Poschitzke, die uns mit Kaffe und Lebkuchen willkommen heißt. Herr Schunack erzählt uns die bewegte Geschichte eines Dorfes, das im Laufe der Zeit sowohl wirtschaftlichen Aufschwung, ein belebtes gesellschaftliches Leben, als auch die Schattenseiten industrialisierter Landwirtschaft im vereinigten Deutschland erfahren hat.

Wollup wird 1496 erstmals urkundlich erwähnt, aber schon für die Bronzezeit kann eine Besiedlung nachgewiesen werden. Zunächst im Besitz des Bischofs von Lebus geht das Vorwerk 1598 in den Besitz des preußischen Königs Wilhelm I über. 1731 wird der Hof zur Domäne ausgebaut. Durch die Trockenlegung des Oderbruchs konnten Mitte des 18. Jahrhunderts immer mehr Flächen in landwirtschaftliche Nutzung genommen werden. So vergrößerte sich auch die Domäne Wollup, die damals aus verschiedenen Wirtschaftszweigen bestand, wie einer Schnapsbrennerei, einem Mastbetrieb und einer Molkerei.

Als 1827 Johann Gottlieb Koppe die Domäne Wollup pachtet, erfährt sie einen enormen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufschwung, welcher dem Fachwissen und der Bereitschaft Koppes, neue Wege und Anbauverfahren zu erproben, zu verdanken ist.
Koppe, Zeitgenosse und Kollege des Landwirtschaftsreformers Thaer, begründete in Kienitz die erste Zuckerrübenfabrik Deutschlands und etablierte die Zuckerrübe als ertragreiche Feldfrucht, welche noch heute eine wichtige Einnahmequelle der Landwirte im Oderbruch darstellt.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Oderbruch zum Schauplatz erbitterter Kämpfe, die große Zerstörungen mit sich brachten.

Aktiv für die Heimatstube in Wollup: Frau Poschitzke und das Ehepaar Schunack.
Aktiv für die Heimatstube in Wollup: Frau Poschitzke und das Ehepaar Schunack.
Die Sammlung der Heimatstube ist in einem alten Kornspeicher der Domäne Wollup untergebracht, den der Eigentümer dem Heimatverein zu Nutzung überlässt.
Die Sammlung der Heimatstube ist in einem alten Kornspeicher der Domäne Wollup untergebracht, den der Eigentümer dem Heimatverein zu Nutzung überlässt.
Der Gutspark in Wollup ist ein beschaulicher, stiller Ort und immer einen Besuch wert.
Der Gutspark in Wollup ist ein beschaulicher, stiller Ort und immer einen Besuch wert.

Nach Ende des Krieges wird die Domäne Wollup in ein Volksgut umgewandelt. In dieser Zeit entsteht eine Zuckerfabrik in Voßberg sowie eine Großgärtnerei, Rinder- und Schweinemastanlage und zwei Vermarktungsstellen. Eine Berufsschule mit Internat, eine Grundschule und ein Kindergarten folgen. Die Genossenschaft stellt zu dieser Zeit einen der größten Arbeitgeber der Region dar. Auch in der Zuckerfabrik Wollup waren ca. 300 Menschen beschäftigt.

Mit der Wiedervereinigung Deutschlands ging das Volksgut an den Treuhandfonds über. Um das Land dennoch als Existenzgrundlage zu sichern, gründen die Menschen im Dorf den Verein „Domäne Wollup“. Sie wollen eine Weiterführung der Landwirtschaft im Dorf durch die Ansässige ermöglichen. Es führt aber kein politischer Weg in einen Erwerb oder in eine Pacht der Flächen und die finanziellen Mittel der Dorfgemeinschaft, das Volksgut zu kaufen, sind bei weitem zu gering. Also wird es schließlich doch privatisiert. Das Verhältnis zum neuen Eigentümer, der das Gut heute bewirtschaftet, ist dennoch gut. Er unterstützt die Wolluper, z.B. indem er ihnen den großen alten Kornspeicher zur Nutzung als Heimatstube überlässt.

Der gesellschaftliche Wohlstand und der innovative Geist in Wollup sind heute verblasst; von den einst fast 700 Arbeitsplätzen existieren heute, in der modernen Landwirtschaft, nur noch acht. Herr Schunack konstatiert nüchtern: „Früher wurden wir von einer Diktatur im Kommunismus regiert. Heute regiert die Diktatur des Kapitals.“

Die Geschichte Wollups beschreibt exemplarisch das Schicksal, welches viele kleine Dorfgemeinschaften durch die Industrialisierung und Technisierung der Landwirtschaft ereilt hat.

Nach den Berichten der drei Zeitzeugen verlassen wir das Gärtnerhaus, lassen das Gutshaus und den Gutspark zurück und gelangen über den modernen Betriebshof des heutigen landwirtschaftlichen Betriebes zum alten Kornspeicher. Von außen erwartet uns ein schlichtes Ziegelsteingebäude, tritt man jedoch über die Schwelle, fühlt man sich in eine andere Zeit versetzt. Auf altem Parkettboden gelangt man linkerhand in die Knechtstube, in der liebevoll die wenigen Habseligkeiten und Möbelstücke der Knechte ausgestellt sind. Vor dem Bett stehen die Holzschuhe, am Kleiderschrank hängen die Nachthemden und an der kahlen Wand ein zerschlissener Pelzmantel.

Geht man die Treppe hinauf, betritt man eine Ausstellung, welche ein Schlafzimmer, eine Wohnstube und eine Küche mit entsprechenden Küchengeräten, Möbeln und Spielzeuge der vergangenen Jahrzehnte zeigt. Neben den Wohnbereichen sind in dem weiträumigen Speicher Werkzeuge des ländlichen Lebens zu sehen: Rübenzieher, Siruppresse, Tabakschneider, Strohhäcksler, Dreschflegel, Kartoffelquetsche und weiter Geräte in sämtlichen Größen und Formen.

In der zweiten Etage ist auf Schautafeln die Geschichte von Wollup, der historischen Entwicklung im Oderbruch und dem Leben und Wirken von Johann Gottlieb Koppe zu sehen. Die Arbeitsinitiative Letschin hat hier eine detaillierte Chronik erarbeitet, begonnen mit der Erstbesiedlung durch die Slawen, die Trockenlegung des Oderbruchs, über den Zweiten Weltkrieg bis in die Gegenwart.
Nach einem Spaziergang durch den von den Wollupern liebevoll „Naturpark“ genannten Gutspark, kehren wir zurück zum Gärtnerhaus.

Dort entspinnt sich ein Gespräch zur Zukunft des Museums. Momentan wird die Einrichtung gelegentlich durch Schulklassen besucht und selten verirren sich Touristen hierher. Zu besonderen Anlässen wie dem Gärtnerfest, zum Osterfeuer oder am ersten Mai lädt der Domäneverein Jung und Alt zur geselligen Runde ein.

Um das Museum weiterhin zu erhalten wünschen sich die Ehrenamtlichen eine bessere Vernetzung in der Region. Für die Unterhaltung des Museums und des Gärtnerhauses ist eine finanzielle Unterstützung nötig, so könnten die laufenden Kosten gestemmt und touristische Anreize wie beispielsweise eine Kaffeestube entstehen.

Ein Aspekte, der dabei eine Rolle spielen könnte, ist die jüngere Geschichte der Gemeinde: wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen, die den gesellschaftlichen Niedergang einer blühenden Gemeinde besiegelten, sind es Wert aufzuzeigen, um die Öffentlichkeit für wichtige Zusammenhänge der ländlichen Entwicklung zu sensibilisieren.

Öffnungszeiten nach Bedarf und Voranmeldung bei Frau Ruth Schwetschke
Tel. 033475/50001

Der Kornspeicher, in dem sich unsere Heimatstube befindet, gehörte zu den Wirtschaftsgebäuden der staatlichen Domäne Wollup. Heute liegt er wie ein Speicher der Vergangenheit inmitten einer modernen Agrarlandschaft: Eine Batterie zum Wiederaufladen unseres geschichtlichen Bewusstseins!

Die umfangreiche Ausstellung ist ebenso unterhaltsam wie auch voller anregender Spuren in den Ort Wollup, dessen Existenzgrundlage seit Jahrhunderten die Landwirtschaft ist. Armut und Wohlstand lagen hier immer nahe beieinander, aber über die Jahrhunderte hat das jeweilige Verhältnis von Mangel und Überfluss sehr verschiedene Lebensweisen hervorgebracht: Einst die arme Landbevölkerung und ihr reiches dörfliches Leben, heute ein gestiegener Lebensstandard in der Gesellschaft, aber eine Verarmung der dörflichen Gemeinschaften.

Die Heimatstube führt in die Entwicklung der Domäne ein, berichtet über das Leben des Landwirtschaftsreformers Johann Gottlieb Koppe (von 1827 bis 1860 Pächter der Domäne), enthält Sagen über den Ort und Berichte über den Neuanfang des ländlichen Lebens nach dem zweiten Weltkrieg sowie viele Angaben zur Entwicklung der Wolluper Landwirtschaft in der DDR. Vor allem aber wartet sie mit einer großen Vielfalt an Zeugnissen des ländlichen Lebens auf: Haushalts- und Küchengeräte, landwirtschaftliche Maschinen, Möbel und Spielzeug sind auf zwei Etagen zu bewundern.

Diese Sammlung wurde vor allem von der Wolluperin Ruth Schwetschke angelegt.

Nach der Besichtigung kann man sich bei einem Spaziergang durch den verwunschenen Gutspark mit seinen alten Bäumen und Wasserläufen erholen. An den Park schließt sich das 1863 gebaute und vom jetzigen Besitzer der Domäne Heinrich Weber restaurierte Gutshaus an. Rudimente der alten Struktur des Gutes sind noch gut zu erkennen.

Besuchen sie uns!