Geschichte

Das Oderbruch als angeeignete Landschaft

Landschaft ist das Produkt der Aneignung von Naturräumen durch den Menschen. Diesen historischen Prozess für das Oderbruch zu skizzieren, die zentralen Pfade der Entwicklung zu kennzeichnen und nach zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten der Landschaft zu fragen, ist das Anliegen des Unterrichts.

Wie fängt man an, wenn man über eine Landschaft ins Gespräch kommen will? Damit, wie sie geworden ist. Also zeichneten wir ein Bild vom Oderbruch  vor seiner Trockenlegung, beschrieben die massiven Eingriffe in die Landschaft unter der preußischen Krone im 18. Jahrhundert und diskutierten, wie die moderne Landwirtschaft Schritt für Schritt das Leben in diesem Raum veränderte. Das Wasser war vorher das bestimmende Element der Landschaft, aber auch wenn es inzwischen in Gräben und Schöpfwerken gelenkt und geschoben wird, ist die Zukunft des Landes dennoch vom Umgang mit dem Wasser abhängig. Die tägliche Entwässerung und die Abwehr von Hochwasserkatastrophen bestimmen, was hier möglich sein wird, und was nicht.

Den wirtschaftlichen Wandel der Landnutzung im Oderbruch seit dessen Trockenlegung setzten wir mit den entsprechenden Siedlungs- und Haustypen ins Verhältnis. Hier knüpften wir an die Wohnsituation der Schüler an: wer wohnt wo und wie, was ist über die Geschichte ihres engeren Wohnumfeldes bekannt? Die wesentlichen Wohntypen und wirtschaftlichen Infrastrukturen konnten so identifiziert und erläutert werden.

Auch die mit dem grundlegenden Wandel der Landnutzung von der Fischerei zur Landwirtschaft verbundenen Konflikte wurden eingehend beschrieben; der Wiederstand der Fischer, die Ansprüche der neuen Siedler, die Ziele des staatlichen (preußischen) Landesausbaus.

Diese Beschreibung diente als Grundlage für eine vertiefende Übung. Die Schüler wurden dazu in drei Gruppen eingeteilt, in Fischer, Bauern und Preußische Beamte und beauftragt, aus dem einführenden Vortrag Argumente für einen fiktiven Streit zwischen Fischern und Bauern vor dem Bruchamt in Wriezen zu sammeln. Beide Seiten sollten für ihre Form der Landnutzung und ihre Lebensaussichten streiten und die Beamten die Position des Staates schließlich durchsetzen.

An diese Übung schloss sich eine weitere Vortragseinheit an, die das Spannungsfeld von Arbeit und Leben im Flusspolder Oderbruch bis in die Gegenwart fortschreibt und auf der Grundlage der historischen Entwicklung vor dem Hintergrund heutiger Ansprüche an die Landschaft mögliche Zukunftsszenarien skizziert.

Als Hausaufgabe wünschten wir uns von den Schülern, sich eine Person in 25 Jahren vorzustellen, die zu dieser Zeit im Oderbruch lebt und arbeitet. Wovon wird sie leben, wie wird es ihr gehen, wie wird sie heißen, und wo wird sie wohnen?

Die fabelhafte Welt der Emely
Von Clara Fuhrmann

Es war in dem Jahr 2038. Die Menschen, wie sie einst gelebt haben, gab es nicht mehr. Es reagierte der Reichtum gegen die Armut. In einem kleinen Dorf nahe der Oder wohnte ein Mädchen, dessen Name Emely war, mit ihren Eltern und ihren zwei kleinen Geschwistern in einem alten, verfallenen Haus. Der Reichtum hatte auch über sie gesiegt. Jeden Abend saß Emely am Fenster und beobachtete die Leute, die von der Arbeit auf dem Weg nach Hause waren. Sie sah die Helfer, die verhinderten, dass die Oder nach den Feldern auch noch die Dörfer überschwemmte. Das letzte Stück Natur war aus dem Oderbruch gewichen und alles war mit riesigen Fabriken, Windrädern und Solaranlagen zugepflastert. Emely wurde nachdenklich und traurig: Wie sollte sie sich hier heimisch fühlen? Sie vermisste die weiten Felder, die sie zwar nur aus Erzählungen ihrer Eltern kannte, aber sie sehnte sich nach ihnen, doch sie wusste, dass sie immer eine Phantasievorstellung bleiben würden.

Zukunftsprognose
Von Julia St.

Hallo, ich bin Caroline Stiehm und wohne nun schon seit 20 Jahren im Oderbruch. Geboren wurde ich 2032 in Frankfurt/Oder, als das Oderbruch zur Kulturlandschaft ernannt wurde. Seitdem wurden einige Dörfer immer kleiner oder verschwanden komplett von der Karte. Alle hatten nämlich davor Angst, dass der Damm brechen könnte, der 2024 aufgebaut wurde. Bis heute kann ich mich an den Tag erinnern, wo es wirklich geschah. Es hatte sehr lange geregnet und die Oder ist deshalb höher als man es erwartet hatte gestiegen und überschwemmte das komplette Dorf in dem ich damals lebte. Danach zogen wir nach Mallnow. Die Landwirtschaft hat sich nun von der Oder entfernt, denn man konnte die Ernte nicht wieder in eine solche Gefahr begeben. Jetzt arbeite ich bei Tierschutzverein Mallnow e.V., denn es werden jedes Jahr mehr Wildtiere von „Ehemals-Jägern“ erschossen. Wir denken darüber nach, das Gesetzt gegen illegale Jäger wieder einzubringen und das nicht nur für das Oderbruch, sondern für ganz Brandenburg.

Baustein Landschaftspolitische Bildung

Baustein Landschaftspolitische Bildung
Typische Siedlungsformen im Oderbruch: Das Rundlingsdorf Altwriezen (oben) steht für die Zeit vor der Trockenlegung und der Plan zur Anlage eines Kolonistendorfes (unten) für die Zeit danach.

 

Baustein Landschaftspolitische Bildung
Wer wohnt wo und wie und was ist über Haus und Ort bekannt? Im Gespräch werden die wesentlichen Haustypen und Siedlungsformen der Landschaft thematisiert.
Baustein Landschaftspolitische Bildung
In kleinen Arbeitsgruppen gehen die Schüler der Frage nach, wie sich die Landschaft des Oderbruchs entwickeln könnte?

 

Wolf Herzhof
Von Sophie Kruschke

Mein Name ist Wolf Herzhof. Ich wurde 1950 in Wriezen geboren. Zur Schule gegangen bin ich in Altreetz. Bei der LPG habe ich eine Lehre zum Pferdewirt gemacht. Bis zur Wende habe ich dann dort weiter gearbeitet, bis ich mich 1990 mit meinem eigenen Gestüt selbstständig gemacht habe. In den 1980er Jahren war ich viel auf Turnieren unterwegs und habe viele Preise gewonnen. Die Leitung meines Pferdehofs macht mir sehr viel Spaß, aber bald habe ich das Rentenalter erreicht. Nur ein Problem gibt es. Ich finde keinen Nachfolger für meinen Hof. Meine Kinder sind schon erwachsen und haben selbst Arbeit und meine Enkel sind noch zu jung. Außerdem werden sie wahrscheinlich sowieso weg ziehen, wenn sie erwachsen sind.

Tau ziehen im Oderbruch
Von Josephine Rebach

Ich bin Anja Müller und wurde im Jahr 2000 geboren. Mit meiner Familie lebte ich in Neutrebbin, wo wir einen kleinen Bauernhof hatten. Mein Vater züchtete hauptsächlich Pferde, aber wir hatten auch Hunde, Katzen, ein paar Schweine und Kühe, also so ein richtig typischer Bauernhof. Meine Mama hatte einen kleinen Hofladen, wo ich ab und zu geholfen habe. Doch meine Leidenschaft waren die Pferde – bist heute. Als ich 16 Jahre alt war, gab es hier im Oderbruch eine große Katastrophe, die Dämme waren übergelaufen und das Oderbruch lief voll wie eine Badewanne. Auch Neutrebbin war betroffen und damit auch unser Hof. Da es rechtzeitig entdeckt wurde, konnten wir alle Tiere retten. Doch es dauerte lange bis alles wieder trocken war und wir wieder zurück konnten. Viele zogen in die Stadt und verließen das Oderbruch, aber so nicht meine Familie. Wir gingen zurück mit all unseren Tieren und bauten uns einen neuen Hof auf, der noch sehr viel schöner war. Das Negative war nur, dass wir viele Tiere verkaufen mussten für den neuen Hof und wir haben bis heute Schulden. Aber das ist es wert. In ein paar Jahren werde ich dann unseren Hof übernehmen.

Szenario Geschichte
Von Julia Schülke

Hanz lebt in einer kleinen Stadt im Oderbruch. Er hat sich dort einen kleinen Bauernhof erschaffen, wo er mit seiner Frau Kathrin lebt. Sie lieben es, dort zu leben – die flachen Landschaften zu sehen, wenn sie aufstehen und sie weit blicken können. Aber trotzdem gab es einen Tiefpunkt in ihrem Leben. Vor 25 Jahren gab es eine heftige Überschwemmung, wo sie echt fertig waren und den Zweifel hatten oder sich überlegt hatten, ob sie alles noch mal aufbauen und von vorne starten. Und sie machten es, da sie das Leben einfach toll fanden und genießen wollten wie vorher.

Tauziehen im Oderbruch
Von Inga Tscherniewski

Ich bin Marie Meier und wurde im Januar 2036 in Wriezen geboren. Ich lebte mit meinen Eltern auf einem Bauernhof, den wir von Opa geerbt hatten. Wir besaßen viele Felder und Tiere und lebten dort sehr gut. Aber seit dem Jahr 2045 regnete es fast jeden Tag immer mehr und mehr. Es wollte einfach nicht aufhören. Wir dachten: Irgendwann muss es aufhören. Vergeblich. Doch eines morgens im Jahr 2046 klingelte es an der Tür. Meine Mutter machte die Tür auf und ich hörte von der Küche aus, wie ein Mann mit ernster Stimme sagte: „Sie müssen bis morgen das Haus verlassen!“ Als mein Vater das hörte – er stand neben mir – schickte er mich sofort ins Zimmer. Nach einigen Stunden kam meine Mutter ins Zimmer und sagte: „ Wir müssen ein paar Sachen packen. In einer Stunde fahren wir nach Tante Maria!“ Ich saß schon im Auto als meine Mutter mit Tränen in den Augen einstieg. Mein Vater weinte auch als wir uns verabschiedeten. Als ich fragte: „warum weint ihr denn so, wir fahren doch nur zu Tante Marie in Hamburg“, bekam ich keine Antwort. Wir fuhren gleich los und kamen spät Abend in Hamburg an. Ich ging gleich ins Bett. Als ich am nächsten Tag aufstand und frühstücken ging, saß meine Mutter alleine am Tisch tränenüberströmt. Sie sagte, sie müsste mit mir reden und erklärte mir alles, dass es eine Überschwemmung gab, dass Papa Opa damals versprochen hatte den Hof niemals zu verlassen und dass Papa nie mehr zurückkehren würde. Er ertrank in den Fluten. Wir weinten den ganzen Tag. Fünf Jahre später starb meine Mutter, sie konnte Papas Tod nicht verkraften. Ich war 15 Jahre alt und beschloss, mit Tante Maria und Onkel Max den Bauernhof wieder herzustellen. Nach fünf Jahren harter Arbeit hatten wir alle aufgenommenen Kredite abbezahlt. Schon nach einem Jahr war der Bauernhof perfekt. Heute 2066 lebe ich auf meinem Bauernhof mit Tante Maria, Onkel Max und meinem Mann und meinen zwei Kindern.

Ende