Neuranft
Steckbriefe von Dörfern im Oderbruch VI
Von Udo Schagen
In einer Initiative der Gemeinde Oderaue für Hinweisschilder mit kurzen Ortsporträts zur Information von Besuchern (und sicher auch von Bewohnern) schrieb Udo Schagen unter Mitwirkung von Ortsvorstehern und interessierten Bürgern im Jahr 2016 kleine Steckbriefe, die wir hier nach und nach veröffentlichen. Damit einher geht die freundliche Bitte an Menschen im ganzen Oderbruch, ebenfalls kurze Beschreibungen ihrer Dörfer zu schreiben. Wir veröffentlichen sie gern!
Der Name des nördlichsten Dorfes in Oderaue verweist auf das Gut Ranft, heute Altranft. Gemeint ist die Lage am Rand (auch: Ranft) des Barnim. Dem Gutsherrn waren 34 Kolonisten zugewiesen; wegen der noch wasserführenden Feldmark konnte er nur sechs Familien ansiedeln, jede auf 57 Morgen des durch Eindeichung langsam trocken fallenden Landes. Die vom Adel Angesiedelten erhielten keine Hilfe (wie jene auf Königsland) zur Rodung der Felder und Errichtung der Häuser, es war dies alleine zu bewältigen. Sie blieben vier, die königlichen Siedler dagegen 15 Jahre abgabenfrei, alle waren vom Wehrdienst befreit. Kirchen wurden vom König gebaut und Prediger von ihm finanziert. 1776 lebten hier 30 Bewohner.
Ursprünglich waren die Häuser beidseits der nach Gabow führenden Straße giebelständig angeordnet, wie es bei der Nr. 30 noch der Fall ist. Im 19. Jhdt. gewann die Gänsemast Bedeutung. 1910 entstand auf Nr. 12 eine Schule mit Lehrerwohnung. 1939 lebten hier 76 Menschen, in den 50-er Jahren 134, 2005 65. Ein Beispiel für einen vierseitigen Loosehof ist die Nr. 18, 1947 Opfer des Hochwassers, aber 1953 wieder aufgebaut. Mit Zwerchhaus (in der Flucht der Gebäudeaußenwand stehendem Dachaufbau), Stallgebäude, Waschküche, Kaff(Spreu-)boden, Notwohnung, dreitoriger Durchfahrtsscheune, Remise und Hühnerstall steht er für eine mittelbäuerliche Wirtschaft vor der Kollektivierung.
Bei Kriegsende gingen die Einwohner, bis auf die zum Volkssturm eingezogenen Männer, auf den Treck bis weit nach Mecklenburg, das Vieh blieb in Altranft. Zurück gekehrt, fanden sie zahlreiche Gebäude zerstört, einige durch die polnische Armee – aus Rache für die Behandlung polnischer Zwangsarbeiter auf den Höfen. Dem Ort wurden dann elf Siedlungs- sowie neun Loosegehöfte zugeschlagen. 1960 gingen die selbständigen Wirtschaften im LPG Typ 1 und Typ III auf.
Der 2. Kavelweg führt zum Flutzeichen, Erinnerung an das Oderhochwasser 1997; fast wäre es damals von hier aus zur Überschwemmung des Bruchs gekommen.
B. Lichtenberg, Chr. Hauche und M. Hauche führen ihre Landwirtschaft, der Bauernhof U. Vössing/J. Klemin GbR baut einen Biobetrieb auf. Im Ortsteil betreibt R. Maske einen Sanitärbetrieb. Bis heute gibt es die 1932 gegründete Freiwillige Feuerwehr.