Rückblick aus der Gemeinde Kunersdorf auf das Jahr 1997

 Erdmute Rudolf

„Erdmute Rudolf ist Anfang dieses Jahres gestorben. Noch im letzten Jahr übergab Sie uns ihre Notizen zum Jahr 1997, die wir nun veröffentlichen. Sie vermitteln am Beispiel einer ehrenamtlichen Bürgermeisterin einen interessanten Eindruck davon, wie stark das persönliche Leben in diesem für das Oderbruch besonderen Jahr mit den großen Ereignissen verschränkt war.“


 Erdmute Rudolf

Immer wieder denke ich, dass das Jahr 1997 ein ganz besonderes gewesen ist.
Wir werden nicht so schnell vergessen, was damals auf unterschiedlichen Ebenen alles geschehen ist.
Kunersdorf hat sich nach der Bodenreform 1945 auf allen Stufen der angeordneten LPG-Entwicklung so gut aufgestellt, wie es möglich war.
Mit den 40 Neubauerngehöften im Alt-u. Neudorf blieben die Familien bescheiden.
Auf den unbefestigten Straßen gelangte dennoch jeder zu Konsum und LPG-Küche.
Spätestens 1989 und 1990 kam Aufbruch in unsere Dörfer, aber es war nach diesen Umbrüchen überhaupt nicht einfach, klarzukommen.
Unsere langjährige Bürgermeisterin Monika Böttcher hatte sofort für die dringendsten Vorhaben, wie Trinkwasser, Straßenbau, Feuerwehr, Grabdenkmal und das Sonderprogramm für vorhandene Wohnhausfassaden bis zum Landkreis – damals in Freienwalde – Förderanträge vorbereitet.
Die noch bestehende Gemeindevertretung Kunersdorf-Metzdorf wurde weiter aktiv einbezogen und damit bekam jeder seine Aufgaben. Familie Rudolf hat davon ausreichend abgekriegt. Bis 1996 waren Trinkwasser, innerörtlicher Straßenbau u. Kolonnadenrestaurierung angeschoben und für die Feuerwehr wurde der Grundstein mit Herrn Landrat Fritsch gelegt und mit dem Bau begonnen. Ein buntes und wunderschönes Kinderfest wurde im gleichen Jahr auf dem Acker hinterm Neudorf von Feuerwehr und Fußballgruppe gestartet. Es war das Jahr mit der höchsten Überbesetzung der Flüchtlingsunterkunft am Wald.
 
Die Festlichkeiten
Aber nun hatte das Jahr 1997 begonnen. 250 Jahre zuvor hatte Friedrich II. König von Preußen die Anordnung zur Umverlegung des Oderbettes zwischen Güstebiese und Hohensaaten erlassen. Seitdem lebt unser Oderbruch mit den Möglichkeiten und  hohen Aufgaben nach der Trockenlegung für alle Zeiten.
Dieses Jubiläum sollte gebührend gefeiert werden im Landkreis Seelow. Ein ordentliches Fest sollte es werden, das hatte der Landrat so angesagt. Anspruchsvolle Programme wurden abgestimmt und Schwerpunkte unterstützt. Wir haben uns mit reingehakt, denn als ehrenamtliche Bürgermeisterin seit 1993 wollte ich gern auch diese Möglichkeiten für unser Dorf nutzen.
Am 21. Januar 1997 fand in Altranft ein Kolloquium statt zu Struktur- und Landnutzungsfragen im Oderbruch. ZALF Müncheberg, Landesamt Denkmalpflege Frau Senst u.a., alles mittelhochrangig besetzt.
Wiprecht als Vizedenkmalkonservator des Landes Brandenburg verspricht nur telefonische Schwerpunktsetzung zu unseren Vorstellungen „Klassizismus im Oderbruch“. Der Parkkonservator Dreger leistet auch nur Versprechungen mit Entschuldigungen.
Am 27. Januar wird mit Herrn All… (?), der vom Landkreis MOL mit der Regie der „250 Jahre“ beauftragt war, das Programm für Kunersdorf festgezurrt. Weitere Punkte, wie Himmelfahrt Neutrebbin, werden von mir deutlich gemacht, damit sie nicht verloren gehen. 
Der Tag „Denkmale in Brandenburg“ in der Regie der Kirche fand in der Nikolaikirche Potsdam in großer Besetzung statt: Die Podiumsgesprächsteilnehmer Stolpe, Reiche, Huber, Reihlen wurden von mir in der Aussprache geichermaßen mit Bitten ermahnt, ihre Aufgaben auf dem platten, ärmlichen Lande nicht zu vergessen. Danach kam finanziell einiges in Bewegung. Karg und Dorgerloh wurden aufmerksam, Helmut Reihlen kramte in seiner brüderlichen Westentasche und schickte mich in ein Übermaß von Zuarbeiten für Sponsorenwerbung.
Für den ersten Auftakt hatte sich Ministerpräsident Manfred Stolpe nach Neutrebbin einladen lassen zum Festgottesdienst am Himmelfahrtstag 1997. Das war eine gute Sache. Die schnelle Vorbereitung dazu brachte mir aber mehr Arbeit als gedacht.
Im April 97 kam Pfarrer Hartmut Grüber (?) zu uns nach Kunersdorf und wegen seiner Predigt und mit seiner Predigt (auch mit seiner Frau), weil er den Himmelfahrtsgottesdienst mit Stolpe vorbereiten wollte.
Am 8. Mai 1997 fand Himmelfahrt in Neutrebbin das Fest des Kirchenkreises zur Oderbruchtrockenlegung statt. An der Vorbereitung hatte ich mich eigentlich nicht beteiligt, aber zwei Tage vor Beginn wurde ich als Stolpes Bodyguard bestimmt, was dann auch ganz lustig losging. Meinen Begrüßungsstandplatz teilte ich am Friedensplatz alsbald mit dem Landrat Gunter Fritsch und seiner Frau, was einen freundschaftlichen Plausch einbrachte. Zwischendurch taucht plötzlich Frankfurter Polente auf. Ganz aufgeregt waren die wegen Stolpes Sicherheit. Da hatte ich nun die Sache als Stolpes Bodyguard am Halse. „Kirche durchsuchen“, „Festzelt durchsuchen“, eine Kiste mit Wasserflaschen hinter dem Altar schien den Ordnungshütern verdächtig, also „wegschaffen“, nachher auf Frau Stolpes Befehl dieselbe wieder herbeischaffen. Offensichtlich fühlte sich die Frankfurter Polizei übergangen, mit der Amtspolizei hatten sie keine Gleichstellung im Sinn. Lange vor dem Gottesdienst schon hatten Posaunenbläser unter Frau Schönherrs Leitung (Oswald Schönherr mit großer Ausdauer unter den Bläsern) wunderschöne Frühmusik auf dem Friedensplatz gemacht. Vater Böhme aus Letschin wurde von seiner Tochter zum Gottesdienst gebracht und ich hatte damit zu tun, dem alten Domherrn und Bauern einen Weg in die Kirche anzubieten, er war doch schon recht hinfällig geworden. Zwischendurch war Stolpe eingetroffen und stracks in die Kirche marschiert. Meine Frühstücksangebote wollte er nicht wahrnehmen, obwohl Fleischer Auris sicher das Beste bereitgestellt hatte, was es denn so gab. Also saßen wir denn da alle ganz brav, Böhme, Grüber, Stolpe, Blache und Rudolf und s wurde ein sehr schöner Gottesdienst. Danach hatte die Staden (?) wieder ihre Sorgen mit dem Podiumsgespräch im Festzelt, aber trotzdem habe ich den Landrat mit an den Tisch gesetzt, zum Glück für uns. Das Gespräch lief ganz gut. Danach sollte Stolpe unbedingt alles essen, was die Oderbrücher an Kuchen und Kram aufgeboten hatten. Die Daue aus Karlsbiese hat ihm dann wirklich eine Riesenportion Frikassé aufgedrängelt, mit der er sich sehr rumquälte. Ich hätte ihm die Schüssel wegnehmen sollen, war mir aber auch nicht so ganz klar. Schließlich zog der Ministerpräsident fast unbemerkt ab, ich konnte wieder Luft holen.  Das Programm hatte dann noch viel Guts: Gospelchor, Kinderprogramm, Licht-Ton-Schau-Hörspiel von Stade und anderen, die mich ganz dolle beeindruckte (wir holten sie uns im Herbst in die Kunersdorfer Kirche). Es war ein richtig schöner, voller Festwirbel mit ganz viel Beteiligung. Zwei Wochen später war Hartmut Grüber ganz plötzlich gestorben. Mitten in aller Ruhestandsarbeit. Wir haben ihn mit viel Volk in … begraben. Am 31. Mai oder 1. Juni kam Helmut Reihlen, langjähriger Vorsitzender der Berliner Synode, angemeldetermaßen zu uns. Er kam mit seiner Frau und wollte nochmal und wollte nochmal Rückversicherungen für seien Finanzierung suchen und wollte mit uns die Oder sehen. Wir fuhren ihn mit unserem doch ungepflegten Skoda durch die Gegend nach Güstebieser Loose. Reihlens Fahrer im Mercedes wartete derweil auf dem Pfarrhaushof. Der Rückweg durch Neulewin machte Stop auf der Stadtgrabenbrücke, denn da stand doch wahrhaftig Ministerpräsident Manfred Stolpe. Ohne Begleitung, ohne Protokoll. Werner legte den Rückwärtsgang ein, so daß wir vor ihm halten und aussteigen. Freide auf allen Seiten und dann gemeinsames Nachdenkenüber Pfr. Grübers Tod. Wo wir doch gerade erst vor Kurzem zusammen den Neutrebbiner Gottesdienst hatten… Dann wurde mir klar, dass Stolpe eine kleine Luftpause eingelegt hatte, mitten im Bruch, weil der den Nachmittag auf dem Wriezener Stadtfest erwartet wurde. Wriezen bot damit die zweite öffentlich breit angesehene Feier zu „250 Jahre“. Dann kam Kunersdorf mit seinem Programm „Klassizismus im Oderbruch“. Es war wirklich das letzte Fest in dieser Reihe an 1997. Das Hochwasser brachte vor allem die Festivitäten in Neutrebbin zu Falle. Natürlich sollten diese das wichtigste Bonbon sein. Es wurde um zwei Jahre verschoben und dann wurde ’s noch viel prächtiger. Na klar. In die erste Juniwoche fiel zu allem Gedränge auch noch der angemeldete Besuch von 50 Militärs der Bundeswehr (Ruheständler mit Ehefrauen), die den Soldatenfriedhof besuchten (mit Trompeter, den ich unter riesigen Schwierigkeiten heranholen musste…). Aber so mir auch davor und dabei das Grausen ankam,s waren auch sehr verständige Frauen und Männer dabei, die auf Dauer mit uns in Kontakt stehen, insbesondere Herr Brugmann (?).
Kunst und Kultur im Oderbruch wurde das Programm für Kunersdorf, mit zwei vollgepackten Festtagen zum 5. und 6. Juni 1997 unter dem sehr schönen Titel „Klassizismus im Oderbruch“.
Der erste Tag brachte hochrangige Festvorträge, die in der Kirche stattfinden konnten, mit Frau Prof. Dr. Einholz, Frau B. Schmitz von der Alten Nationalgalerie in Berlin, Frau Sens und Herrn Bentzin.
Herr Landrat Fritsch nahm sich Zeit und wir konnten uns bei ihm bedanken an der Grabkollonade, die die hohe Kunst des Klassizismus bei uns präsentiert.
Nachmittags konnte unsere Freiwillige Feuerwehr vom Landrat noch den Schlüssel zum neuen Feuerwehr-und Bürgerhaus entgegen nehmen.
Das Konzert des namhaften Frankfurter Mädchen-Kammerchores beendete diesen schönen, gut besuchten Festtag.
Der nächste Tag begann bei herrlichem Wetter mit einem Frühkonzert im Park unter der Leitung von Konzertmeister Endrik Salewski und mit frühen Gästen. Natürlich hatten wir den Park mühevoll auf Hochglanz gebracht und freuten uns nun auf den Festvortrag von Herrn Parkkonservator i.R. H. Namslauer.
Zum Abschluss startete eine interessante, wiederum vom Vorbereitungsstab des Landkreises sehr gut vorbereitete kostenfreie Busfahrt zu historischen Orten im Oderbruch. Alle Gäste konnten sich in Wollup, Kienitz und Bärwalde in Ruhe umsehen und sich informieren.
Trotz aller Bemühungen waren unsere Kunersdofer Baustellen noch immer nicht ganz fertig. Die grundhafte Restaurierung unserer einmalig wertvollen Grabkollonade konnte doch noch im November abgerechnet werden. Im Feuerwehrgebäude fehlte noch einiges an der Installation.
Manchmal hatte ich schon den Mut verloren. Das Geld war immer noch nicht da und nicht sicher.
Hilfreich für mich war die gute Zusammenarbeit mit unseren Bürgern und dem Amt Barnim Oderbruch. Auch in den Fachministerien des Landes in Potsdam fand ich Verständnis und einiges an Hilfe.
Nun ist auch die Feuerwehr fertig, steht am richtigen Ort und wird viel benutzt. Allen möchte ich danken, die sich für Kunersdorf eingesetzt haben bei all den Bauaufgaben im Dorf, im Park, in Kultur und Kirche.
 
Das Hochwasser
Aber nun kam im Juli 1997 etwas ganz anderes, was überhaupt nicht vorgesehen war.  Bei herrlichstem Wetter flog unser Wasserbauer Martin Rudolf für zwei Jahre nach Nepal für den Entwicklungsdienst dort im Hochwasserschutz am 9.7..
Sogleich am 10.7. begann die Wahrnehmung starker Niederschläge in den polnisch-schlesischen Gebirgen. In 2-3 Tagen fiel dort der gesamte Jahresniederschlag. Damit war das Oderquellgebiet schnell überlastet.
Was kommt nun – Hochwasser bei uns? Plötzlich lief das ganze Leben anders.
Mit dem 17. 7. trat der Alarmplan in Aktion. Der Landrat und die Ordnungsämter haben das Sagen!
Der Landrat sitzt allerdings gerade jetzt auf dem Kilimandscharo und die Bürgermeisterin Rudolf hat soeben mit ihrem Mann die Reise nach Kopenhagen bezahlt. Alles muss jetzt festgezurrt werden.
Ja, wir wollen nach Gedser. Nach 3 Tagen Kopenhagen können wir zurücksein. Vorher wird das Wichtigste eingeteilt.
Die Evakuierungspläne für Kunersdorf und Metzdorf lagen vor.
Der stellvertretende Bürgermeister Franke in Metzdorf war einbezogen.
Melde- und Anlaufstelle war für Tag und Nacht im Pfarrhaus eingerichtet.
Pünktlich holte uns Tochter Marianne von Berlin ab mit der Ansage: Es wird Zeit, dass ihr kommt, Alarmstufe IV ist ausgerufen. Wir haben schon zwei evakuierte Familien im Pfarrhaus und eine Familie aus Zäckericker Loose im Dorf untergebracht. Ganz viel Hilfe kam aus dem Dorf: Decken und Wäsche und Nahrungsmittel. Einwohner konnten Sandsäcke erhalten bei Bedarf.
Wir konnten nur staunen, wie aktiv der Einsatzstab im Pfarrhaus funktionierte.
Wie sah es jetzt im Bruch aus? Befüllung von Sandsäcken war ganz wichtig. Hubschrauber transportierten diese zu Schwerpunkten am Deich. Das Wasser stieg und stieg. Deichläufer berichteten von Sickerstellen, die Gefahren wurden ernster. Polizei sperrte an unserer Bundesstraße die Zufahrt. Unser Umgang waren jetzt Tag und Nacht Feuerwehr, Bundeswehr, Polizei, Nothilfe, Presse und Fernsehen. Unser Programm wurde Koordinierung der Evakuierungen für Menschen, Vieh und Fahrzeuge, Einsatz von Sandschippern, Sandsäcken, Betreuung und Verwahrung eigener und fremder Hunde, Beruhigung der alten Leute und unserer eigenen Beklemmung.
Wenn die Hubschrauber nicht mehr flogen, hielten wir den Atem an – was wird jetzt? Was ist los?
Von vielen Seiten, von nah und fern wurden wir angerufen, ob wir Hilfe brauchten, das stärkte uns manchmal. Dazwischen passierten schlimme Dinge.
Dann plötzlich flogen die Hubschrauber ohne Pause-immer schneller, heftiger, ausdauernder. Es war, als bebte die Luft und wollte uns erdrücken. Endlich von Funk zu Mund kam die ersehnte Nachricht: Der Deich steht!! Ja, er steht, Gott sei Dank.
Wir hier konnten uns darüber nur berichten lassen, aber die bestätigten Berichte gingen uns bis ins Herz, jetzt und nach Jahren immer noch: Bei ausdauerndem Wellenschlag und Wind aus Nordost entstanden einzelne Deichbewegungen, die zunehmend deutlicher wurden bei Hohenwutzen.
In dieser Situation, im letzten Moment des Erkennens sprang er schutzlos hinein in das Loch – nach Sandsäcken schreiend, nach Helfern – Bernd Schmidt, der einfache Feuerwehrmann.
Sofort waren die Deichfachmänner zur Stelle, folgten Befehle von Bundeswehroffizieren, ausgeführt von den Soldaten.
Nun funktionierten pausenlos Hubschraubertransport, Einweisungen zum Sandsackabwurf, Sandsackeinbau ohne Unterbrechungen, Tag und Nacht. Das Oderbruch wurde verschont durch Einsatz, Fleiß und Tapferkeit.
Soldat zu sein, das klingt seitdem anders als vorher. Dennoch: Es bleibt ein Wunder.
Nach der Rettung des Deiches bei Hohenwutzen mussten alle Schadstellen jetzt weiter bearbeitet werden. Bis in den Herbst hinein lagen noch große Bereiche als Sandsackflickenteppiche zum Anschauen da. Die Sandsäcke verrieten Absender aus aller Herren Länder. Die wirkliche Rekonstruktion der Deiche nach diesem Hochwasser dauerte bis 2006 und kostete etwa 115 Millionen Euro.
In unserem zivilen Alltagsbereich warteten Ordnungsaufgaben vieler Art. So mancher hatte nach der Wende für die Hausheizung einen nagelneuen Kessel im Keller eingebaut. Flugs Mitte Juli wurde der demontiert nach oben gebracht und konnte nun wieder an Ort und Stelle stehen. Evakuierte Haustiere und ihre vertrauten Stallboxen wurden zurückgeholt. Unsere jungen Leute brachten die Boote wieder zum Schuppen und räumten die Sandsäcke vor Haustüren und Kellerfenstern weg. Die Enkelkinder spielten jetzt Oderdeich und Wasserflut.
Hilfen aus nah und fern erreichten das Oderland.
Die Kunersdorfer Feuerwehr erhielt eine Finanzspritze aus dem Hamburger Alten Land. Bischof Huber besuchte uns in Kunersdorf und Wuschewier um sich ein reales Bild zu machen. Am 23. August gab es einen großen Dankgottesdienst im Dom von Neuküstrinchen mit Pfarrer Joachim Schneider, Ministerpräsident Stolpe, Generalmajor von Kirchbach, Landrat Fritsch und ganz vielen Oderbrüchern.
Im September wurde in Kunersorf nochmal gefeiert, denn unsere Feuerwehr hatte sich inzwischen vom Hochwasser erholt.
Jetzt wurde die Gelegenheit wahrgenommen, alle Möglichkeiten im neuen Hause in Benutzung zu nehmen.
Nach einer interessanten Ton-Licht-Schau in unserer Dorfkirche kamen wir nochmal ins Nachdenken über den Hochwasserverlauf an der Oder. Von jungen Leuten wurde Oderbruchgeschichte deutlich gemacht. Im Ergebnis wurden Spenden gesammelt für das vom Oderhochwasser schwer geschädigte Breslau.
Bürger in Metzdorf und Kunersdorf waren dazu gern bereit, weil sie sich in die Lage der Geschädigten versetzen konnten. Am 31. Oktober konnten wir mit zwei PKW Geld-und Sachspenden nach Wroclaw bringen. Die Verteilung direkt an besonders Betroffene in überfluteten Altstadtwohnungen wurde betreut von der deutschsprachigen dortigen Kirchengemeinde. Unsere Erlebnisse machten uns deutlich, wie schwer besonders die alten Bürger unter der Flut gelitten haben. Die schöne alte Oderstadt hatte mit schweren Schäden zu kämpfen.
So ging dieses ereignisreiche Jahr nach dem Weihnachtsfest zu Ende. Unser Kunersdorf am Rande des Oderbruchs hat wie jeder andere Ort seine eigenen Befindlichkeiten. Schwierigkeiten gemeinsam anzugehen ist nicht einfach, aber über Jahrzehnte hin doch zum Erfolg führend.
 
Bericht aufgezeichnet 12/2020
von Erdmute Rudolf Kunersdorf, Einwohnerin seit 1963  
ehrenamtl. Bürgermeisterin 1993-1999