„Wo geht der Teig hin?“
Thea Müllers Ausstellung von Korb- und Flechtwaren in Buschdorf
Wenn Frau Müller eine Schulklasse aus Berlin in ihrem Museum zu Besuch hat, muss sie den Kindern schon einmal erklären, dass der Teig in einem geflochtenen Gärkorb nicht auf große Wanderschaft geht, sondern dass es sich dabei um einen grundlegenden Arbeitsschritt bei der Herstellung von Brot handelt. Eigentlich ist es nicht ihr Hauptanliegen Wissen über den Zweck des Gärkorbes zu vermitteln, sondern vielmehr die Jahrtausende alte Tradition des wie sie sagt „ältesten Gewerks der Menschheit“ dem Besucher näher zu bringen – das Flechthandwerk.
Die von ihr beruflich betriebene Korbflechterei aus Weidenruten hat im Oderbruch schon eine lange Geschichte. Ernst Hödt aus Tirschtiegel (heute Trzciel, Polen) führte um 1890 die Bindeweide (Salix americana) aus Nord-Amerika in Europa ein. Sie ist heute die am meisten angebaute Flecht-Weidensorte und auch die Grundlage für Frau Müllers Arbeiten. Auch die Flechttechniken im Oderbruch haben ihre Wurzeln in der Ferne: „In der Regel erkennt man am Rückenkorb die Region aus der er stammt, außer im Oderbruch … Wir sind multikulti!“ Wie die zu Körben geflochtenen Weiden-Ruten, so ist auch der Weg von Frau Müller zu ihrem heutigen Beruf durch verschiedene Wendungen geprägt. In der Hoffnung auf eine Studienzulassung für Veterinärmedizin ließ sie sich zunächst als Zootechnikerin in Eberswalde ausbilden. Das Studium blieb ihr jedoch verwehrt und so geriet die Korbflechterei in ihren Fokus. Heute, nach 31 Jahren Tätigkeit als „Weißkorbmacherin für geschlagene Arbeit“ stellt Frau Müller einen zunehmenden Wertschätzungsverfall gegenüber ihrem Handwerk fest. Sie hält ein kleines geflochtenes Wägelchen in ihrer Hand und sagt: „Das ist Kinderarbeit aus China für 7 Pfennig aus der Metro.“ Mit ihrer Arbeit und Ausstellung tritt sie dieser Entwicklung entgegen.
Was ihr Handwerk ausmacht und welche Vielfalt sich hinter ihm verbirgt, ist seit 16 Jahren in den ehemaligen Klassenzimmern und Lehrerwohnungen der alten Schule im beschaulichen Buschdorf zu bewundern. Ca. 1800 Exponate hat sie inzwischen – auch mit Unterstützung anderer – dort zusammengetragen. Auf Anfrage bekommt man hier von der Meisterin eine Führung, die voller Überraschungen steckt. Unglaublich, welche Materialien zum Flechten genutzt werden und welche Gegenstände sich daraus herstellen lassen! Eine zunehmende Anzahl an Flechtwerken für den alltäglichen Gebrauch in der traditionellen Land-, Fischerei- und Hauswirtschaft aber beispielweise auch für militärische Nutzungen regen an, über die Landschaft und deren Ressourcen als lokale wirtschaftliche Grundlage der Bevölkerung nachzudenken. Die Exponate reichen vom wasserdichten Feuerlöschkorb über einen Handball bis hin zu Überschuhen für Wehrmachtsstiefel. Flechtwerk aus dem Ausland, z.B. hergestellt aus Bananenblattrispe, Bambusspan oder Wasserhyazinthe, entführen nicht nur in vergangene Zeiten, sondern auch in andere Kulturen.
Durch ihr langjähriges Engagement verfügt Thea Müller inzwischenüber ein weites Netzwerk an Kooperationspartnern. So hat ihr der Küstriner Geschichtsverein etwa Schmuckkästchen gefertigt von russischen Kriegsgefangenen aus dem Stroh ihrer Schlafsäcke als Dauerleihgabe überlassen., Zudem tauscht sie sich mit Andreas Köpp vom Platkower Museum aus und ist Mitglied des Seelower Tourismusvereins sowie der lokalen Initiative „Straße der Sonnenblumen“. Eine besonders intensive Zusammenarbeit hat sich mit der „Backscheune Buschdorf“ in unmittelbarer Nachbarschaft entwickelt, mit der sie alljährlich zu einem gemeinsamen „Tag der offenen Tür“ einlädt.
Kontakt:
Korbmachermuseum in der Alten Schule Buschdorf
Buschdorfer Straße 15
15328 Zechin OT Buschdorf
Ramona Neureuter und David Sumser