November 2022-Juni 2023
Erika Kröber
Gustav Schüler? Gedichte? Oh, nee…, probieren wir es halt mal aus. So oder ähnlich reagierten die meisten der 9-Klässler aus dem Bertolt-Brecht-Gymnasium Bad Freienwalde, als sie zum ersten Mal von diesem besonderen Projekt erfuhren. Doch eine engagierte Lehrerin, ein kreativer Vater und ein uneitler Schauspieler weckten ihr Interesse, sich mit dem Werk des Dichters und Schriftstellers Gustav Schüler zu beschäftigen, der 1868 in Neureetz geboren wurde und 1938 in Bad Freienwalde starb.
Aus dem Nachlass von über 1.500 Gedichten, Balladen und Geschichten hatten die Mentoren Gabriele Voss, Kenneth Anders und Jens-Uwe Bogadtke eine Vorauswahl für die 14 Mädchen und Jungen getroffen und anscheinend auch ihren Nerv. Denn beim Lernen der Texte, wie zum Beispiel „Seltsamer Spazierritt“, „Unsere Mark“ oder „Spatz und Spätzin“, fanden sie zunehmend Gefallen an den kuriosen Wortschöpfungen, den liebevollen Beschreibungen des Lebens im Oderbruch und den satirischen Überspitzungen Schülers, dessen dichterische Handschrift breit gefächert ist. Beim Workshop im Oderbruchmuseum Altranft legten sie eine Spielfreude an den Tag, die sie sich anfangs möglicherweise selbst nicht zugetraut hätten.
Und nahezu profihaft lief der Durchlauf im Wriezener Tonstudio von Steven Kopp, als sie ihre Texte einsprachen. Ein tolles Erlebnis, darüber waren sich alle einig. Nun wird fleißig weitergearbeitet, und zwar für eine literarisch-musikalische Lesung über Gustav Schüler, die am 29. Juni, also in drei Monaten, Premiere in Neureetz hat. Dort, wo sich Gustav Schüler ein Leben lang zu Hause fühlte. Viele Beobachtungen und Erlebnisse seiner Kinder- und Jugendzeit verarbeitete Schüler in seinem umfangreichen Werk und setzte damit seiner Heimat Oderbruch ein literarisches Denkmal.